Gefaehrten der Finsternis
wenn es nicht wirklich nötig ist. Es ist eine Dämonenwaffe. Es würde mich nicht wundern, wenn sie noch Seltsames anrichten könnte.«
»Dann wollen wir mal sehen, ob es nötig ist«, entgegnete Theresian und neigte seinen Kopf in Richtung des Statthalters. »Sire, zeigt mir diesen Mann.«
Der König ging bis zu einer Trage, die ganz in der Nähe von Lyannen stand. Dort lag ein gut aussehender Mann mit einem langen goldenen Zopf: Venissian der Schütze. Man hatte ihm das Laken bis zum Kinn hochgezogen, sein Antlitz war bleich und trug einen leidenden Ausdruck. Er schlief oder war bewusstlos. Neugierig, aber darauf bedacht, dass er unbemerkt blieb, beugte
sich Lyannen vor, um zu beobachten, was vor sich ging. Beinahe wären ihm bei dem abscheulichen Anblick wieder die Sinne geschwunden, als Sire Myrachon das Laken zur Seite schob.
Es war wirklich unglaublich, dass Venissian noch am Leben war. Mitten in seiner Brust klaffte eine tiefe und breite Wunde, die zweifelsohne auch tödlich hätte sein können und aus der immer noch Blut quoll.Theresian beugte sich vor, um sie zu untersuchen, und verzog dann den Mund zu einer Grimasse, die, wie auch Lyannen befand, alles zu besagen schien.
»Wir können sie nicht verbinden«, sagte der König. »Die Binden verbrennen beim ersten Kontakt mit dem Blut aus der Wunde. Am Anfang wirkte sie weit weniger schlimm, in den letzten Stunden hat sie sich deutlich verschlechtert, obwohl unser Heilkundiger sein Möglichstes gegeben hat. Aber sogar der Wundbalsam hat sich als völlig nutzlos erwiesen.«
Durch geschlossene Lippen stieß Theresian einen unartikulierten Laut aus und prüfte dann Venissians Puls. Dann fuhr er mit einem Finger den Rand der Wunde entlang und achtete nicht darauf, dass er ihn mit Blut befleckte. Alle hielten den Atem an, aber nichts geschah.Theresian wischte sich die Hände an seinem Umhang ab.
»Eine hässliche Wunde«, meinte er nun. »Wirklich eine hässliche Wunde, es war ein guter Schlag. Derjenige, der sie ihm verpasst hat, verstand sein Handwerk. Nun denn, schauen wir, was ich machen kann. Aber ich muss mir die Waffe ansehen.«
»Gib sie ihm, Greyannah«, befahl der Sire.
Greyannah entfernte das weiße Tuch. In seinen Händen funkelte ein Dolch mit einer langen gewundenen Klinge und mit magischen Inschriften auf dem Griff. Getrocknetes Blut klebte an der Klinge. Ohne Berührungsängste nahm Theresian den Dolch und betrachtete ihn lange.
»Das ist eine Talethwaffe, wie ich es mir gedacht hatte«, sagte er schließlich. »Auf dieser Klinge liegt ein äußerst mächtiger Zauber.
Seht Ihr die Inschrift hier auf dem Griff? Das ist die Sprache der Dämonen. Ich werde jetzt keine Zeit damit vergeuden, sie Euch vorzulesen, aber die ungefähre Übersetzung lautet: ›Stirb rettungslos‹.«
Bei diesen Worten stöhnte Venissian im Schlaf auf.
»Und, kann man die Wunde nicht heilen?«, fragte Slyman mit bebender Stimme.
»Kein normaler Arzt oder irgendein Heilkundiger«, antwortete Theresian ruhig. Er schien ungerührt. »Aber ich bin kein normaler Arzt. Eigentlich bin ich überhaupt kein Arzt und das macht vielleicht den entscheidenden Unterschied. Ich kann Euch nicht garantieren, dass ich ihn retten kann, aber ich kann es wenigstens versuchen. Ich brauche warmes Wasser, ein Stück Stoff und Verbandszeug. Und zwar schnell.«
Greyannah verschwand hinter der Tür am Ende des Lazaretts, und kehrte bald darauf mit einer gefüllten Wasserschüssel, einem Lappen und einem Bündel Leinenbinden zurück, die er neben Theresian stellte.
»Danke«, sagte Theresian mit leiser Stimme und rollte sich die Ärmel bis zu den Ellenbogen auf. Er tauchte den Lappen in das warme Wasser und benutzte ihn, um die Klinge des Dolches zu säubern. Dann legte er die Waffe über die Schüssel, eine Hand auf dem Griff und die andere auf der Klinge und murmelte etwas in einer merkwürdig gutturalen Sprache. Ein blasser Lichtschimmer ließ die Dolchklinge aufleuchten, aber Theresian kümmerte sich nicht darum. Er murmelte weiter Worte in der Sprache seines Vaters, wobei seine Stimme immer leise wurde, bis die Klinge in einem geradezu überirdischen Schein erstrahlte. Lyannen zuckte zusammen, als er erkannte, dass es der gleiche weiße Schein war, der seinen Sternenanhänger zum Leuchten gebracht hatte.Theresian drückte die Klinge durch und unglaublicherweise bog sich das harte Metall wie Wachs. Von ihr ging ein gleißend helles Licht aus.
»Aledh!«, rief Theresian mit
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