Gefaehrten der Finsternis
den Einsamen gesehen.
Besser gesagt, er glaubte, er hätte ihn gesehen.Wie hätte er sich in all diesem Durcheinander dessen sicher sein können? Doch er kannte die Gestalt, die für einen Augenblick dort in der Ferne erschienen war, diesen dunkelvioletten Umhang, die Silberhaare. Es war, als hätte einer der Götter zu Pferde die Verstärkungstruppen angeführt. Genauso hatte der Einsame auf Slyman gewirkt. Nicht einen Augenblick lang hatte er sich darüber gewundert, dass er genau im Moment der höchsten Not gekommen war. So musste es sein und so war es dann auch. Doch diese tröstliche Erscheinung hatte nur einen Augenblick verweilt und dann hatte er vergeblich nach ihm Ausschau gehalten: Der Einsame war wie vom Erdboden verschluckt, verschollen im Getümmel der Schlacht.
Als er so unvermittelt aufgetaucht war, hatte Slyman eine Woge unvernünftiger Hoffnung durchflutet. Sein ebenso plötzliches Verschwinden hatte ihn gleich darauf umso tiefer in Panik gestürzt, als hätte man ihm unvermittelt den Boden unter den Füßen weggerissen. Er hätte sich gern zu dem Einsamen gesellt, doch zwischen ihnen drängten sich zu viele Feinde. Und im allgemeinen Durcheinander fand er nicht einmal seinen Vater wieder, den Sire. Er wusste nicht, wie er ihn hatte verlieren können. Eben war er noch neben ihm und Alvidrin geritten, dann hatte ein sterblicher Bogenschütze Slymans Pferd getötet, und er
war gerade noch rechtzeitig abgesprungen, bevor das sterbende Tier ihn unter sich begrub. Als er wieder auf den Beinen war, war der Sire aus seinem Blickfeld verschwunden. Slyman ging einige Schritte vorwärts und fühlte sich vollkommen verloren. Da spürte er ein seltsames Kribbeln im Nacken, das er nur zu gut kannte. Jemand beobachtete ihn und verfolgte aufmerksam jede seiner Bewegungen. Er betete stumm, dass es der Einsame sein mochte, doch der hätte sich gleich gezeigt.Verängstigt rannte er ein kurzes Stück, dann blieb er wieder stehen, während die Stimme des Einsamen in seinem Kopf klar und deutlich ertönte und einen seiner wertvollen Ratschläge wiederholte.
»Fang nicht an zu rennen, wenn du merkst, dass jemand dir folgt. Mit Rennen bewirkst du höchstens, dass du direkt in die Falle läufst. Gehe langsam und entschieden vorwärts.«
Das ist leichter gesagt als getan, dachte Slyman bitter. Er hielt Ausschau nach seinen Verfolgern, doch es schien, als interessierte sich niemand in seiner Umgebung für ihn. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Unsichtbare Feinde? Darauf war er nicht vorbereitet. Noch einmal sehnte er die beruhigende Anwesenheit des Einsamen herbei, doch nicht einmal, als er den Anhänger fest in die Finger nahm, konnte er sie spüren. Er schaute sich erneut um. Das Gefühl, beobachtet zu werden, wurde immer stärker. Er schreckte hoch, als er ganz in seiner Nähe einen Schrei hörte, doch dann wurde ihm klar, dass der nicht ihm gegolten hatte. Trotzdem folgte ihm hier irgendjemand in seiner Umgebung, ganz nah, aber unsichtbar.
»Wo ist er?«, fragte er sich halblaut. »Wo?«
Plötzlich hörte er ein Flügelschlagen, wie als Antwort auf seine Frage, und das Geräusch von metallenen Stiefeln, die den Boden berührten.
Nein, dachte Slyman entsetzt. Nur nicht sie!
Wie viele waren es wohl? Drei zumindest, wenn er die Geräusche, die sie bei ihrer Landung verursacht hatten, richtig deutete.
Jetzt hörte man keinen Laut mehr von ihnen, aber er wusste, dass sie auf ihn zukamen. Er wagte es nicht, sich umzuschauen.
»Geh langsam und entschieden vorwärts«, wiederholte die Stimme des Einsamen in seinem Kopf. Ja, das war das Beste, was er tun konnte. Er wusste instinktiv, dass sie versuchen würden, ihn aufzuhalten, wenn er anfinge zu rennen, und sie waren zweifellos schneller als er. Slyman beschleunigte den Schritt gerade nur so viel, dass es seine Verfolger nicht aufschreckte, und schaute sich nach jemandem um, der ihm zu Hilfe eilen konnte. Aber von seinem Vater, dem Einsamen oder irgendjemand anderem, den er kannte, war nichts zu sehen. Da waren nur er und die Dämonen, und sie blieben ihm dicht auf den Fersen, das konnte er spüren. Er konnte sie vor sich sehen: hochgewachsen, schwarze Haut, grausam und gefährlich. Und er wusste genau, dass ihm in dieser Lage keine Chance auf Überleben blieb.
Trotzdem konnte er nicht ständig davonlaufen.
Aber er konnte sich auch nicht umdrehen und ihnen entgegentreten.
Doch dann blieb er plötzlich stehen.
Panik erfüllte seinen Kopf. Am liebsten wäre er
Weitere Kostenlose Bücher