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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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Wohnsitz der Feen. Aber ich sehe kein einziges lebendes Wesen.«
    »Vielleicht verstecken sie sich ja«, vermutete Dalman. »Wie die Leute in Mymar. Es sieht nur so aus, als wäre niemand da, und stattdessen verbergen sie sich im Wald.«
    »So wird es sein«, sagte Ventel und nickte. »Man sieht sie nicht, doch sie beobachten uns, seit wir diesen Ort betreten haben.« Er legte die Hände an den Mund und rief: »Wir kommen in Frieden, im Namen der Morgenröte!«
    Das, was wie kleine umherirrende Irrlichter gewirkt hatte - es waren bestimmt nicht mehr als zwanzig -, kam jetzt aus dem Wald heraus.
    »Willkommen, Ewige, unsere Brüder«, hallten zahlreiche Frauenstimmen durch die Luft. »Willkommen im Sternenreich.«
    »In Feenquell herrscht immer Nacht«, flüsterte Ventel Lyannen ins Ohr. »Deshalb nennen sie es Sternenreich.«
    Eines der winzigen Lichter ließ sich auf Ventels Schulter nieder. Neugierig beugte sich Lyannen vor, um es aus der Nähe zu betrachten. Das war kein kleiner Lichtpunkt, sondern ein leuchtendes Wesen, das aussah wie eine winzige geflügelte Frau, die nun mit übergeschlagenen Beinen auf der Schulter des jungen Kriegers saß. Sie trug ein himmelblaues kurzes Kleid, das in der Taille durch einen Gürtel mit einem großen funkelnden Stein gehalten wurde. Sie war barfuß und an Hals und Handgelenken
trug sie dünne Ketten aus Weißgold. Ihre Augen waren leuchtend violett, sie hatte eine Stupsnase und ihre kastanienbraune Haare waren im Nacken zu einem eleganten Knoten geschlungen.Von ihren Schulterblättern erhob sich ein Paar zartblaue Flügel.
    Die kleine Fee fuhr Ventel mit der Hand durch seine blonden Locken. »Willkommen zurück, Ventel Weißhand«, wisperte sie. »Ich habe dich viele Jahrhunderte lang vermisst.«
    »Und ich habe den Frieden und die Ruhe hier vermisst, Krystal«, erwiderte Ventel. »In der Letzten Stadt sind alle immer in Eile, sie kämpfen, sie verteidigen sich und versuchen, alles so gut wie möglich zu richten. Die Welt stirbt... Jeden Tag geht etwas zugrunde, und wir haben uns im Labyrinth ihrer verschlungenen Pfade verirrt und kämpfen vergeblich in dem Bemühen, uns vor einem unausweichlichen Ende zu retten. Doch hier herrscht immer noch wahrer Frieden. Hier kann man leben und alles vergessen.«
    »Es ist nicht deine Aufgabe zu vergessen,Ventel Weißhand«, erwiderte die Fee mit einem Hauch Melancholie in der Stimme. »Du hast die Aufgabe, so lange zu kämpfen, wie du es vermagst, und zu beweisen, dass sich das Schicksal geirrt hat.«
    Ventel seufzte. »Das versuche ich ja«, sagte er. »Aber die Zeit ist knapp und der Weg lang. Außerdem irrt sich das Schicksal nie und wir sind müde.«
    »Dann bleibt hier und ruht euch aus, solange es euch vergönnt ist«, erwiderte die Fee. »Aber ihr werdet bald wieder aufbrechen müssen. Wenn das Schicksal sich schon nicht irrt, so ist es doch genauso unabänderliche Wahrheit, dass die Hoffnung nie stirbt. Gönnt eurem Geist und eurem Körper Ruhe. Schärft die Schwerter und stärkt eure Hoffnung, denn ihr werdet beides brauchen. Auf eurem Weg wartet Schmerz und Leid, doch auch Sieg und Preis, und es gibt einiges im Schicksal der Ewigen, das nicht einmal die Feen wissen können. Morgen werdet ihr unsere Königin sehen. Doch nun ruht euch aus.«

    Sobald die Fee verstummt war, kamen die anderen herbeigeflogen. Sie brachten Blumen mit und schmückten die Haare der Neuankömmlinge. Lyannen spürte, wie ihm ein seltsamer Duft in die Nase stieg. Auf einmal war er aus einem unerfindlichen Grund glücklich und alle Sorgen waren von ihm abgefallen. Krystal, die Fee in dem himmelblauen Kleid, erhob sich in die Luft und mit den anderen zeigte sie den Neuankömmlingen den Weg durch die Bäume am Bachufer entlang.
    Die Rebellen folgten den Feen, als gingen sie durch einen Traum. Die zeitlose Schönheit dieses Ortes ließ sich mit nichts vergleichen, was sie kannten. Natürlich war Dardamen wunderschön, wenn die Sonne über der Weißen Residenz und dem Silberstrom leuchtete, aber die Schönheit der Stadt war nicht so vergeistigt.
    Hatten sie zwischen den Bäumen von Mymar eine Atmosphäre natürlichen Lebens empfunden, so schien in Feenquell alles in einem einzigen ewigen Augenblick festgebannt zu sein. Leise rauschte der Bach über Kieselsteine, im Licht des Vollmonds schimmerte er wie aus Silber. Zwischen den majestätischen Bäumen glitzerte ein Netz aus Lichtern, das duftende Gras war von einem ganz intensiven Dunkelgrün. Die Feen, schwach

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