Gefährten - im Wettlauf gegen die Finsternis (German Edition)
zu Fäusten. Dann lockerte sie die Finger und spürte, wie sie
auf den letzten Metern zum Ziel der Mut verließ. Wie sie Zweifel packten.
Krieg
„Ich will es noch einmal sehen“,
fauchte sie, als sie neben Alex den Gang entlangeilte.
„Nein“, sagte
er mit fester Stimme. Er schien wieder einigermaßen gefasst, wirkte so kühl und
selbstbewusst wie eh und je.
„Warum nicht?“
„Befehl vom König!“
„Aber
vielleicht kann ich es doch öffnen.“ Er blieb stehen und sah sie an.
„Willst du
damit sagen, dass du es beim letzten Mal nicht richtig versucht hast?“
„Doch, das
habe ich, aber…“
„Dann gibt es
auch keinen Grund dafür, dass du es noch einmal versuchst.“
„Alex!“
„Was erwartest
du?“, fragte er kalt. „Wenn unser Zauberer es nicht schafft, dann wirst du es
auch nicht schaffen.“ Sie schnaubte frustriert. Die letzten Tage waren wie im
Fluge vergangen, doch niemand der Eingeweihten hatte es geschafft, dass
Medaillon zu öffnen. Sie musste es einfach nochmal versuchen. Wenn sie es nicht
öffnen konnte, war alles umsonst gewesen, alles vorbei. Sie beschleunigte ihre
Schritte, um mit dem Elfen mithalten zu können. Seine Stirn war gefurcht,
verbissen blickte er drein. Plötzlich überkam sie ein schlechtes Gewissen. Wie
konnte sie ihm die Schuld für das Verbot des Königs geben? Er hatte genug eigene
Probleme. Nun, vielleicht nicht mehr lange, dachte sie, als sie hinter ihm auf
den Balkon trat. Unter ihnen erstreckte sich die Stadt, vor ihnen die
Ländereien, die schwarz zu sein schienen. Es waren tausende Krieger, die sich
dort versammelt hatten. Und alle Geschöpfe, die Svenja je gesehen hatte,
erkannte sie darunter wieder.
„Das wird die
letzte Nacht sein“, flüsterte sie leise. „Morgen geht es los.“
Alex nickte.
Die Abenddämmerung brach herein, heute Abend würde keine der beiden Seiten den
Krieg beginnen. Doch heute Nacht würde auch keiner in Maravilla ein Auge zu
tun.
„Morgen
entscheidet sich unser aller Schicksal“, murmelte er, die Hände auf die
Balustrade gestützt. Dann sah er sie an, nachdenklich. „Wirst du an unserer
Seite kämpfen?“, fragte er schließlich. Sie sah ihn an.
„Habe ich denn
bisher irgendetwas anderes getan?“
„Ich weiß es
nicht“, meinte er und stieß sich ab, drehte sich um und verschwand wieder im
inneren der Burg. Svenja fluchte leise. Warum musste alles so kompliziert sein?
Sie warf noch einmal einen letzten Blick auf die beiden Heere, die sich am
Morgen gegenüberstehen würden, dann kehrte auch sie um. Sie hatte schließlich
noch etwas zu erledigen oder besser gesagt, zu suchen. Auf Zehenspitzen schlich
sie durch die Gänge, doch diese schienen wie ausgestorben. Der Trubel der
vergangenen Tage hatte sich gelegt. Alle waren zurück in ihre Häuser gekehrt,
zu ihren Familien, um zu hoffen, zu beten und vielleicht, um das letzte Mal
zusammen zu sein. Doch das galt nicht für Svenja. Sie hastete die Korridore
entlang, als sie plötzlich Stimmen vernahm.
„Es tut mir
leid, euer Hoheit.“
Svenja spitzte
die Ohren. Das war doch die Stimme des Zauberers!
„Habt ihr
wirklich alles probiert?“, fragte der König und Svenja krampfte sich der Magen
zusammen.
„Ja. Es
scheint unmöglich, dass Medaillon zu öffnen.“ Ein Seufzen war die Antwort
darauf.
„Wo ist es?“
„Mit Verlaub,
immer noch in meinem Turm.“
„Bringt es
woanders hin. Irgendwohin, wo es keiner finden kann! Für den Fall, dass die
dunkeln Mächte siegen sollten, will ich nicht, dass ihnen ein derart mächtiger
Gegenstand in die Hände fällt. Wer weiß, ob es auch ihnen dienlich sein könnte
und sie vielleicht sogar wissen, wie man es öffnet.“
„Sehr wohl
euer Majestät, ich werde sofort…“
„Wartet,
könntet ihr dies zuerst der Königin bringen?“
„Sehr wohl.“
„Ich danke
euch.“ Die Schritte entfernten sich. Svenjas Herz machte einen Satz, sie
jubelte innerlich. Jetzt hatte sie die einmalige Gelegenheit das Medaillon zu
holen. Vorausgesetzt, sie konnte die Gemächer des Zauberers betreten.
Vorausgesetzt, die Königin war weit genug weg, sodass es dauern würde, bis der
Zauberer zurück kam. Dann musste sie es nur noch öffnen. Der anfängliche Jubel
über den glücklichen Zufall ebbte ab. Und wenn sie es nicht schaffte? Sie hatte
bereits beim letzten Mal versagt. Worte hallten durch ihren Geist und
erinnerten sie an jene Situation, jene Nacht. Sie hatte nicht zu versagen! Sie
hatte eine Aufgabe. Auf Zehenspitzen lief sie
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