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Gefährtin der Dämmerung

Gefährtin der Dämmerung

Titel: Gefährtin der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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riesigen Baum geschnitten worden. Darauf stand ein Festessen, auf mas sivem Messing- und Silbergeschirr angerichtet, aber kaum je mand aß. Bevor ich auf Denises Frage hin den Kopf hob, hatte ich mit den Fingern auf die polierte Tischplatte getrommelt.
    »Hmm? Oh, lass ruhig die Korken knallen. Die werden noch ein Weilchen brauchen.«
    Ich war aus zwei Gründen hier und nicht bei den Männern.
    Erstens wollte ich Denise und meine Mutter am Silvesterabend nicht mit lauter Unbekannten allein lassen, und zweitens wuss te ich, dass Bones mich unten nicht dabeihaben wollte, auch wenn er es nicht ausdrücklich gesagt hatte. Jetzt, wo ihnen klar war, dass Anubus etwas verschwieg, würden die Vampire auf jeden Fall härtere Bandagen anlegen. Ich fand es schrecklich, dass Bones noch immer glaubte, es würde meine Gefühle zu ihm ändern, wenn ich ihn so sah, aber ich wollte ihn auch nicht ablenken. Nicht, wenn Leben davon abhingen, wie schnell er die Informationen aus Anubus herausbekam.
    Denise goss den Champagner ein. »Das Zeug ist super«, freu te sie sich. »Mann, hier gibt's ja echt alles. Hast du den ganzen Brandy gesehen? Wenn wir noch lange hierbleiben, brauche ich bald eine neue Leber!«
    Ihre Fröhlichkeit brachte mich zum Lächeln, aber es war auch ein bisschen Wehmut dabei. Nein, sie hatte keine Ahnung, was da unten gerade Entsetzliches vor sich ging. Wenn du dich länger unter Vampiren aufhältst, dachte ich, wirst du's noch lernen. Bei denen gibt es nicht nur Vergnügen und edle Spirituosen.
    »Hoch die Tassen«, sagte ich allerdings nur. »Bis Mitternacht sind es noch zwei Stunden, da können wir ruhig schon mal an fangen zu feiern. Das Letzte, was ich von Zero gehört habe, war, dass sie Fortschritte machen, was immer das auch bedeu ten mag.«
    Während Bones, Mencheres, Spade, Vlad, Rondey und Ian unten waren, hielten Tick Tock und Zero bei uns Wache. Mann, wir würden uns nicht mal die Zehen stoßen können, ohne dass uns einer von ihnen zu Hilfe geeilt käme.
    »Es schneit nicht mehr so stark«, bemerkte meine Mutter.
    »Wenigstens kann man jetzt wieder was erkennen, wenn man aus dem Fenster sieht. Ich kann es kaum erwarten, von diesem öden Flecken wegzukommen. Und nur, damit ihr's wisst: Lange reicht meine Geduld nicht mehr.«
    Oh-oh, jetzt geht das wieder los. Manche Wünsche gingen eben auch am Neujahrsabend nicht in Erfüllung.
    Ich seufzte. »Wenn dir die Gesellschaft dieser Vampire und Ghule nicht behagt, stell dir einfach vor, wie schlimm du es fän dest, wenn es Patras Vampire und Ghule wären.«
    »Ich bin kein Kind mehr, Catherine«, erwiderte sie in ge wohnt scharfem Tonfall. »Also sprich nicht so mit mir.«
    Die Anspannung der letzten Tage forderte nun auch von mir ihren Tribut, obwohl gerade ich mich hätte zusammenreißen müssen.

    »Du bist kein Kind mehr? Das ist ja mal was ganz Neues.
    Schließlich hast du dich den größten Teil meines Lebens über wie eines aufgeführt.«
    Auf meine Erwiderung hin fiel Denise die Kinnlade herunter.
    Sie kippte ihren Champagner und lehnte sich auf dem Stuhl zu rück, um besser sehen zu können.
    »Jetzt reicht's«, verkündete meine Mutter wütend. »Ich gehe!«
    Wieso konnte ich nicht einfach lernen, die Klappe zu halten ?
    Resigniert ging ich ihr hinterher, als sie auf die Haustür zumar schierte und sich ihren Mantel schnappte.
    »Mom, sei vernünftig. Draußen hat es fünfzehn Grad minus, du holst dir den Tod. Wo willst du überhaupt hin?«
    »Ich habe es so satt«, zischte sie. »Geh dahin, mach dies, sei still, dumme kleine Sterbliche, das ist doch Kinderkram! Ich lasse mich nicht mehr einfach so rumschubsen, nur damit du zufrieden bist.«
    Während ihrer Schimpftirade hatte sie sich an mir vorbei gedrängt und war geradewegs auf den Rasen hinausmarschiert.
    Ich hielt sie nicht auf, teils, weil ich nicht handgreiflich werden wollte, teils, damit wir unseren Zwist wenigstens halbwegs un ter uns ausmachen konnten. Ein solcher Familienstreit gehörte einfach nicht ins Wohnzimmer.
    »Du siehst das alles ganz falsch, Mom«, sagte ich, während ich versuchte, den beißenden Wind zu ignorieren. Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, einen Mantel anzuziehen, und die Kälte drang mir sofort durch Sweatshirt und Hose. »Nervst du manch mal? Ja. Will ich ohne dich leben? Natürlich nicht. Und jetzt lass uns endlich wieder reingehen, hier draußen ist es eiskalt...«
    »Ich gehe jetzt, bis ich ein Haus, eine Straße, eine Ortschaft oder etwas Ähnliches

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