Gefährtin Der Finsternis
die Übrigen ihr zu Hilfe kämen, wenn sie gerufen würden. »Ihr könnt mich nicht hinauswerfen«, sagte er und benutzte einen Hauch seiner Vampirkräfte, um sie zu überzeugen, ein Talent, das ihm in dieser Nacht wirklich schon mehr als einmal dienlich gewesen war. »Ich bin Euer Verwandter.«
»Was nützt mir ein Verwandter, der mir nicht helfen will, wenn ich ihn brauche?«, antwortete sie und sah ihm offen in die Augen.
»Da hat sie Recht, Herr«, sagte Orlando zögerlich, und Simon glaubte einen ganz schwachen Hauch eines Lachens in seinem Tonfall bemerkt zu haben. »Außerdem, was kann es schaden, sich ihr Ansinnen anzuhören?«
Alle anderen hatten den Hof schließlich verlassen, so dass sie nur noch zu dritt dort standen. »Wo ist der Schlüssel?«, fragte Simon.
»Warum?«, erwiderte sie und trat einen Schritt zurück. »Wollt Ihr ihn mir fortnehmen?«
»Natürlich nicht.« Er schüttelte perplex den Kopf. Er wusste in Wahrheit nicht, ob er verärgert oder belustigt sein sollte – der Vampir von einem schmächtigen, rothaarigen Mädchen als Geisel festgehalten. »Ich dachte nur, Orlando könnte ihn nehmen und mit seinen Studien beginnen, während ich Euch zuhöre.«
Isabel griff in ihre Tasche, nahm den Schlüssel aber nicht hervor. »Und Ihr werdet tun, was ich Euch sage?«
»Wenn es in meiner Macht steht, ja.« Sie wirkte noch immer nicht überzeugt. »Mehr könnt Ihr nicht erwarten.«
»Nein«, räumte sie widerstrebend ein. Das Problem war, dass er durch diesen törichten Fluch anscheinend glaubte, die einfachsten Dinge lägen außerhalb seiner Macht, auch wenn dem eindeutig nicht so war – zum Beispiel, bei Tageslicht einen Spaziergang zu machen oder eine anständige Mahlzeit zu essen. »Vermutlich nicht.« Sie nahm den Schlüssel aus ihrer Tasche. »Kommt herein, und esst etwas, während ich es Euch erkläre.«
»Ich habe keinen Hunger«, antwortete er und setzte sich auf die Treppe. »Gebt Orlando den Schlüssel, und dann könnt Ihr es mir gleich hier erklären.«
Nun war er einfach starrköpfig – typisch Mann, dachte sie. »Also gut.« Sie hielt dem Zauberer den Schlüssel hin. »Hier, Orlando.«
»Ich danke Euch, Mylady«, erwiderte er und nahm ihn entgegen. »Aber vielleicht sollte ich auch zuhören.«
»Warum?«, fragte Simon. »Kann Orlando mir bei meiner Aufgabe helfen, Mylady?« Er sah sie jetzt nicht einmal an, sondern saß nur da und blickte finster über den Hof hinweg – und schmollte, hätte sie gesagt, wäre er kein erwachsener Mann gewesen.
»Nicht wirklich«, räumte sie ein und lächelte Orlando zu. »Geht nur, Meister Zauberer. Ich verspreche Euch, dass Simon bald nachkommen wird.«
»Ja, geh«, befahl Simon. Er schaute zu Orlando zurück und brachte ein sehr vages Lächeln zustande. »Ich denke, ich kann damit fertig werden, wenn sie versucht, mich hinauszuwerfen.«
»Ich will Euch nicht hinauswerfen«, sagte sie, als der Zwerg sie schließlich allein gelassen hatte. Sie baute sich einen Moment vor Simon auf, setzte sich dann aber neben ihn auf die Stufe, anscheinend ohne sich Gedanken über ihr Gewand zu machen. »Ich möchte, dass Ihr bleibt.«
»Das ist tröstlich«, murmelte er, ohne es zu wollen. Er würde mit diesem Problem weitaus besser zurechtkommen, wie er wusste, wenn er mehr Diplomatie einsetzte. Aber er konnte ihre Worte, dass sie ihn fortschicken würde, wenn er nicht täte, was man ihm sagte, nicht aus seinem Kopf bekommen.
»Simon … es gibt keinen Schwarzen Ritter.« Sie hatte sich ihm leicht zugewandt, ein Bein untergeschlagen, so dass sich ihre Blicke begegneten, als er aufschaute. »Genauer gesagt, ist er kein Dämon. Er ist ein Mensch, ein alter Mann, einer der alten Bediensteten meines Vaters. Sein Name ist Brautus – Ihr habt ihn selbst vor kurzem gesehen, bevor Ihr gingt.« Sie hielt inne, als wartete sie darauf, dass er etwas sagen würde, aber er schwieg – so viel hatte er sich bereits selbst denken können. »Er hat, seit mein Vater starb, vorgegeben, der Schwarze Ritter zu sein, um Männer zu vertreiben, die mich heiraten und Charmot für sich beanspruchen wollten, nicht weil er böse ist, sondern weil ich ihn gebeten habe, es zu tun.«
»Warum?« Er wandte sich ihr ebenfalls zu. »Warum wollt Ihr nicht heiraten?«
»Ich will nicht … das ist unwichtig.« Sie wandte den Blick ab, konnte ihn nicht ansehen, dachte an das, was Susannah zuvor gesagt hatte. »Es geht darum, dass Brautus alt ist und kürzlich verletzt wurde. Wenn Ihr
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