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Gefaehrtin der Nacht

Titel: Gefaehrtin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de La Cruz
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gerufen hatte.
    »Schhh!«, erwiderte Bendix und versuchte ebenfalls, nicht zu lachen.
    Sie reichte den Kelch an die Person neben ihr weiter und fragte sich, wer noch ausgewählt worden war. Als alle neuen Mitglieder aus dem Kelch getrunken hatten, erhob Bendix seinen eigenen.
    »Ihr habt vom Feuer der Erleuchtung getrunken! Willkommen bei den Peithologen, ihr neuen Poeten und Abenteurer! Lasst uns nun wie die Nymphen des Bacchus in den Wäldern tanzen!« Irgendwo im Hintergrund schlug jemand einen Gong und der Klang hallte durch den Wald.
    »Die Nymphen des Bacchus?«, fragte sie skeptisch.
    »Ist so eine Griechensache …« Er zuckte mit den Schultern. Die Mitglieder des Geheimbundes hatten ihre Kapuzen abgenommen, doch die meisten trugen noch ihre Roben. Weitere Kelchgläser aus Plastik wurden mit Wodka und 7 Up gefüllt und herumgereicht.
    »Das passiert also, wenn man ein Peithologe wird?«, fragte Allegra und sah sich in der ausgelassenen, angetrunkenen Menge um. »Man missachtet die Ausgangssperre und tanzt um ein Feuer?«
    »Vergiss nicht die billigen Cocktails. Ein wichtiger Bestandteil«, erwiderte Bendix und nickte.
    »Das ist alles? Darum wird so ein Aufheben gemacht?« Sie lachte. Die Peithologen hatten einen herausragenden, mit Neid bedachten Ruf an der Schule.
    »So ungefähr. Oh, und alle Vierteljahre haben wir ein offizielles Treffen. Eins ist natürlich fakultativ.«
    »Natürlich.«
    »Und später veranstalten wir noch unseren alljährlichen Wettbewerb in schlechter Dichtkunst.«
    »Also ist das meiste nur … Rumgealber?«, fragte Allegra, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
    »Wieso? Was macht ihr denn so Wichtiges in eurem Komitee ?«
    Er wusste, dass sie im Komitee war. Natürlich hatten sie auch in Endicott ein Komitee , seit eine Reihe von Blue Bloods die Schule besuchte. Sie sah sich unter den neuen Rekruten um und war enttäuscht, dass keins der geröteten Gesichter zu ihrem Bruder gehörte. Sie wusste, dass Charlie nie ausgewählt werden würde, aber es tat ihr dennoch leid. Die Peithologen waren einer der vielen Gründe, warum ihr Zwillingsbruder die Schule so sehr hasste. An der Endicott dachte niemand viel über das Komitee nach. Jeder wollte nur zu den Peithologen gehören.
    »Wir machen genau dasselbe …« Allegra zuckte mit den Schultern.
    »Klar, das dachte ich mir. Jemand sollte die alte Schule wieder aufleben lassen. Du weißt schon: Särge, Mörder, Einfluss ausüben.« Er zog die Augenbrauen hoch und nahm einen Schluck aus seinem übergroßen Kelch. »Oh, da kommt Forsyth. Entschuldige mich«, sagte er zu ihr. Bendix lief hinüber, um mit Forsyth Lewellyn zu sprechen, der dem Geheimbund als Fakultätsberater angehörte.
    Allegra hob ihr Glas in Richtung Forsyth, der die Geste mit einem vornehmen Kopfnicken erwiderte. Er unterrichtete die Neulinge in Englisch und sie hatte ihn schon ein paarmal auf dem Schulgelände gesehen. Sie erinnerte sich natürlich an ihn. Sie würde nie jemanden vergessen, der in Florenz dabei gewesen war.
    Die Party ging noch gut eine Stunde, bis Bendix die Stimme erhob. »Hört mal alle her!«
    Da wurde die Menge still und er wartete ab, bis er die volle Aufmerksamkeit hatte. »Es wird Zeit, Tribut zu zollen und die Worte unseres Gründers zu wiederholen.«
    Die älteren Mitglieder hoben ihre Gläser und sagten Der Vogel von Killington Jones auf:
    »Mir scheint, dass ich niemals vernahm
ein Lied so lieblich wie das eines Vogels.
Mit Federn so leicht und einem Schnabel leuchtend rot,
mit Nestern, in denen er sich bettet.
Nur Gott vermag einen Vogel zu erschaffen,
doch sogar ich kann Mist zusammendichten.«
    »Genau!«, strahlte Bendix. »Lasst uns mit dem Wettbewerb der schlechten Dichtkunst beginnen!«
    Allegra hörte irritiert dabei zu, wie einige Möchtegerndichter vor der johlenden Menge verschiedene wirklich schreckliche Gedichte aufsagten. Bendix erntete stürmischen Beifall für seinen Beitrag Das letzte Lied des Eisfischers auf der Eisscholle im guten alten Norwegen . Das Gedicht war tragisch, komisch und scheußlich zugleich und er gewann den ersten Preis.
    Als der Wettbewerb vorbei war, lief er sofort zu ihr hinüber.
    »Herzlichen Glückwunsch. Du bist ja richtig witzig«, sagte sie und boxte ihn freundschaftlich gegen die Brust.
    Er fing ihre Hand ein und hielt ihrem Blick stand.
    »Ben … nicht.« Sie lächelte. »Lass los«, sagte sie, obwohl ihr die Berührung gefiel. Sie hatte Ben gern – wie sie ihn jetzt immer nannte,

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