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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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hatte er zu gleichen Teilen der Harvard University und der Krebsforschung vermacht. Der Rest war an seine »geliebte Schwester Theodora Wilkins« und seine »alte, treue Freundin Marijke Winkelmann« gegangen.
    Cranes Schwester wohnte im The Parkington, einem vornehmen Altersheim mit schöner Parkanlage in einer der besten Gegenden Saratogas. Nach vorn heraus lag eine überdachte Terrasse mit einer ganzen Phalanx von weißen Schaukelstühlen, die nebeneinander aufgereiht waren. Nur einer der Stühle war besetzt, und zwar von einer stocksteif dasitzenden Dame, deren weißes Haar zu einem kurzen Pagenkopf geschnitten war. Der weiße Pony fiel ihr wie mit dem Lineal geschnitten in die Stirn. Das Gesicht war vielleicht einmal hübsch gewesen, doch die feinen Züge verloren sich in tiefen Falten. Auf Adrienne wirkte sie wie ein altes Baby. Sie trug ein blauweiß gestreiftes Hemdblusenkleid mit einem breiten weißen Gürtel und dazu passende weiße Schuhe, auch die Handtasche war weiß.
    Die Frau erhob sich, als sie zu ihr traten. »Sie müssen Adrienne und Lew sein«, sagte sie mit leiser, sympathischer Stimme. »Ich hin Thea — obwohl ich nicht darauf bestehe. Sie können auch Mrs. Wilkins sagen, wenn es Ihnen unangenehm ist, eine schon recht betagte Frau mit Vornamen anzureden.«
    »Schön, Sie kennen zu lernen, Thea«, sagte Adrienne, reichte ihr die Hand und stellte sich vor. Als sie erfahren hatte, dass Theodora Wilkins auf die Neunzig zuging und in einem Altersheim lebte, hatte sie schon befürchtet, Calvin Cranes einzige noch lebende Angehörige wäre geistig vielleicht nicht mehr klar genug, um ihnen weiterhelfen zu können. Das war offenbar nicht der Fall. »Das ist Mr. McBride.«
    Die alte Dame bat sie, Platz zu nehmen, und ging dann ins Haus, um »etwas Eistee aufzutreiben«. Kurz darauf kam sie wieder, gefolgt von einem Latino mit einem Tablett, und ließ sich vorsichtig in ihren Schaukelstuhl nieder. Sobald der Eistee verteilt war, lächelte sie. >So«, sagte sie, »wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Wie ich schon am Telefon sagte«, erklärte McBride, »glaubt Adrienne, dass ihre Schwester Nico mit Ihrem Bruder kurz vor seinem Tod im Briefwechsel stand. Ihre Schwester ist verstorben —«
    »Das tut mir Leid«, warf Thea ein.
    »Ich hatte gehofft, dass ich die Briefe vielleicht zurückbekommen könnte«, sagte Adrienne. »Zur Erinnerung.«
    Die alte Frau spitzte die Lippen und zog die Nase kraus. »Ach du liebe Güte«, sagte sie, »ich fürchte, da werde ich Ihnen nicht helfen können. Cal und ich standen uns nicht sehr nahe, müssen Sie wissen.«
    Adrienne versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Oh.«
    »Sie wundern sich bestimmt darüber, nicht wahr? Bruder und Schwester, eine alte Schachtel und ein alter Kauz, die eine halbe Stunde voneinander entfernt wohnen und sich« — sie streckte die Unterlippe vor und blies einen Luftstrom hoch, der ihren Pony anhob — »alle halbe Jahre gesehen haben. Thanksgiving und Ostern. Das war das höchste der Gefühle.«
    »Dann haben Sie sich nicht gut mit ihm verstanden.«
    »Kein bisschen. Cal hat mich nicht für voll genommen, und er konnte meinen Mann nicht ausstehen. Nannte ihn einen Stümper. Was er wohl auch war, Gott habe ihn selig. Trotzdem ...«
    »Und was haben Sie von ihm gehalten?«, fragte Adrienne.
    »Von meinem kleinen Bruder? In meinen Augen war er der...« Sie hielt inne, überlegte und sagte: »In meinen Augen war er der arroganteste Mann, dem ich je begegnet bin.«
    »Ach.«
    »Oh ja. Er war natürlich ein Idealist, aber das war Hitler auch. Beide wussten, was für alle anderen richtig war.« Sie hob eine makellos gezupfte Augenbraue. »Es ist schrecklich, so etwas zu sagen, aber ich vermisse ihn nicht besonders.«
    »Waren Sie schockiert, als —«
    »Oh ja— ich meine, es hat schließlich ganz schön Aufsehen erregt. Cal hätte das gar nicht gefallen. Schließlich ist es >stillos<, so erschossen zu werden! Das hätte ihm gar nicht gefallen.«
    »Haben Sie eine Vermutung, wer —«
    »Ihn ermordet hat?«, sagte sie. »Nein. Tut mir Leid. Ein Mann wie er macht sich leicht viele Feinde, doch ich muss sagen, ich hätte nicht gedacht, dass irgendwer von Cals Geschäftspartnern so weit gehen würde.« Sie beugte sich, vor und flüsterte: »Haben Sie schon mit Mamie gesprochen?«
    Sie blickten einander an und schüttelten den Kopf. »Wer ist Mamie?«, fragte McBride.
    Die alte Dame lachte, tief und leise, und trank dann

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