Gefaelschtes Gedaechtnis
an.
»Professionelle Hilfe?!«, fauchte Adrienne. »Der ganze Aufwand — der ganze Aufwand nahm knapp fünf Stunden von Mr. Bonillas Zeit in Anspruch. Und die Diplome noch weniger. Und das verstößt übrigens gegen das Gesetz - dass die Diplome an Ihrer Wand hängen. So was nennt man Besitz gefälschter Urkunden. Und dass Sie sich in die Computer von Universitäten eingehackt haben — das ist ein weiteres Verbrechen.«
»Das Ganze ist lächerlich«, sagte Duran. »Und ich als Psychologe bin nicht —«
»Psychologe?!«, knurrte Adrienne.
Duran wich zurück, als Adrienne auf ihn losging, aber gerade noch von Bonilla zurückgehalten wurde, der sie am Arm packte und murmelte: »Schon gut ...«
»Sie sind krank! «, grollte Adrienne mit lauter werdender Stimme. »Sie sind es, der einen Seelenklempner braucht! Die Leute, die Sie behandeln, sind verzweifelt, sie sind innerlich am Ende, und sie kommen zu Ihnen, weil sie Hilfe brauchen, und was kriegen sie? Eine Therapie von einem Quacksalber!«
»Ganz ruhig«, murmelte Bonilla. »Wir treffen ihn vor Gericht wieder - und dann können Sie ihm immer noch einen Brief in den Knast schicken. Er wird jede Menge Zeit zum Lesen haben.«
Duran war von ihrem Zorn wie vor den Kopf geschlagen. »Ich habe das Gefühl, als wäre ich durch den Spiegel getreten, wie Alice im Wunderland«, sagte er zu niemand Bestimmtem.
Bonilla lachte leise, als er Adrienne Richtung Wohnungstür bugsierte. »Nicht schlecht, was?«, sagte der Detektiv. »Ich meine, wenn man es mit einem Hochstapler zu tun hat, ist ein bisschen schauspielerisches Talent keine große Überraschung. Aber der! Meine Hochachtung.« Er schüttelte traurig den Kopf, als er mit seiner Klientin in den Flur trat, und zog die Tür hinter sich zu.
Duran blieb, wo er war, stand in der Diele und starrte auf die Tür. Manövrierunfähig.
13
E s war Wahnsinn.
Duran saß am Computer, zermürbt von seiner Konfrontation mit Nicos Schwester und ihrem Dobermann, und las die letzten Einträge in Nicos Datei:
15. Oktober
Trancezustand. Klientin ermutigt, sich an »Schattennacht« zu erinnern. Anfänglichen Widerstand überwunden, aber weiterhin Blockade. Erinnerung an »schwarze Messe« traumatisch, selbst unter Hypnose. Neue Einzelheit: Teilnahme an eucharistischem Ritual mit Sperma und Blut.
20. Oktober
Nicole Sullivan tot. Jüngere Schwester Adrienne Cope platzt in Sitzung mit de Groot und gibt mir die Schuld am Tod ihrer Schwester. (Diese Trauer-zu-Wut-Übertragung mag ja heilsam sein, wenn sie den Trauerprozess bei Ms. Cope erleichtert.)
Er ging ans Ende der Datei und machte einen neuen Eintrag:
5. November
Zweiter Besuch von Adrienne Cope (in Begleitung eines Privatdetektivs namens Bonilla). Aushändigung einer Vorladung im Zusammenhang mit einer zivilrechtlichen Klage auf 10 Millionen Dollar Schadensersatz (!) wegen angeblicher Zufügung seelischer Qualen, wegen Betrugs & Hochstapelei. Der Privatdetektiv legte gefälschte Briefe und Dokumente als Beweismittel vor. Unglaublich.
Es war verrückt. Wenn die Dokumente echt gewesen wären, hätte es vielleicht Sinn gemacht, ihn damit zu konfrontieren. Aber sie waren nicht echt. Was also hatte Nicos Schwester sich dabei gedacht?
Das warf schon ein komisches Licht auf Anwälte und Privatschnüffler.
Duran stand vom Computer auf und goss sich ein halbes Glas Laphroaig ein, ließ den Whisky einen Moment lang kreisen und nahm einen Schluck. Jedes beliebige Dokument ließ sich am Computer ausdrucken, dachte er. Geburtsurkunde. Sterbeurkunde. Egal was. Aber das war nicht der springende Punkt — das bereitete ihm kein Kopfzerbrechen. Was ihm Kopfzerbrechen bereitete, war, dass Bonilla und Cope nichts gewinnen konnten, wenn sie ihn mit falschen Dokumenten konfrontierten.
Duran nahm einen zweiten Schluck Whisky und schlenderte zum Fenster hinüber. Er blickte hinaus auf die Kathedrale und dachte, dieser Bonilla hat die Dokumente gefälscht und sie an Nicos Schwester verkauft. Vielleicht um ein paar Dollar zu machen, ihr ein paar Stunden mehr in Rechnung stellen zu können ...
Das war natürlich möglich, aber ... jemand, der so etwas tat, musste schon ganz schon knapp bei Kasse sein.
Er schüttelte den Kopf, unsicher, was er denken sollte. Es war einerseits ärgerlich - andererseits beunruhigend. Da kommt jemand und sagt dir frech ins Gesicht, dass er so etwas Grundlegendes wie deine Identität in Frage stellt — und noch dazu in deinem
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