Gefahrliche Sunden
angerufen.«
»Ich kann mir vorstellen, warum«, stellte Helmut
fest und lud sie zu der Wanderung, von der schon Reeves gesprochen hatte, ein.
»Klingt toll.«
»Genau das hat Reeves auch gesagt.«
Oh Gott. Es stimmte. Reeves hatte genauso reagiert.
»Schaffst du es bis neun?«, wollte Helmut wissen. »Ich habe Reeves gesagt, wir würden uns im Europa treffen. Macht es dir sehr viel aus, allein dorthin zu gehen?«
Da sie bereits im Morgengrauen allein zu dem Hotel gelaufen war, hätte sie um ein Haar gelacht. »Nein, überhaupt nichts«, antwortete sie und war von ihrer ruhigen Stimme überrascht.
»Dann sehen wir uns gleich dort.« Gewohnt abrupt legte er wieder auf.
Sie zog sich mechanisch an. Die Jeans, die sie schon trug, war okay, aber dazu kamen noch ein Paar dicker Socken und die Wanderschuhe, die sie kurz nach ihrem Umzug nach Luzern erstanden hatte, weil das Wandern in der Schweiz eine beliebte Freizeitbeschäftigung war.
Dann ging sie ins Bad und zog ihren Skipullover aus. Als sie die roten Flecken sah, die Reevesâ Bartstoppeln auf ihren Brüsten hinterlassen hatten, hätte sie gern erbost geschnaubt. Stattdessen wurde ihr bei der Erinnerung an seine wunderbaren Küsse wohlig warm. Denn auch wenn sie sich dafür in Grund und Boden schämte, rief der sichtbare Beweis seiner maskulinen Aggression freudige Erregung in ihr wach.
Und auch ihr Gesicht wies Spuren seiner Liebe auf. Ihre Lippen wirkten herrlich voll und gut geküsst, und das wenige Make-up, das sie vorhin um die Augen herum aufgetragen hatte, war von seinen stürmischen Liebkosungen verwischt. Hastig wusch sie ihr Gesicht und trug frische Schminke auf.
Danach band sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz und zog entschlossen einen Büstenhalter, eine Bluse und einen marineblauen Pullover mit V-Ausschnitt an. Nichts an ihrer Aufmachung sah auch nur ansatzweise weiblich aus. Genau aus diesem Grund hatte sie sie gewählt.
Es versprach ein klarer, warmer Tag zu werden, deshalb zog sie statt ihres pelzbesetzten Anoraks nur eine dünne Jacke an, stopfte Bürste, Creme und Lippenstift in einen kleinen Rucksack und ging wieder aus dem Haus.
Die StraÃen waren wesentlich belebter, während sie abermals in Richtung des Europa ging. Helmut und Reeves saÃen bereits auf der Veranda und tranken gemütlich Kaffee.
Sie blickte vorsichtig auf Reeves, als sie von Helmut einen routiniert vertrauten Kuss bekam, murmelte leise »Guten Morgen« und trat eilig einen Schritt zurück.
»Du bist wütend auf mich«, stellte Helmut unerwartet fest.
»Was?«, fragte sie verwirrt.
»Wegen unserer Verlobung. Weil das Geheimnis gelüftet ist. Es steht in sämtlichen Zeitungen Europas
und vielleicht Amerikas. Es tut mir leid. Anscheinend konnte einer meiner Gäste den Mund nicht halten.« Er nahm versöhnlich ihre Hand.
Abermals wagte sie einen Blick auf Reeves, doch der war völlig in das Reinigen der Objektive seiner Kamera vertieft. »Ich â¦Â«
»Ich hoffe, dass du deshalb nicht allzu böse bist«, fiel Helmut ihr ins Wort. »Ich für meinen Teil bin hocherfreut, da nun endlich alle wissen, dass du mir gehörst.«
Diese chauvinistische Bemerkung störte sie, aber sie wollte keine Szene machen, während Reeves danebensaÃ, und so sagte sie nur: »Es ist nicht mehr zu ändern, also reden wir einfach nicht mehr davon.«
Helmut küsste ihre Handfläche, richtete sich wieder auf und wollte von ihr wissen: »Möchtest du was essen, Schatz? Wir haben noch jede Menge Zeit. Die Hotelküche packt uns nämlich noch ein Picknick ein.«
»Nur ein Croissant und eine heiÃe Schokolade, bitte«, sagte sie, legte ihren Rucksack auf dem Stuhl neben dem Fotografen ab und nahm den beiden Männern gegenüber Platz.
Während sie an ihrer Schokolade nippte, unterhielten sich die beiden Männer über das Für und Wider der letzten Ãlpreiserhöhung durch die OPEC, und sie nutzte die Gelegenheit, um sich Reeves genauer anzusehen. Er trug graue Wildleder-Shorts, einen weiÃen Strickpullover, dunkelgrüne Kniestrümpfe, deren Farbe zu dem ledernen Besatz von seiner Hose
passte, sowie braune Wildlederwanderschuhe mit roten Schnürsenkeln und hatte eine leuchtend gelbe Regenjacke über seiner Kameratasche abgelegt. Er war auf eine robuste Weise attraktiv. Die morgendliche Brise, die vom See
Weitere Kostenlose Bücher