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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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passte sich den Meinungen seines Vaters an. Falls er sich je fragte, ob die Welt vielleicht anders aussah, als Henry sie ihm schilderte, war er so loyal, es ihn nicht merken zu lassen.
    „Wieso müssen wir leise sein?“, wollte Ferris wissen.
    „Val will uns etwas zeigen“, erklärte Hugh ihm. „Und wennwir nicht leise sind, sehen wir es vielleicht nicht.“
    „Nein, nicht nur deshalb“, sagte Val. „Wenn du Krach machst, dann lebst du möglicherweise nicht mehr lange genug, um sie zu sehen. C’est tout. “
    „Sie? Wer sind sie?“, fragte Ferris.
    „Piraten.“
    Ferris’ Augen wurden groß wie die Reihereier, die sie am Anfang der Woche am Ufer gefunden hatten. „Die gibt’s doch gar nicht!“
    „Tja, da täuschst du dich.“
    „Wovon redest du, Val?“, wollte Hugh wissen. „Du willst ihm doch nur Angst machen.“
    „Du wirst es sehen. Falls du leise genug bist.“ Val manövrierte seine Jolle zwischen La Chénière und die Insel. Seit Jahren wurde schon davon gesprochen, eine Brücke zwischen Chénière Caminada und Grand Isle zu bauen, aber dabei war es bis jetzt geblieben.
    „Ich werde nicht aus dem Boot aussteigen, bevor du mir nicht gesagt hast, wovon du redest“, sagte Hugh.
    „Dann werden dich die Moskitos fressen, während ich den Spaß habe.“
    „Komm schon, Val!“
    Val schwieg, bis er schließlich doch nachgab. „Auf welchen Schatz sind die Leute heutzutage scharf, Hap? Hm? Was für ’n Schatz?“
    Hugh hatte keine Ahnung, worüber sein Freund sprach.
    „Wofür geben Männer heutzutage Geld aus, viel Geld, sehr viel Geld?“
    „Alkohol?“, vermutete Hugh.
    „Tu parles!“
    „Was hat das mit den Piraten zu tun?“ Ferris bewegte sich, und das Boot schaukelte in den Wellen.
    „Schmuggler?“ Hugh packte Ferris am Kragen, damit er sich flach auf den Boden legte. „Hier?“
    „Du kriegst nicht viel mit, oder, Hap? Was glaubst du, woder Alkohol in New Orleans herkommt? Aus Kanada? Mais non! Er kommt von hier.“
    Die Prohibition wurde in New Orleans als Witz betrachtet. Ein Bundesbeamter hatte herausgefunden, dass man in Washington zwei Stunden brauchte, um an Alkohol heranzukommen, in anderen Städten Minuten und in New Orleans nur fünfunddreißig Sekunden. In New Orleans sagte man hinterher, dass es, wenn er freundlicher gewesen wäre, nur halb so lange gedauert hätte.
    „Der Alkohol kommt von hier?“ Hugh versuchte sich das vorzustellen.
    „Schiffe bringen ihn nach Cuba und in die Karibik und andere Schiffe bringen ihn raus nach Chandeleur Islands.“
    „Wie kommt das Zeug hierher?“
    „Überleg mal!“
    Hugh dachte darüber nach. „Nicht mit großen Schiffen. Ihnen könnte man zu leicht folgen. Mit Fischern?“
    „Très bien!“
    „Mit welchen? Leuten von Grand Isle?“
    „ Mais oui! Sie verdienen fünfhundert Dollar pro Tour.“
    Hugh pfiff leise durch die Zähne. So viel Geld war ein Vermögen für die Inselbewohner. „Und sie bringen ihn hier nach Chénière?“
    „Nicht nur hierher, nein, auch ins Delta. Aber kannst du dir einen perfekteren Platz als diesen hier vorstellen? Hier lebt kein Mensch. Niemand will hierherkommen. Hier spukt’s. Letztes Jahr brachte einer seine Familie hierher. Nach einem Monat war sie weg.“ Val schnippte mit den Fingern.
    Hugh hatte von den Gespenstern gehört. Einmal hatte ein Fischerdorf auf Chénière gestanden, aber ein Hurrikan – derselbe, den Ti’Boo und seine Mutter miterlebt hatten – hatte das Dorf und die meisten der Einwohner vernichtet. Seitdem spukte es auf der Insel. „Und den Schmugglern ist das egal?“
    „Klar. Was ist schon ein Gespenst, wenn man so viel Geld verdienen kann?“
    „Gespenster?“, schnaubte Ferris. „Gibt’s doch gar nicht!“
    „Es gibt eine Menge Dinge, von denen du keine Ahnung hast.“
    „Und Häuser gibt’s hier auch. Ich hab sie gesehen.“
    „Vielleicht ein paar. Das war mal eine Stadt. Mit tausend Einwohnern oder so. Und dann kam der Wind und blies sie in einer Nacht davon. Nur ihre Geister leben noch hier.“
    „Geister und Piraten.“ Ferris äußerte seinen Unmut – oder er versuchte es zumindest.
    „Also, tais-toi! Halt den Mund! Oder ich überlasse dich Geistern und Piraten. Kapiert?“
    „Ich werde keinen Krach machen. Ich will diese Schmuggler sehen.“
    Val wirkte zufrieden. Er schob die Jolle leise auf den Strand. Zusammen versteckten sie das Boot in einem Gebüsch am Ufer, so gut sie konnten. Ferris hüpfte fast vor Aufregung. Hugh hingegen fühlte sich

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