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Gefahrliches Vermachtnis

Gefahrliches Vermachtnis

Titel: Gefahrliches Vermachtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richards Emilie
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Tanz. Die Musik begann erst dann etwas flotter zu werden, als die älteren Bennetts sich mit ihren Freunden in ein Nebenzimmer zurückzogen, um die ganze Nacht lang Karten zu spielen. „Ich habe heute noch nicht gelernt“, sagte er.
    „Nein? Du klingst nicht gerade wie ein Musterstudent.“
    „Ich bin in nichts mustergültig.“ Er zog sie näher an sich heran, und sie ließ es geschehen.
    „Du weißt, was man über dich sagt. Du sollst ein ganz böser Junge sein.“
    „Damit meinen sie, dass ich etwas anderes mit meinem Leben vorhabe als tanzen und blöde Partys feiern.“
    „Wirklich? Was denn zum Beispiel?“
    „Tausend Krauts abknallen, nur mal so für den Anfang.“
    Sie blieb stehen und stieß ihn von sich. „Ferris Lee! Erzähl keine Märchen.“
    „Ja. Klasse, was? Ich hab mich heute eingeschrieben. Ensign Gerritsen. Die Marine scheint mir genau der richtige Ort für mich zu sein.“ Er grinste. „Mit Schiffen kenne ich mich ein bisschen aus.“
    „Ich fasse es nicht! Wann gehst du weg?“
    „Warum kannst du es nicht fassen?“
    „Weil du eine perfekte Ausrede hättest, nicht in den Krieg zu ziehen.“
    „Und was veranlasst dich zu der Annahme, ich bräuchte eine Ausrede?“
    Sie betrachtete ihn skeptisch. „Es ist mir einfach noch nie in den Sinn gekommen, dass du ein Mann sein könntest, der in den Krieg ziehen will. “
    Er nahm sie in seine Arme und setzte den Tanz fort.
    „Tut es dir leid, dass ich weggehe?“
    „Es tut mir für euch alle leid. Ich halte es für ein schreckliches Verbrechen, dass diese dreckigen alten Japaner uns in diesen Krieg hineinziehen.“
    „Tut es dir leid, dass ich weggehe?“
    „Natürlich. Ich werde dich genauso vermissen wie die anderen.“
    Er drückte sie fester an sich. „Aber ich bin nicht wie die anderen, Cappy. Ich bin den anderen so weit überlegen. Du müsstest mich viel mehr vermissen.“
    „Oh? In welcher Hinsicht bist du denn so überlegen?“
    Er registrierte, dass sie nicht von ihm abgerückt war und dass ihr Körper sich wie ein Kätzchen an ihn schmiegte. „Das ist leicht. Ich bin derjenige, der dich am meisten begehrt.“
    Darauf erwiderte sie erst einmal nichts, bis der Tanz vorüber war. Sie machte sich jedoch nicht von ihm los, sondern ließ sich von ihm führen und beendete den Tanz mit lupenreiner Eleganz.
    Schon in der Tür wusste Aurore sofort, ob Henry zu Hause war. Wenn er zu Hause war, empfing sie eine Totenstille. Dann war keines der üblichen Geräusche zu hören; weder das Murmeln des Küchenpersonals noch Geschirrgeklapper. Seit Henry politisch in Ungnade gefallen war, wollte niemand unnötig seine Aufmerksamkeit erregen. Es war immer schwierig gewesen, für ihn zu arbeiten, aber inzwischen benahm er sich wirklich unmöglich. Mit Ausnahme von Ti’Boo wechselte das Personal je nach Henrys Laune. Aurore bezahlte höhere Gehälter als alle anderen, doch die Loyalität des Personals war trotzdem gering.
    An diesem Abend ertönte die leise Musik von Glenn Miller aus einem Radio im ersten Stockwerk. Im Esszimmer wurde der Tisch für das Mittagessen gedeckt. Henry war entweder zu einem Treffen unterwegs oder er trank mit seinen Kumpanen. Die Skandale von 1939 hatten seine politischen Aussichten zwar geschmälert, aber seit er einmal an der Macht geschnuppert hatte, schien er nicht mehr ohne leben zu können. Seine Tage als Bundespolitiker waren zwar offenbar gezählt, doch er bemühte sich immer noch um Erfolg in der Lokalpolitik. Aurore arbeitete oft bis spät in die Nacht in der Reederei, um ihm nicht zu begegnen.
    Sie hätte gerne einmal wieder in Ruhe mit Ti’Boo gesprochen, aber ihre alte Freundin machte mit ihrer Familie Ferien auf Lafourche. Ti’Boos ältester Sohn war vor Monaten von der Armee eingezogen worden. Und nun hatten sich auch noch Val und Jules eingeschrieben.
    Aurore schenkte sich einen Sherry ein und sah die Post durch. Draußen schien der Vollmond. Sie hätte gerne in den Garten rausgeschaut, aber irgendwer experimentierte gerade mit neuen schwarzen Vorhängen, die das Haus verdunkeln sollten. Kein Licht wies den Feinden der Vereinigten Staaten von Amerika den Weg zum Haus der Gerritsens.
    Die Kriegserklärung ihres Landes hatte ihr außerdem lange Arbeitstage, einen traurigen Abschied von Ti’Boo und jede Menge Sorgen beschert. Aurores Gedanken drehten sich hauptsächlich um Hugh in Marokko. Nachdem sie festgestellt hatte, dass wieder kein Brief von ihm in der Post war, betrachtete sie sein Foto auf dem

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