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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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dann zu mir, ohne ein Zeichen des Wiedererkennens, bevor er bei Jakob anlangte und sich ein nikotinbraunes kleines Lächeln unter dem Schnauzbart ausbreitete. »Jakob? Jakob Aasen?«
    »Lange her, Stig.«
    »Das kannste wohl sagen.«
    »Und du noch immer voll dabei.«
    »Na ja«, murmelte Johnny Solheim.
    Stigs Gesicht verdunkelte sich. »Bella …« Er nickte zur Treppe hin.
    »Wenn nur die Rentnerband den Arsch hochkriegte und mal Platz machte«, antwortete sie und stand auf.
    »Bleibst du noch?« sagte Stig zu Jakob.
    »Ja, ein bißchen.«
    »Ich komm’ in der Pause mal rüber zum Schnacken.«
    Jakob nickte.
    Bella Bruflåt hatte die Arme gerade zur Seite gestreckt und tief Luft geholt. Dann legte sie den Kopf zurück. Die Brüste stülpten sich uns wie Torpedoköpfe entgegen, und nach dem schmerzlichen Zug um Johnny Solheims Lippen zu urteilen, waren sie auch mindestens ebenso explosiv. Dann führte sie die Hände vor dem Schlüsselbein zusammen und in derselben Bewegung hob sie langsam wieder den Kopf, strich mit den Fingern zögernd über die Brüste, den Bauch hinunter, schloß sie in einer suggerierenden Bewegung um ihren Venushügel und ließ sie noch ein Stück die Schenkel hinuntergleiten. Dann begegnete sie unseren Blicken mit dunkler Herausforderung und war wieder elektrisch. Sie war klar zur zweiten Runde.
    Stig ging zuerst hinaus und führte uns die Treppe hinauf. Bella Bruflåt strich an uns vorbei, so nah, daß ihre Hüften uns beide berührten, als sie zwischen uns hindurchschwangen. Wir konnten nicht umhin, die warme Ausstrahlung ihres Körpers zu spüren. Johnny Solheim hatte sich schwer auf den Stuhl gesetzt, von dem sie aufgestanden war, wie um etwas von der Wärme zu stehlen, die sie hinterlassen hatte. Jakob und ich standen ein paar leere Sekunden lang hilflos da, bevor wir Johnny zunickten und dann kämpften, wer als erster hinter Bella Bruflåt die Treppe hinaufstieg.
    Jakob gewann, aber das kam, weil er näher an der Tür gestanden hatte. Und sie war ein Bild für Satyre, wie sie die Treppen hinaufstieg, fünf-sechs Stufen über uns, in einer Hose, um die man sie in Sodom und Gomorrha beneidet hätte.
    Mitten auf der Treppe drehte er sich zu mir um und sagte: »Ich hab’ mich nicht getraut zu fragen …«
    Ich sah ihn verständnislos an. »Was denn?«
    »Vergiß es.«
    Über uns begann die Band einen neuen Song. Gleich darauf war Bella Bruflåt wieder in Aktion. Wir traten in den halbdunklen Raum und tasteten uns zu unserem Tisch vor, durch ein Publikum, das nicht gebannter hätte sein können, und wenn Moses vor ihnen gestanden hätte, mit dem goldenen Kalb in der einen und den Zehn Geboten in der anderen Hand.
    »Was hast du dich nicht getraut zu fragen?« fragte ich Jakob wieder, aber er schüttelte nur den Kopf und nickte zur Bühne hin.
    »Sag nichts«, murmelte er. »Hör zu.«

7
    Ich weiß nicht, woher sie kamen, und ich hatte keine Ahnung, wer sie waren. Möglicherweise kamen sie aus unserer gemeinsamen Vergangenheit, aber ich begriff schnell, daß es Jakob war, der sie anzog. Es war seinetwegen, daß sie plötzlich an unserem Tisch saßen, mit schmalen Lächeln und jede mit einem Glas Rotwein in den Händen.
    Aber Jakob kannte sie. »Das hier sind zwei meiner alten Fans, Varg.«
    »Wir hatten einen Fanclub in Landås«, sagte die eine. »Und ich war die Präsidentin.« Sie war dunkelhaarig, mit einer kurzen, modernen 80er-Jahre-Frisur, trug eine weiße Bluse, einen schwarzgrün gesprenkelten Blazer und graue, stonewashed Jeans.
    »Ich war Sekretärin und Kassiererin«, sagte die andere und lächelte.
    »Und der Rest der Mitgliederscharen, stimmt’s?« schmunzelte Jakob.
    Sie errötete. Sie waren das ewige Freundinnenpaar, und sie war die B-Seite. Ihr Haar war rotblond, halblang und glatt, und sie trug ein türkises Stirnband, im Nacken geknotet, genau wie in den 50er Jahren. Sie trug einen weißen Pullover, einen breiten, schwarzen Gürtel und einen halblangen, weiten, roten Rock. Und obwohl die Zeit ihre ersten Krähenfüßchen in ihr Gesicht geritzt hatte, hatte sie etwas Unbeholfenes, Mädchenhaftes an sich, das mich an Sandra Dee in Come September denken ließ.
    Die Dunkelhaarige übernahm selbstverständlich die Führung, reichte mir eine kühle Hand über den Tisch, lächelte ein glitzerndes Lächeln und sagte: »Hei, ich heiße Gro. – Und das ist Kari.«
    Kari gab mir eine trockene Hand mit Sommersprossen auf dem Handrücken. »Gro und Kåre {2} «, sagte ich und

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