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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Klingeln.
    Ich überquerte die Straße und sah am Haus hinauf, wie ein Fassadenkletterer auf Inspektion. Das Gebäude war gut gepflegt, relativ frisch grau gestrichen, mit blauen Fensterrahmen und Türen, und die Fenster schlummerten im Vormittagsdunkel mit schweren Gardinen. Sie hoben nicht mal ein Augenlid.
    Ich bewegte mich zu Fuß ein paar Blocks weiter und durchquerte den schmutzigen Strom von Autofahrern in der Nygårdsgate. In der Daniel Hansensgate fand ich ein Gebäude, das wohlwollend betrachtet, sicher einmal schmutziggelb gewesen war, das jetzt aber eindeutig mehr schmutzig war als gelb. Ich bekam auch heraus, daß sich in dem Haus ziemlich viele Appartements befanden, aber dann verließ mich das Glück. Dort wohnte keine Unn Helene, und die, mit denen ich ins Gespräch kam, hatten sogar Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern, wer im letzten Monat dort gewohnt hatte – und da kam ich und fragte nach den 70er Jahren?! Hello, goodbye.
    Ich ging wieder die Stromgate hinauf und stellte fest, daß ich der Gesellschaft, die das Parkometer aufgestellt hatte, eine Stunde meiner Zeit geschenkt hatte. Dann fuhr ich hinaus nach Olsvik.
    Der Straßenatlas führte mich zum richtigen Straßenende. Aber das kleine weiße Holzhaus, das dort vielleicht irgendwann in den 70er Jahren gestanden hatte, war jetzt nicht mehr da, ersetzt von einer Reihe gleicher Einfamilienhäuser, komplett mit Dreirädern vor dem Eingang, undichten Stellen im Dach und Panoramafenster mit Aussicht auf Vadmyra und andere örtliche Herrlichkeiten.
    Es gab natürlich eine minimale Chance, daß Margrete, Nachname unbekannt, sich aus nostalgischen Gründen eines dieser Häuser gekauft hatte. Aber wenn ich anfinge, an den Türen zu klingeln und nach Margrete-ohne-Nachname zu fragen, befürchtete ich, die häuslichen Tagesväter würden die Polizei auf mich hetzen, bevor ich noch das Wort »Männergleichstellungsausschuß« gesagt hätte.
    Ich fuhr wieder zurück in die Stadt, mit dem Gefühl, genauso effektiv zu sein wie ein Fußballtrainer auf einem Tanzschulenball. Ich kehrte ohne Erwartungen in die Fosswinckelsgate zurück. Dort stellte ich den Wagen direkt vor dem Haus ab, ging an die Tür und drückte auf den mittleren Klingelknopf.
    Diesmal war jemand zu Hause. »Ja?« knarrte es aus dem Lautsprecher.
    »Hier ist Veum«, murmelte ich.
    »Wer?« bellte es zurück.
    »Varg Veum«, erklärte ich. »Kann ich raufkommen?«
    »Und wer ist das?« ertönte es, noch genauso unversöhnlich.
    »Ich bin ein alter Freund von – Rebecca.«
    Es wurde still, lange.
    Dann war die Stimme wieder da. »Was willst du?«
    »Mit Rebecca reden.«
    »Sie ist nicht da, zur Zeit.«
    Jetzt war es an mir, still zu sein.
    »Und wann kommt sie?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Aber vielleicht könnten wir zwei miteinander reden? Ja, ich rede doch mit Helga Bøe, oder?«
    Neue Pause. »Na gut. Dann komm rein.«
    Es dröhnte verzweifelt in der Tür, als ob jemand hinauswollte. Dabei war ich es nur, der hineinwollte.
    Bevor ich die Tür schloß, sah ich mich um. Eine bleigraue Winterdämmerung hatte sich über die Stadt gelegt, wuchtig wie ein noch nicht zu Wasser gelassener Schiffsrumpf, mit rostroten Streifen von Mennige am Bug im Westen.
    Die Stimme aus dem Lautsprecher erwartete mich in der Türöffnung im ersten Stock. Sie gehörte einer kräftigen Frau mit kurzem blonden Haar, im Nacken rasiert wie eine Herrenfrisur vom Ende der 50er Jahre. Sie war Ende Dreißig, trug einen blaugrünen Pullover und Jeans und stand da, die Hände in die Seiten gestemmt, und betrachtete mich, als sei ich eine Fliege in ihrem Kräutertee.
    »Ich hoffe, du hast nicht vor, ihr Ärger zu machen. Sie hat eine ziemlich harte Zeit hinter sich«, begann sie, bevor ich halb die Treppe herauf war.
    »Ich habe nicht vor, ihr Ärger zu machen«, sagte ich auf dem Weg nach oben. »Ich habe sie seit – fünfundzwanzig Jahren nicht gesehen.«
    Sie sah mich mißtrauisch an. »Und dein Name war …?«
    Ich war jetzt oben bei ihr angekommen. Ich reichte ihr das liebe Händchen. »Veum. Varg Veum. Rebecca und ich – waren Jugendfreunde.«
    Sie gab mir einen schlaffen Händedruck. »Ich heiße Helga. Ich kann mich nicht erinnern, daß sie dich erwähnt hätte.«
    »Nein? Aber das ist wohl auch nicht verwunderlich. Fünfundzwanzig Jahre … Woher kennt ihr euch?«
    »Wir haben zusammen studiert. – Als sie von zu Hause wegzog, haben wir uns getroffen, und ich habe ihr ein Dach über dem Kopf angeboten, bis

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