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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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eine flache Kupferschale, in die aus einem aufgeschlitzten Daumen Blut tropfte. Mitten in der Schale lag ein geschnitzter Knochen, dessen Weiß mit Rot befleckt war.
    »Was, zum Teufel, machen Sie da, Hand?«
    Er tauchte aus der Trance auf, und Wut zuckte über sein Gesicht.
    »Ich habe zu Sutjiadi gesagt, dass mich niemand stören soll!«
    »Ja, das hat er auch zu mir gesagt. Und jetzt will ich wissen, was Sie hier machen.«
    Die Zeit schien innezuhalten. Ich las Hand. Seine Körpersprache sagte, dass er unmittelbar vor einem Gewaltausbruch stand, was für mich kein Problem war. Das langsame Sterben machte mich nervös und aggressiv. Die Sympathie, die ich ihm noch vor wenigen Tagen entgegengebracht hatte, verflüchtigte sich zusehends.
    Vielleicht durchschaute er mich ebenfalls. Er vollführte eine nach unten gerichtete Spiralbewegung mit der linken Hand, und die Spannung wich aus seinem Gesicht. Er stellte die Schale zur Seite und leckte sich das restliche Blut vom Daumen.
    »Von Ihnen erwarte ich nicht, dass Sie es verstehen, Kovacs.«
    »Lassen Sie mich raten.« Ich blickte mich zu den Kerzen um. Ihr Aroma war schwer und beißend. »Sie wollen etwas übernatürliche Hilfe beschwören, damit wir leichter aus diesem Schlamassel herauskommen.«
    Hand griff nach hinten und löschte die nächste Kerze, ohne aufzustehen. Er trug wieder seine Mandrake-Maske, und seine Stimme klang gleichmäßig. »Wie gewöhnlich nähern Sie sich allem, was Sie nicht verstehen, mit der Rücksichtnahme einer Truppe Schimpansen. Sagen wir einfach, dass es Rituale gibt, die man in Ehren halten sollte, wenn man eine fruchtbare Beziehung zum spirituellen Bereich aufrechterhalten will.«
    »Ich denke, das kann ich ungefähr nachvollziehen. Sie sprechen von einem Tauschhandel. Quid pro quo. Ein bisschen Blut gegen eine Hand voll Gunst. Sehr kommerziell, Hand, sehr menschlich.«
    »Was wollen Sie, Kovacs?«
    »Ein intelligentes Gespräch. Ich warte draußen.«
    Ich ging wieder hinaus und registrierte überrascht ein leichtes Zittern in meinen Händen. Wahrscheinlich ein unerledigtes Feedback von den Bioschaltkreisen in meinen Handflächenplatten. Sie waren so nervös wie Rennhunde kurz vor dem Start, ungemein feindselig gegen jeden Eingriff in ihre Integrität, und wahrscheinlich kamen sie genauso schlecht mit der Strahlung klar wie der Rest meines Körpers.
    Hands Kerzenaroma steckte in meiner Kehle wie Fetzen eines feuchten Tuchs. Ich hustete es aus. Meine Schläfen pulsierten. Ich verzog das Gesicht und gab affenartige Laute von mir. Kratzte mich unter den Armen. Räusperte mich und hustete erneut. Ich setzte mich auf einen Stuhl im Besprechungskreis und musterte eine Handfläche. Schließlich hörte das Zittern auf.
    Der Mandrake-Mitarbeiter brauchte etwa fünf Minuten, um sein Brimborium wegzuräumen, und als er herauskam, sah er fast vollständig wie die funktionale Version des Matthias Hand aus, die wir in den letzten Tagen im Lager erlebt hatten. Unter beiden Augen hatte er blaue Streifen, und seine Haut hatte einen grauen Grundton, aber es fehlte die Distanz, die ich in den Augen anderer Menschen gesehen hatte, die an der Strahlenkrankheit starben. Er hatte alles unterdrückt. Da war nur noch das langsam durchsickernde Bewusstsein der drohenden Sterblichkeit, und um das zu erkennen, musste man ihn mit Envoy-Augen anschauen.
    »Ich hoffe, es ist wirklich wichtig, Kovacs.«
    »Ich hoffe, dass es das nicht ist. Ameli Vongsavath hat mir gesagt, die Bordüberwachungssysteme der Nagini hätten sich in der vergangenen Nacht abgeschaltet.«
    »Was?«
    Ich nickte. »Für etwa fünf oder sechs Minuten. Das ist gar nicht so schwer zu bewerkstelligen – Vongsavath sagt, man müsste das System nur überzeugen, dass es zur Routineüberholung gehört. Also gab es keinen Alarm.«
    »Ach, Damballah!« Er blickte zum Strand. »Wer weiß noch davon?«
    »Sie. Ich. Ameli Vongsavath. Sie hat es mir erzählt, ich habe es Ihnen erzählt. Vielleicht können Sie es Ghede erzählen, damit er Ihnen irgendwie hilft.«
    »Fangen Sie nicht schon wieder an, Kovacs.«
    »Es ist an der Zeit, eine Management-Entscheidung zu treffen, Hand. Ich glaube, dass Vongsavath sauber ist. Andernfalls hätte sie keinen Grund gehabt, mir davon zu erzählen. Ich weiß, dass ich sauber bin, und ich vermute, dass Sie es auch sind. Davon abgesehen kann ich nicht sagen, wem wir sonst noch vertrauen können.«
    »Hat Vongsavath das Schiff überprüft?«
    »Sie sagte, so gut es ohne

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