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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie Tränen hinter meinen Augenlidern auf. Wie die Wolfstrauer, die ich beim Verlust von Loemanako und Kwok in der Kehle verspürt hatte.
    »Gut«, sagte er lakonisch. »Nur etwas spät.«
    »Haben Sie gesehen, was sich hinter Ihnen befindet, Isaac?«
    »Ja. Beeindruckend, aber ziemlich tot. Geister habe ich nicht gesehen.« Er wartete einen Moment. »Haben Sie sonst noch etwas zu sagen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Er hob die Sunjet.
    »Das ist für meine ermordeten Männer«, sagte er.
    »Sehen Sie sich das verdammte Ding an!« Ich schrie und legte meine ganze Envoy-Kraft in die Betonung, und für einen Sekundenbruchteil bewegte sich sein Kopf zur Seite. Ich sprang vom Boden auf, spannte mich im Mobilanzug an, schleuderte die Interface-Waffe in die Öffnung unter dem hochgeklappten Visier und schoss in flachem Winkel auf ihn zu.
    Erbärmliche Reste einer Glückssträhne, ein Tetrameth-Absturz und meine nachlassende Beherrschung der Envoy-Kampfhaltung. Mehr hatte ich nicht übrig, und ich brachte mich damit über die Distanz, die uns trennte, die Zähne gebleckt. Als die Sunjet knisterte, schlug der Strahl dort ein, wo ich gelegen hatte. Vielleicht war es die gebrüllte Ablenkung, die seinen Blick verschob, vielleicht die Waffe, die auf sein Gesicht zuflog, vielleicht auch nur genau dieses allgemeine erschöpfte Gefühl, dass alles vorbei war.
    Er taumelte rückwärts, als ich ihn erwischte, und ich klemmte die Sunjet zwischen unseren Körpern ein. Er ging in eine Judoblockade über, die einen ungepanzerten Mann problemlos aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Ich hielt mich mit der gestohlenen Kraft von Loemanakos Anzug auf den Beinen. Zwei weitere Schritte zurück, und wir krachten zusammen in den mumifizierten Marsianer. Das Skelett kippte um und fiel in sich zusammen. Wir purzelten wie Clowns durcheinander, rutschten immer wieder aus. Die Leiche löste sich auf. Wolken aus orangefarbenem Pulver wirbelten auf.
    Tut mir Leid.
    Es würde Ihnen in der Tat Leid tun, wenn die Haut zerfallt.
    Mit geöffnetem Visier und keuchend musste Carrera eine kräftige Dosis von dem Zeug inhaliert haben. Mehr davon setzte sich in seinen Augen und auf der freiliegenden Gesichtshaut ab.
    Der erste Überraschungsschrei, als er spürte, wie es ihn zerfraß.
    Dann lautes anhaltendes Schreien.
    Er wich mit wankenden Schritten vor mir zurück. Die Sunjet fiel klappernd aufs Deck, als er die Hände hob und sich das Gesicht rieb. Wahrscheinlich massierte er das Zeug damit nur noch tiefer ins Gewebe. Ein dumpfes Gebrüll drang aus seiner Kehle, und hellroter Schaum quoll zwischen seinen Fingern hervor. Dann schien sich das Pulver bis zu seinen Stimmbändern vorgearbeitet zu haben, denn das Schreien hörte abrupt auf. Was danach folgte, klang wie ein versagendes Abwassersystem.
    Mit diesen Lauten stürzte er zu Boden und hielt sich das Gesicht, als könnte er es dadurch retten. Große Blasen aus Blut und zerfressenem Lungengewebe quollen hervor. Als ich die Sunjet geholt und zu ihm zurückgekehrt war, erstickte er schon an seinem eigenen Blut. Unter dem Polmetall zitterte sein Körper im Todesschock.
    Tut mir Leid.
    Ich richtete den Lauf der Sunjet auf die Hände, die sein zerschmelzendes Gesicht verdeckten, und drückte ab.

 
42
     
     
    Als ich zu Ende erzählt hatte, verschränkte Roespinoedji die Hände in einer Geste, dass er beinahe wie ein Kind wirkte, das er nicht war.
    »Das ist wunderbar«, hauchte er. »Der Stoff, aus dem Epen gemacht sind.«
    »Lassen Sie das«, sagte ich zu ihm.
    »Nein, wirklich. Wir sind eine so junge Kultur. Kaum ein Jahrhundert planetarer Geschichte. So etwas brauchen wir.«
    »Gut«, sagte ich mit einem Achselzucken und griff nach der Flasche auf dem Tisch. Gedämpfter Schmerz zuckte im gebrochenen Ellbogen. »Ich überlasse Ihnen die Rechte. Verkaufen Sie sie an die Lapinee-Gruppe. Vielleicht machen sie eine Konstruktoper aus der ganzen beschissenen Geschichte.«
    »Sie werden lachen.« In Roespinoedjis Augen strahlte ein helles unternehmerisches Leuchten. »Aber es gibt einen Markt für solche lokalen Geschichten. Fast alles, was wir hier haben, wird von Latimer importiert, aber wie lange kann man von fremden Träumen leben?«
    Ich goss mir wieder ein halbes Glas Whisky ein. »Kemp schafft es.«
    »Ach, das ist Politik, Takeshi. Das ist nicht das Gleiche. Ein Mischmasch aus neoquellistischem Gedankengut und altbackenem Kommin…, Kommun…« Er schnippte mit den Fingern. »Na, Sie sind doch von Harlans

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