Gefangen im Palazzo der Leidenschaft
sicher, ob die ungezwungene Atmosphäre in der Küche die richtige war. Sein einziges Interesse sollte im Moment Claudia gelten. Ganz sicher nicht Lilys Po.
„Überhaupt nicht“, sagte er knapp, schob den Stuhl zurecht, nachdem Lily sich endlich gesetzt hatte, und ging dann zu seinem Stuhl auf der anderen Seite, fasziniert von dem Apfel-Zimt-Duft ihres Haars, der ihm inzwischen vertraut war. Als er aufsah, bemerkte er ihren verwirrten Blick aus großen blauen Augen, der auf ihn gerichtet war.
Wunderschöne Augen, wie Dmitri einräumen musste. Sie war überhaupt schön, mit ihrem silberblonden Haar und der hellen, weichen Haut. Und erst ihre vollen, sanft geschwungenen Lippen …
Es reicht, rief er sich wieder einmal zur Ordnung. Da er sie gegen ihren Willen hier festhielt, hatte Lily absolut keinen Grund, ihn zu mögen oder ihm zu vertrauen. Also sollte er ihr Misstrauen nicht noch verstärken, indem er zuließ, dass sein wachsendes Verlangen nach ihr zu einem Problem wurde.
„Essen Sie“, forderte er sie auf und tat eine große Portion Pasta auf ihren Teller, bevor er sich selbst bediente.
Spöttisch hob Lily die Brauen. „Haben Sie mit diesem Ton üblicherweise Erfolg?“
Selbstverächtlich schloss Dmitri kurz die Augen, ehe er sie über den Tisch hinweg ansah. „Entschuldigung. Angesichts der derzeitigen Umstände bin ich heute nicht … wie sonst.“
„Sind Sie sonst besser oder schlechter?“, fragte sie neugierig.
„Ich hoffe, ich bin zumindest höflicher als eben“, gab er reumütig zu.
„Dann könnten Sie es vielleicht noch mal versuchen“, schlug sie in freundlichem Ton vor.
Entspannt lehnte Dmitri sich auf seinem Stuhl zurück. „Bitte essen Sie, bevor es kalt wird, Lily.“
„Viel besser“, meinte sie anerkennend, nahm die Gabel und wickelte einige Spaghetti auf. Allerdings fielen diese wieder hinunter, ehe sie sie zum Mund führen konnte. „Verdammt“, murmelte sie und versuchte es erneut.
Nun lachte er leise. „Sie sollten es so machen.“ Er beugte sich vor, nahm Gabel und Löffel und zeigte ihr, wie man die Spaghetti mit der Gabel aufdrehte und diese dann leicht gegen den Löffel drückte, damit sie nicht hinunterfielen.
„Sehen Sie?“ Er ließ die Pasta in seinem Mund verschwinden.
Das tat sie, denn wie gebannt betrachtete sie seine sinnlichen Lippen. Aber ihr wollte es einfach nicht gelingen, und Gabel für Gabel fiel zurück auf den Teller, ehe sie die Spaghetti überhaupt zum Mund führen konnte. Trotzdem gab sie nicht auf und zerkleinerte sie schließlich kurzerhand.
„Wenn das so weitergeht, werde ich noch verhungern“, murmelte sie, als eine weitere Gabel Spaghetti auf ihrem Teller landete. „Vielleicht sollte ich mich lieber an das Knoblauchbrot halten.“ Sie nahm ein Stück und biss herzhaft hinein.
„Lassen Sie mich Ihnen zeigen, wie es geht.“ Lächelnd stand Dmitri auf, kam zu ihr herum und beugte sich neben ihr über den Tisch, während er ihr Löffel und Gabel aus den Händen nahm.
Ein Fehler, wie Lily bewusst wurde, denn seine Nähe alarmierte sie. Dass er viel jünger aussah, viel umgänglicher und noch attraktiver, wenn er lachte, machte es auch nicht besser. Er wirkte fast jungenhaft. Außer dass an Dmitri Scarletti absolut nichts Jungenhaftes war.
Eine Tatsache, der Lily sich jetzt umso deutlicher bewusst war, als er so dicht neben ihr stand, sein Arm leicht ihre Schulter streifte und der offene Hemdkragen ihr einen Einblick auf seine muskulöse Brust gewährte
Der würzige Duft seines Aftershaves und sein ureigener, maskuliner Duft machten sie ganz benommen.
Du meine Güte!
„Öffnen Sie den Mund, Lily“, ermunterte Dmitri sie.
Erschrocken hob sie die Lider. Und wünschte im nächsten Moment, sie hätte es nicht getan, als sie merkte, dass sein Gesicht sich auf gleicher Höhe mit ihrem befand. Seine hellgrünen Augen verdunkelten sich zu einem Smaragdgrün, als sie ihn ansah, sein Atem war wie eine warme Liebkosung.
Fasziniert betrachtete sie seine Lippen, als er mit rauer Stimme seine Bitte wiederholte. „Öffnen Sie den Mund.“
Lily schaffte es nicht, den Blick von ihm abzuwenden, als sie den Mund öffnete und er ihr vorsichtig eine Portion Spaghetti carbonara auf die Zunge legte.
„Oh“, hauchte sie, sobald sie wieder sprechen konnte. „Das ist wirklich gut.“ Sie öffnete die Augen und sah ihn anerkennend an. „Sie sollten Ihr eigenes Restaurant eröffnen – ach nein, das können Sie natürlich nicht machen.“
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