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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Elternhaus? Weil er bei mir abgeblitzt war? Hatte das seinen Jagdinstinkt geweckt? Oder mochte er mich einfach, weil ich alltagstauglich war?
    Bei meiner Hausarbeit beobachtete er mich, als wollte er meine Tauglichkeit als Ehefrau testen. Die Familie Wolf besaß eine Waschmaschine und einen Bügelautomaten. Eine Tiefkühltruhe, einen Toaster und einen Staubsauger. Sogar einen Mixer schafften sie für meine täglichen Kuchenkreationen an! Das waren ungeheure Erleichterungen im Vergleich zu früher. Spielend leicht ging mir die Arbeit von der Hand. Ich sang und tanzte dabei.
    Vielleicht sah Leo Wolf mich schon als Mutter seiner Kinder? Es war bestimmt kein Zufall, dass Leo Wolf jeden Samstag in denselben Bars und Tanzclubs auftauchte, in die ich mit Ulrike ging. Immer wieder warf er mir bewundernde Blicke zu. Vielleicht war es einfach mein Strahlen, das ihn so faszinierte. Kaum ein anderes Mädchen freute sich so unbändig, einfach auf der Welt zu sein. Viele der Reutlinger Akademikertöchter hatten ein leicht gelangweiltes, herablassendes Gesicht aufgesetzt, wenn sie rauchend in den Ecken standen und sich hinter ihren langen Haaren versteckten. Ich tanzte lebenslustig, und mein Pferdeschwanz wippte dazu.
    Zwei Jahre lang gelang es mir, den Avancen von Leo Wolf zu widerstehen. Instinktiv spürte ich, dass ich mir Zeit lassen konnte. Die panische Angst vor dem »Männer wollen nur Schweinerei« und den schlimmen Konsequenzen, die ich von Sieglinde kannte, paarte sich mit dem Stolz, dass ich das Tempo vorgeben konnte. Ich stand auf einer Bühne, spielte die Hauptrolle in dem Zweipersonenstück und war stolz, dass dieser tüchtige und gut aussehende junge Mann es tatsächlich auf mich abgesehen zu haben schien. Jedenfalls tauchte er nie mit einem anderen Mädchen auf.
    Eines Abends im Mai stand ich gerade vor der Mülltonne im Hof, als ich seinen Atem im Nacken spürte. Wie elektrisiert wirbelte ich zu ihm herum.
    »Gerti«, sagte er heiser. »Bitte sag mir, dass du das Gleiche empfindest wie ich!«
    Achselzuckend starrte ich auf meine Kehrschaufel. »Ich weiß nicht … «
    Er nahm sie mir aus der Hand und legte sie auf einen Mauervorsprung.
    »Ich … ich weiß nicht, ich finde dich sehr nett!« Mein Mund war ganz trocken.
    »Könntest du dir mehr vorstellen?« Leos Stimme klang flehentlich.
    »Mehr als was … ?« Unsicher erwiderte ich seinen Blick.
    »Du gehörst doch sowieso schon zur Familie!« Leo atmete tief aus. »Wir haben dich längst ins Herz geschlossen, und ich ganz besonders!«
    Ich senkte den Blick und verkniff mir ein seliges Lächeln.
    »Wenn du mit mir spielst, dann sag es mir, Gerti!« Leos Stimme klang auf einmal gereizt. »Ich bin jetzt mit meiner Ausbildung fertig, und sie haben mir eine eigene Sparkassenfiliale angeboten!«
    Worauf wollte er hinaus?
    Leo schaute mich direkt an und holte tief Luft. »Ich möchte an die Zukunft denken, Gerti! Ich bin zweiundzwanzig und verdiene zweitausendachthundert Mark!«
    Ich war so verblüfft, dass mir für einen Moment die Spucke wegblieb. Definierte er sich über Geld? War das sein Wert? Mein Wert waren meine Lebensfreude, mein Lachen, mein Fleiß und meine Hilfsbereitschaft.
    »Gratuliere!«, sagte ich. »Das ist aber eine Menge Kohle! Dafür müssen Küchenmädchen lange fegen!« Leo wandte den Kopf ab, als hätte ich ihn geohrfeigt.
    Er griff nach einem herunterhängenden Zweig und riss mehrere Blätter ab.
    »Gerti, bist du so dumm, oder tust du nur so?«, wollte er wissen. »Willst du mich hier zum Affen machen?«
    Ich schaute in sein fleckiges Gesicht, und ein hysterisches Kichern kam mir über die Lippen.
    »Nein!« Erschrocken wich ich einen Schritt zurück, aber weiter kam ich nicht, denn da war die Mauer mit der Kehrschaufel drauf. Scheppernd wackelte sie hin und her.
    »Sag es mir, Gerti! Lass mich nicht so blöd im Regen stehen!«
    Was wollte er denn hören? Bewunderung. Männer wollen bewundert werden.
    »Du bist toll, Leo! Ich finde es bewundernswert, dass du mit zweiundzwanzig Jahren schon eine eigene Filiale hast. Darauf sind deine Eltern doch bestimmt sehr stolz!«
    »Ich will, dass DU stolz auf mich bist«, beharrte Leo.
    »Das bin ich doch!« Verlegen tätschelte ich seine Schulter. »Ich gebe in ganz Reutlingen mit dir an!« Ich versuchte ein versöhnliches Lächeln, Stille. Die Amseln zwitscherten ihr Abendlied.
    Leo ließ nicht locker. »Du gehst jeden Samstag tanzen. Irgendwann triffst du einen anderen! Ich habe Angst, dich zu

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