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Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition)

Titel: Gefangen in Afrika: Roman nach einer wahren Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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einen Millionendeal abschließen? Oder rühren uns Honig in den Kakao?«
    »Das meine ich doch gar nicht!«
    »Was meinst du denn? Soll ich mir einen Früchteteebeutel ins Wasser hängen, während ich mit meinen internationalen Geschäftspartnern über einen Gebäudekomplex für hundert Millionen Mark verhandle? Und vielleicht noch einen selbst gebackenen Haferflockenkeks mit Rosinenaugen und Zuckergussschnute dazu reichen? Schauen Sie mal, das hat meine Gerti gebacken«, quietschte er.
    »Leo, bitte! Ich mag diesen Ton nicht … « Fröstelnd rieb ich mir über die Oberarme. »Leo, du bist ein ganz anderer Mensch geworden. Ich kenne dich gar nicht mehr wieder.«
    »Ach, jetzt kommt diese Arie!«, spottete Leo. »Heul doch!«
    Erschrocken fuhr ich herum. »Leo? Bist du das?« Am liebsten hätte ich ihn geschüttelt. Hatte der Alkohol ihn so verändert oder Afrika? Oder gab es da noch etwas, das ich nicht wusste?
    »Ich bin zweiundvierzig Jahre alt, und ich lasse mich von nichts und niemandem mehr ändern. That’s me, take it or leave it. « Leo goss sich selbstgefällig einen vierten Whiskey ein und sah mich herausfordernd an.
    Das bisschen Englisch verstand ich inzwischen auch. Abgesehen davon, dass ich albern fand, was er sagte, spürte ich auch, dass ich nicht mehr an ihn herankam.
    Wochenlang – nein, monatelang – hatte ich nun morgens und abends meine Bahnen im Swimmingpool gezogen und dabei heimlich geweint. Der Pool musste schon einen erheblichen Salzwassergehalt haben. Ich sehnte mich von ganzem Herzen nach Reutlingen, nach weißen Weihnachten, nach meinen lieben Schwiegereltern, nach meiner Lotto-Annahmestelle. Ich sehnte mich nach der Quizsendung mit Rudi Carrell und nach meiner Freundin Gitta. Plötzlich fasste ich einen Entschluss. Was machte ich eigentlich noch hier?
    »Dann bleib, wie du bist«, entgegnete ich. »Natürlich ändert sich ein Leo Wolf nicht. Ein Leo Wolf ist ja schon groß und soooo erfolgreich. Er ist ein Löwe und ein Wolf. Aber dieser Leo Wolf gefällt mir nicht mehr. Ich nehme die Kinder und fahre heim.«
    Sobald es heraus war, fühlte ich mich besser. Ja, es lag doch auf der Hand! Die Kinder und ich würden Weihnachten zu Hause sein! Eine prickelnde Vorfreude erfüllte mich. »Deine Eltern werden sich riesig freuen, Leo! Wir stehen einfach an Heiligabend vor der Tür!«
    Ich sprang auf und klatschte in die Hände. »Leo! Lass die Kinder und mich zurückfahren! Wir … gehören nicht hierher! Wir warten auf dich, bis du wiederkommst!«
    Leo lag mit derselben Lässigkeit in seinem Ledersessel wie der Löwe im Naturreservat, der das Gnu-Baby erlegt hatte. Er hatte den gleichen Ausdruck in den Augen: grausame Machtgewissheit.
    »Du fährst nirgendwohin. Und die Kinder auch nicht.« Unendlich langsam führte er das Whiskeyglas zum Mund.
    »Dann wenigstens über Weihnachten«, bettelte ich. Sein Blick war wirklich zum Fürchten.
    »Du kommst aus diesem Land nicht mehr heraus.« Leo biss das Mundstück einer Zigarre ab und spuckte es auf den Teppich. Ich ballte die Fäuste.
    »Wie … wie meinst du das?«, piepste ich.
    »Du musst dich fügen«, sagte Leo genüsslich. »Frauen in Afrika müssen sich fügen. Das gilt auch für dich.«
    »Leo, ich höre wohl nicht richtig!« Das war doch nur ein böser Traum?
    »Du hörst absolut richtig.« Leo goss Whiskey nach. »Du hast die südafrikanische Staatsbürgerschaft angenommen, Kleines! Wir leben in einem Land, in dem die Männer das Sagen haben!« Er lächelte höhnisch. »Ohne meine Erlaubnis kommst du aus diesem Land nicht raus. Und meine Erlaubnis hast du nicht.«
    »Ich habe doch nicht die südafrikanische … Leo, das ist doch Blödsinn, ich bin nach wie vor Deutsche und die Kinder auch.«
    Verzweifelt drehte ich mich um die eigene Achse. Verdammt, wo war denn jetzt gleich mein Pass, er lag doch immer … Da stand doch die Kommode, in der wir in Deutschland immer unsere persönlichen Dokumente aufbewahrt hatten. Mit fliegenden Fingern riss ich eine Schublade nach der anderen auf. »Leo«, flehte ich. »Wo sind die Pässe?« Wie hatten sie ausgesehen, als ich sie bei der Einreise vorgezeigt hatte? Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern. Sie waren in einer Dokumentenmappe gewesen, die Leo mir zur Aufbewahrung gegeben hatte. Bei der Passkontrolle hatte ich einfach die Mappe weitergereicht. Dann waren da die vielen neuen Eindrücke gewesen … Mir wurde schwindelig.
    »Bei mir im Büro.« Leo schüttelte fast mitleidig den Kopf. Ich

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