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Gefangen in der Schreckenskammer

Gefangen in der Schreckenskammer

Titel: Gefangen in der Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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unberechenbar, aber
überwiegend furchtsam. Vor allem — er besaß unglaublich viel Geld.
    „Glockner will sich um ihn kümmern“,
murmelte Tickel. „Ich muß ihm zuvorkommen. Je eher ich Lambster anzapfe, um so
besser.“
    Aus dem Bad holte er zwei Gummistücke,
die er sich in den Mund schob. Zusätzlich legte er sein doppelt gefaltetes
Taschentuch über die Sprechmuschel.
    Schlief Lambster? Oder suchte er seine
Patronen zusammen?
    Tickel wählte. Es läutete viermal.
Lambster hob ab.
    „Ja? Hallo?“
    Seine Stimme klang noch höher und
schriller als sonst.
    „Lambster?“
    „Ja, hier Lambster.“
    „Kannst wohl nicht schlafen, du
Cowboy-Verschnitt.“
    „Wer spricht dort?“
    „Dein Erpresser, Lambster. Hier ist der
Mann, dem du viel Geld geben wirst. Damit ich schweige. Denn ich weiß alles
über dich.“
    „Ich... verstehe nicht.“
    „Du kennst doch den Psychologen Tickel.
Kennst du gut, nicht wahr? In dessen Praxis bin ich eingebrochen. Es war sehr
interessant, in den Krankengeschichten zu lesen. Besonders in deiner,
Lambster.“
    „Das... das haben Sie gemacht?“
    „Die Bullen — damit meine ich nicht die
Longhorn-Rinder, sondern die Polizei — würden sich die Hände reiben, wenn ich
ihnen einen Tip gebe. Anonym (ohne meinen Namen), selbstverständlich.
Dann hätten sie dich beim Wickel, Hundemörder. Deine Schießwut ist pathologisch (krankhaft). Wenn jemand Spaziergänger als Zielscheibe benutzt, hört bei
den Bullen der Spaß auf. Sie werden dich in eine Heilanstalt bringen, Lambster.
Verstehst du?“
    Lambster wimmerte. „Nein, nein! Tun Sie
das nicht. Sagen Sie niemandem was. Ich... ich schieße nie wieder.“
    „Aber du hast auf das Mädchen
geschossen. Dicht vorbei. Du hast es getan. Nur darum geht’s. Ich bin nicht
dein Kindermädchen, du Waschlappen. Ich bin dein Erpresser. Hör auf zu flennen!
Mein Schweigen kostet 100 000 Mark. Verstanden?“
    „Ich... also, ja gut.“
    „Du hast soviel Geld?“
    „Och, noch viel m... fast. Nein! Bei weitem
nicht. Aber ich kann’s mir borgen. Ich kann einen Kredit aufnehmen — bei meiner
Bank.“
    „Lüg mich nicht an. Ich habe mich über
dich erkundigt. Du bist steinreich. Morgen, sobald die Bank öffnet, bist du
dort und nimmst 100 000 Mark von deinem Konto. Mit dem Geld wartest du zu
Hause. Um zwölf Uhr mittags rufe ich an. Dann erfährst du alles weitere.“
    Er legte auf, nahm die Gummistücke aus
dem Mund und gestattete sich einen weiteren Mandellikör.

16. Verschüttete Milch
     
    Irgendwann — sehr spät in der Nacht —
war Tim eingeschlafen. Er träumte Schreckliches. Alles drehte sich um Gaby.
Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. j
    Als er dann hochschreckte, war er
sofort hellwach.
    Dunkelheit hüllte das ADLERNEST ein.
Die Luft war heiß und dumpf. Klößchen schnarchte.
    Tim fühlte sich, als hätte er unter
einer Dampfwalze gelegen. Er glitt aus dem Bett, tappte zum Fenster — ganze
anderthalb Schritt — und schob den Vorhang beiseite. Schwer und dicht wie er
war, ließ er kein Licht durch.
    Draußen war immer noch Nacht. Aber sie
wirkte etwas blasser. Im Schulhof brannten die Laternen, auch hinten in den
Anlagen, eigentlich überall auf dem riesigen Schulgelände.
    Drüben im Pauker-Silo waren nun
endgültig die Lichter erloschen. Auch bei Hartholz.
    Tim setzte sich auf die Bettkante und
knipste die Nachttischlampe an.
    Klößchen lag verkehrt herum im Bett. Er
hatte sich den Rücken und den rechten Arm zugedeckt. Ein blauweiß-gestreiftes
Pyjama-Bein hing über die Kante.
    Hat auch unruhig geschlafen, dachte Tim
und sah auf seine Uhr.
    5.57 Uhr. Da fehlte nicht viel am
Wecken.
    Er nahm seinen Bademantel und schlurfte
in den Waschsaal. Heiß-kalte Wechselduschen vertrieben die Müdigkeit.
    Um 6.13 Uhr war er angezogen. Um 6.14
Uhr stand er in der Besenkammer und rief Kommissar Glockner an.
    „Ich bin’s, Herr Glockner. Irgendwas
Neues?“
    „Nichts. Niemand hat Gaby gesehen. Alle
Streifenwagen waren heute nacht unterwegs. Es hat nichts gebracht. Ich habe
eben noch mal in allen Krankenhäusern nachgefragt.
    Sie ist nirgendwo.“
    „Wie geht es Ihrer Frau?“
    „Sie hat natürlich kein Auge zugetan.
Hast du geschlafen?“
    „Etwas. Bin eingepennt. Mitten im
Grübeln.“
    „Das ist völlig in Ordnung.“
    „Ich wollte nicht einschlafen.
Vielleicht wäre mir noch irgendeine Idee gekommen.“
    „Tim, du hast gestern geackert für zehn.
Du hast alles versucht und andere Steine ins Rollen gebracht. Wie so

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