Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
verlassen hat. Wenn du mich fragst, haben sie und ihr Hexenzirkel Layla in die Katakomben geschleppt.«
»Das ist ja entsetzlich. Aber wenn sie ernsthaft dachten, Layla sei die Furie, hatten sie dann keine Angst, sie könnte auf sie losgehen?«
»Ich will dich ja nicht beunruhigen, April, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Chancen gut stehen, wenn ein halbes Dutzend Vamps beschließt, dich in die Mangel zu nehmen.«
April erschauderte. Caro hatte recht. Sie hatte selbst gesehen, wozu ein Vampir fähig war. Wenn die Blutsauger beschlossen, sich auf ein Opfer zu stürzen, war man tot, noch bevor man auch nur einen Mucks von sich gegeben hatte.
»Aber Milo ist doch schon seit Wochen tot«, wandte April ein. »Wieso haben sie so lange gewartet, was glaubst du?«
»Keine Ahnung«, sagte Caro. »Ich weiß nur eins – ich werde mit diesem Monster abrechnen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
Neunzehntes Kapitel
W ie erwartet war Laylas Begräbnis sehr kurz und er greifend. Natürlich passten die Floskeln, die üblicherweise beim Tod eines sehr jungen Menschen vorgebracht wurden – »Sie hatte noch ihr ganzes Leben vor sich« und »Sie wurde mitten aus dem Leben herausgerissen« –, bei einem Selbstmord nicht so recht. Und Selbstmord lautete die offizielle Diagnose des Gerichtsmediziners; zumindest bis die Untersuchungen vollends abgeschlossen waren, was noch mehrere Monate dauern würde. April war bei dem Gedanken, an dem Begräbnis teilzunehmen, nicht wohl gewesen. Schließlich hatten Layla und sie sich alles andere als nahegestanden. Aber Caro hatte darauf bestanden, dass sie sie begleitete. Sie war völlig außer sich und weinte während des gesamten Trauergottesdienstes und des anschließenden Begräbnisses. April durchlebte ihre ganz eigene Hölle, vor allem beim Anblick von Laylas Eltern und Cousins und Cousinen, deren Gesichter grau vor Kummer waren. Sie musste Caro recht geben: Wäre sie mit ihrem Geburtsmal und dem tödlichen Virus in ihrem Körper nicht hier aufgetaucht, könnte Layla tatsächlich noch leben. Sie trug einen Teil der Verantwortung für das, was vorgefallen war, völlig egal, was Miss Holden sagte. Ich muss dem ein Ende setzen – und zwar sofort. Bevor noch jemand zu Schaden kommt , dachte sie wütend, als sie den Friedhof verließen.
Die Trauerfeier im Haus von Laylas Eltern war noch schlimmer – April und Caro mussten Davina, Chessy und die anderen Schlangen ertragen, die dicke Krokodilstränen vergossen und die Feier gewissermaßen als Bühne zur Selbstdarstellung benutzten. Ein Glück, dass Gabriel nicht gekommen war – eine echte Wohltat, sich nicht auch noch mit der Frage herumschlagen zu müssen, wie sie sich in seiner Gegenwart verhalten sollte.
»Du siehst genauso aus, wie ich mich fühle«, hörte April Benjamin hinter ihr sagen. Caro war verschwunden, um ihr Make-up in Ordnung zu bringen, während April für einen Moment Zuflucht in der Küche suchte. Sie hatte durchs Fenster auf die mit Raureif überzogenen Wiesen gestarrt und gewünscht, sie könnte die Tür aufmachen und einfach davonlaufen.
»So schlimm?«
»Keine Sorge«, sagte Ben. »Ich finde, bei einer Beerdigung darf man ruhig aussehen, als gehe es einem hundsmiserabel.«
»Es ist nur …«, begann April, doch Benjamin trat zu ihr und drückte ihren Arm.
»Ich weiß, April«, sagte er sanft. »Du brauchst es mir nicht zu erklären. Es muss ziemlich schlimm für dich sein, so kurz nach der Beerdigung deines Vaters schon wieder einem Begräbnis beiwohnen zu müssen.«
Sie nickte. »Einfacher macht es das jedenfalls nicht. Immerhin bin ich diejenige, die sie gefunden hat. Ich war doch nur auf dem Friedhof, weil ich das Grab meines Vaters besuchen wollte, aber all die Leute sehen mich an, als …«
»… als wäre es deine Schuld?«, unterbrach er. »Sei nicht albern, April. Ich glaube, insgeheim ist jeder froh, dass du sie gefunden hast. Für uns alle ist es eine schreckliche Vorstellung, dass sie noch länger dort gehangen hätte. Layla mag ihre Fehler gehabt haben, aber so etwas hat ganz bestimmt niemand verdient«, erklärte er mit Nachdruck. »Es ist nicht richtig, ganz allein an so einem Ort zu sein.«
Verblüfft registrierte April die Eindringlichkeit seiner Worte. Wusste er irgendetwas? Wollte er ihr damit sagen, dass er die Art, wie die Blutsauger Layla getötet hatten, nicht guthieß? Versuchte er ihr zu sagen, dass er nichts damit zu tun hatte? Was natürlich völlig idiotisch
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