Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
zur nächsten Runde ansetzten.
»Du siehst unglaublich schön aus«, flüsterte er an ihrem Ohr. Davina hatte April eines ihrer Kleider geliehen – ein schmal geschnittenes, dunkelrotes Seidenkleid, das zwar ein klein wenig knapp saß, aber ihr nichtsdestotrotz hervorragend stand. Sie hatte ihr Haar hochgesteckt, sodass ihr langer, schlanker Hals zur Geltung kam, und ihre Mutter hatte ihr ihre ägyptische Goldkette geborgt.
»Und du riechst zum Anbeißen.«
»Hey, behalt bloß deine Zähne bei dir«, scherzte sie kichernd. »Zumindest bis du meine Mutter kennengelernt hast.«
Sie nahm seine Hand und führte ihn durch den langen Flur in die Küche, wo Silvia gerade letzte Hand an ihr Make-up anlegte.
»Guten Abend, Mrs Dunne«, begrüßte Gabriel sie förmlich. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich April zum Ball begleite.«
»Silvia, bitte.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen. Ich hatte ja noch keine Gelegenheit, Ihnen dafür zu danken, dass Sie ihr das Leben gerettet haben.«
Gabriel nickte knapp.
»Nicht der Rede wert. Davinas Vater war derjenige, der sie ins Krankenhaus gebracht hat.«
»Keine falsche Bescheidenheit«, meinte Silvia. »Die Ärzte haben mir erzählt, dass April es ohne Ihre Hilfe nicht geschafft hätte, und dafür stehe ich für den Rest meines Lebens in Ihrer Schuld. Das ist Ihnen hoffentlich klar?«
April sah von Gabriel zu ihrer Mutter. Sie sahen einander fest in die Augen, als tauschten sie eine geheime Botschaft aus, die April nicht entziffern konnte.
»Mum …«, sagte sie, »wir müssen los.«
»Ja, natürlich«, sagte Silvia, ohne den Blick von Gabriel zu lösen. »Und Sie versprechen mir, dass Sie mein Mädchen heute Abend nicht aus den Augen lassen werden?«
»Selbstverständlich«, erklärte Gabriel, während April seinen Arm nahm, um ihn endlich außer Reichweite ihrer oberpeinlichen Mutter zu bringen.
»Ihr seid ein bildschönes Paar«, rief sie ihnen nach. »Ich hoffe nur, deine Absätze sinken nicht zu tief im Boden ein, April.«
»Keine Sorge, soweit ich weiß, gibt es ein Zelt mit einer richtigen Tanzfläche«, erwiderte Gabriel.
»Das schon«, sagte Silvia, »aber ich weiß genau, was läuft. Ihr jungen Leute schleicht euch doch sowieso irgendwann ins Gebüsch.«
»Mum!«
»Hey, ich mag zwar aussehen, als stünde ich schon mit einem Fuß im Grab, aber ich war schließlich auch mal jung. Dein Vater konnte ziemlich rangehen …«
»Bitte! Das reicht!«, quiekte April und hielt sich die Ohren zu. »Ich will nichts davon hören!«
Silvia verdrehte die Augen. »Teenager!« Sie schnalzte abfällig mit der Zunge. »Ihr glaubt, ihr hättet den Sex erfunden. Aber die Leute schaffen es schon seit Tausenden von Jahren, Babys zu machen. Lernt ihr solche Sachen etwa nicht in eurer tollen Schule?«
»Mum!«, rief April. »Lass es einfach gut sein, okay? Bitte.«
»Bist du sicher, dass du allein zurechtkommst? Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil ich nicht mitkommen kann, aber ich muss dringend mit deinem Großvater …«
»Zum Waterlow Park sind es gerade mal zweihundert Meter, Mum. Ich glaube, wir schaffen es gerade noch, ohne dass uns jemand an die Gurgel springt. Außerdem stehen neuerdings sowieso an jeder Ecke Polizisten.«
April zog ihren Mantel an. Silvia trat vor sie, schlug ihren Kragen hoch und küsste sie auf die Stirn.
»Passt gut auf euch auf, okay? Vergesst nicht, was passiert ist, als du das letzte Mal auf einer Party warst.«
»Ja, Mum.« April seufzte.
Silvias Sorge erwies sich als völlig überflüssig. Sich Zutritt zum Waterlow Park zu verschaffen war schwieriger, als sich bei einer Prominentenhochzeit einzuschleichen. Überall entlang des Zauns waren bullige Security-Typen mit Walkie-Talkies postiert, und am Eingang stand ein Mannschaftswagen der Polizei. Uniformierte Beamte kontrollierten die Einladungen der ankommenden Gäste.
»Das Glastonbury ist der reinste Witz dagegen«, bemerkte Gabriel.
»Du warst bei dem Festival?«, fragte April erstaunt.
»Bei allen. Ausnahmslos«, antwortete er lächelnd.
»Aber es findet doch erst seit neunzehnhundert …« Erst jetzt dämmerte ihr, dass er sie aufziehen wollte. Empört stieß sie ihn in die Rippen.
»Kann ich dich mal was fragen?« Sie traten durch die Tore und gingen einen gewundenen, von pilzförmigen Laternen erhellten Weg entlang.
»Klar, solange es nicht um Woodstock geht. Dort war ich nämlich nicht.«
»Nein, im
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