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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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ausgenutzt hat, als du am schwächsten warst … oder hat er dich vielleicht sogar so schwach gemacht?«
    Eine Momentaufnahme aus der letzten Nacht stand mir vor Augen: Ich saß nackt rittlings auf Barrons’ Gesicht.
    Ich lief los.

    Gewisse Daten haben sich in mein Gedächtnis gebrannt.
    5 . Juli: der Tag, an dem Alina auf meinem Handy angerufen und eine verzweifelte Nachricht hinterlassen hatte, die ich erst Wochen später angehört hatte. Sie wurde nur wenige Stunden nach diesem Anruf umgebracht.
    4 . August: der Nachmittag, in dem ich zum ersten Mal in eine Dunkle Zone gestolpert war und auf der Schwelle von Barrons Books and Baubles landete.
    22 . August: die Nacht, in der ich meine erste Begegnung mit dem Sinsar Dubh hatte und mein Schädel beinahe zerplatzt war.
    3 . Oktober: Barrons fütterte mir Unseelie-Fleisch, um mich am Leben zu erhalten. Ich machte erste Erfahrungen mit den berauschenden Auswirkungen der Dunklen Feenmacht.
    31 . Oktober: Ja – drüber ist genug gesagt. Es folgten irrsinnige Monate.
    Ich hatte keine Ahnung, welches Datum wir heute hatten, ich konnte es mir demnach nicht einprägen, aber trotzdem würde ich nicht das kleinste Detail des Tages vergessen.
    Ganz Dublin war von den Schatten verschlungen und in Ödland verwandelt worden. Falls außer mir nochjemand überlebt haben sollte, dann ließ er sich nicht blicken.
    Ich wanderte Stunden durch unheimlich stille Bezirke. Nicht ein Grashalm, nicht ein Busch, Strauch oder Baum hatte überlebt. Ich wusste, dass ich meine Zeit vergeudete, insbesondere wenn Barrons in der Nähe war, aber ich musste das mit eigenen Augen sehen.
    Ich sammelte Schnappschüsse von der Stadt wie Ziegelsteine, legte sie aufeinander, verschmierte sie mit Mörtel und baute eine Mauer aus Entschlossenheit. Ich würde alles daransetzen, diesen Affront gegen die Menschheit zu sühnen.
    Die wenigen Zeitungen, die noch in den Kästen lagen, waren auf den 31 . Oktober datiert, den letzten Tag, an dem noch ein normales Leben in Dublin möglich gewesen war. In der Nacht darauf war die Stadt gefallen und hatte sich nie davon erholt.
    Türen waren eingeschlagen, Fenster zertrümmert. Überall lagen Glasscherben verstreut, verlassene Autos waren auf die Seite gekippt oder in Brand gesetzt worden.
    Das Schlimmste waren diese trockenen Hüllen – nach einer Weile hatte ich aufgehört, sie zu zählen; der Wind fegte sie durch die Straßen, die menschlichen Überreste, die die Schatten nicht verdauen konnten.
    Ich hätte geweint, wenn mir noch Tränen geblieben wären. Ich machte einen weiten Bogen um den Buchladen. Wäre er zerstört, dann könnte ich den Anblick nicht ertragen. Ich zog es vor, ihn so in Erinnerung zu behalten, wie er am Nachmittag von Halloween ausgesehen hatte: Alles war an seinem Platz und wartete darauf, dass ich zurückkam, die Tür aufstieß, die Post aufhob und die Zeitschriften aufräumte, die die Kundendurchgeblättert hatten, ein Feuer im Kamin entfachte, es mir mit einem guten Buch auf dem Chesterfield-Sofa bequem machte und auf den ersten Kunden wartete.
    Alle Straßenlaternen, an denen ich vorbeikam, waren zerschlagen, viele sogar aus der Betonverankerung gerissen, verdreht und weggeworfen, als hätte sich ein blindwütiger Riese daran zu schaffen gemacht. Schatten hatten keine physische Gestalt, deshalb nahm ich an, dass andere Unseelie am Werk gewesen waren, um alle Lampen zu zerstören, für den Fall, dass die Stromversorgung der Stadt wie durch ein Wunder wieder gewährleistet werden könnte.
    Fast so schlimm wie die trockenen Hüllen – ich zuckte jedes Mal, wenn ich auf eine trat und sie unter meinen Sohlen knirschte – waren die Kleiderhaufen, Handys, Schmuckstücke, falschen Zähne, Implantate und Brieftaschen. Für mich waren sie geweihte Grabhügel. Das konnte mich jedoch nicht davon abhalten, einige Sachen aufzuheben.
    Ein Springmesser glitzerte im kalten Morgenlicht. Ich vermutete, dass der Besitzer vergeblich versucht hatte, die Klinge in die Unsterblichen zu bohren, als sich die Schatten über ihn hergemacht hatten. »Ich werde es in Ehren halten«, versprach ich der schwarzen Lederkleidung, auf der eine Kette aus silbernen Totenschädeln lag. Ich ließ die Klinge zurückschnappen und steckte das Messer in meinen Stiefel.
    Als Nächstes las ich ein Stück lebendes

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