Gefangene der Flammen
diesen Kellerraum zu überprüfen, bevor er selbst kommt, darf er Riley hier nicht sehen, warnte Dax.
Wir müssen aussehen wie alle anderen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen , schlug Riordan vor. Alle sind gleich gekleidet. Schwarz scheint die Modefarbe hier zu sein. Verändere Rileys Gesichtszüge und deine, damit ihr jünger ausseht! Und verwisch sie ein wenig, Dax! Falls der Blick dieser Pietra auf uns fällt, bemerkt sie uns vielleicht nicht richtig.
Die Erde und die Pflanzen um sie herum stöhnten unaufhörlich. Die Schlingpflanze weinte giftiges Gas, und ihre verholzten Stängel klapperten. Sie waren ausgehungert, ihr Hunger unbezähmbar. Jede Pflanze wartete wie eine Spinne auf ein Opfer, das sich näherte. Auf der anderen Seite des Raumes, in der Nähe Pietras, brach ein Streit aus. Sie stand nun auf dem Podium und sah mit leuchtenden Augen zu, wie ein größerer Mann einen dünnen, angetrunkenen Jungen auf die Wand zustieß.
Die Menge schien kollektiv nach Luft zu schnappen. Sofort verwandelte sich die Atmosphäre im Raum. Alle Gespräche verstummten, aber die Leute begannen zu singen, zunächst nur leise, doch dann schwoll der Gesang sehr schnell zu einem rasenden Geschrei an, als eine der Ranken vorschoss, sich um das Handgelenk des Jungen legte und ihn in die Pflanze zog. Sofort gerieten auch andere Ranken in Bewegung und schlangen sich um den sich wehrenden Jungen.
»Fressen! Fressen! Fressen!«, schrie die Menge immer wieder.
Das unglückliche Opfer kreischte, als immer mehr Ranken sich wie riesige Schlangen um ihn legten, ihn vollständig einwickelten und nahezu zerdrückten.
»Fressen! Fressen! Fressen!« Die anspornenden Zurufe wurden immer lauter.
Sie klangen, als wollten sie eine Kreatur aus der tiefsten Hölle heraufbeschwören. Pfahlwurzeln schossen aus dem Boden, und dicke, knorrige Lianenstränge wanden sich über den Boden auf den entsetzten Jungen zu.
Die fiebrige Erwartung steigerte sich. Mit glasigen Augen und lächelnden Gesichtern sah die Menge zu und feuerte die Pfahlwurzeln an, sich das Blut des Opfers einzuverleiben. Die Wurzeln fanden den Jungen sofort und stießen ihm an vielen Stellen ihre scharfen Spitzen ins Fleisch. Der Junge schrie. Die Menge brüllte und bot in ihrer Euphorie einen schockierenden Anblick. Das Blut, das in die Wurzeln floss, ließ sie anschwellen und färbte sie in einem dunklen, rötlich angehauchten Schwarz.
Entsetzt drückte Riley das Gesicht an Dax’ Brust.
Ich bringe dich von hier weg. Riordan und ich können zurückkommen und …
Nein! , protestierte sie. Ich sehe, was er tut. Du nicht? Er glaubt tatsächlich, ich sei Arabejila. Riley verstand Mitro jetzt. Arabejila war nur gut. Sie konnte sich eine solch krankhafte Art der Schlechtigkeit nicht einmal vorstellen. Das wusste er. Und darauf baut er. In grimmiger Entschlossenheit straffte sie die Schultern. Mitro war ein großer Fehler unterlaufen.
Ich weiß nicht, inwiefern das helfen soll. Mitro kann unmöglich wissen, dass wir hier sind.
Noch nicht, doch er hat all das hier für Arabejila inszeniert. Um sie zu schockieren und ihr wehzutun. Er glaubt, sie könnte mit solchen Gräueln wider die Natur nicht fertig werden. Um ihr wehzutun, wollte er gerade das gegen sie benutzen, was ein solch großer Teil von ihr ist. Das ist sein Schlag ins Gesicht für sie, und außerdem glaubt er auch, dass sie angesichts einer solchen Bestialität nicht funktionieren könnte.
Das hätte sie wahrscheinlich auch nicht gekonnt. Nicht sofort. Aber sie hätte sich erholt.
Riley hob den Kopf und wandte sich den ineinander verschlungenen Pflanzen zu. Sein Fehler ist, dass ich nicht Arabejila bin. Ich bin nicht nur gut. Arabejila und meine anderen Vorfahrinnen verliehen mir eine Gabe und eine Macht, von denen er keine Vorstellung hat. Ich kann diesen Boden zurückgewinnen. Ihn weihen. Dann wird er weder durch die Erde noch durch die Wände fliehen können. Ihm wird nur die Decke bleiben, und Riordan und du könnt ihn daran hindern, sie als Fluchtweg zu benutzen.
Dax sah ihr prüfend ins Gesicht, und sie konnte die orangeroten Flammen in seinen Augen lodern sehen. Seine Haut an ihrer war so heiß, als wäre der Vulkan in ihm dem Ausbruch schon sehr nahe. Dann nickte er langsam.
Riley war nie zuvor so erleichtert gewesen – oder so verängstigt. Sie wusste, dass der Moment gekommen war, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Frauen in ihrer Familie hatten sie lange genug darauf vorbereitet, und sie fühlte sich bereit
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