Gefangene der Sehnsucht
stand an der Tür.
Sie verließ ihn.
»Jamie, was immer du auch sagst, Roger ist nicht sicher. Der König ist verrückt. Er muss aufgehalten werden.«
Sein Herz hämmerte. »Eva«, sagte er dunkel, langsam. »Was hast du vor?«
Sie sprach weiter, als hätte er nichts gesagt. Sie hatte seine Worte offensichtlich überhört. »Wie nützlich kann John einen fünfzehnjährigen Jungen finden, dessen einziger Reichtum das Land ist, das der König bereits selbst besitzt? Verglichen mit den großen und reichen Männern, die ohne Zweifel ihre Angebote machen werden, ist Roger so bedeutend wie eine Mücke. Und du?« Sie schüttelte den Kopf. »Der König will dich hängen sehen.«
Jamie zerrte wieder an den Stricken, mühte sich darum, sich aufzusetzen. »Eva. Was du sagst, ist begründet. Wir werden reden, ich werde zuhören, aber, Eva …«
»Du weißt das, weil du ein guter Mensch bist. Der König ist es nicht. Ich weiß das. Er ist mein Vater.«
»Eva, tu das hier nicht .«
Sie legte die Hand an die Tür, während er gegen die Stricke kämpfte. »Ich habe deine Warnung gehört, Jamie. Mein ganzes Leben hat aus Warnungen bestanden. Und weißt du, was danach kommen wird? Noch mehr davon. Alle wegen König John. Weiteres Davonlaufen, weitere Dunkelheit …«
»Du darfst dich dem König nicht zeigen, bevor ich …«
»… und so wird es immer weitergehen.«
»… dich geheiratet habe!«, rief er.
Für einen kurzen Moment schwieg er.
»Und welchen Wert hat unsere Heirat für den König?«
Sein Herz hämmerte. »Ich werde Anspruch auf Everoot erheben«, sagte er, und es fühlte sich an, als wollte er diese Worte für immer sagen. »Ich werde Anspruch auf Everoot erheben und auf dich, und das ist von Wert.«
Seine Erklärung schien Eva nicht zu beeindrucken. »Und dann wirst du nichts sein als eine noch größere Bedrohung. Ein mächtiger Lord, verheiratet mit der Tochter der Königs? Und das nach allem, was ihm dein Cigogné ohne Zweifel berichtet hat? Nachdem er erfahren hat, dass du eine Zeit lang die Absicht hattest, ihn zu töten.« Sie schüttelte den Kopf und öffnete die Tür. »Nein, Jamie. Es gibt nur einen Weg, dies zu beenden.«
Er lag still. »Was soll das heißen? Was wirst du tun?«
»Den König nicht zu töten, Jamie, das war keine gute Entscheidung. Und jetzt sind all die guten Männer tot oder werden es bald sein. Ich werde mich darum kümmern, da es niemand sonst tut.«
»Jesus, Eva, du bist verrückt.« Er hatte eine plötzliche, erschreckende Einsicht, wie Ry sich seinetwegen fühlen musste. »Du hast keine Vorstellung davon, was das Töten aus einem Menschen macht.«
»Du hast getötet«, sagte sie sanft. Sie hatte keine Ahnung von der Tragweite ihres Handelns. »Und du bist ein guter Mensch.«
»Ja, ich habe getötet, und innerlich bin ich ein sterbendes Etwas. Ich war tot, bis du gekommen bist, Eva.«
»Aber wenn es einen Grund gibt«, flüsterte sie, die Hand an der Tür. »Einen guten Grund? Gewiss zählt das doch.«
»Es zählt. Für eine Weile.«
»Ich muss es nur einmal tun.«
»Du verstehst mich nicht, Eva: Dieses eine Mal genügt.«
»Nur dieses eine Mal.«
Er brüllte, ballte die Fäuste, zerrte mit einem wilden Ruck an den Fesseln. Der hölzerne Bettpfosten knackte leise. Eva zuckte zusammen; ihr Gesicht wurde blasser. »Ich schwöre, ich werde dich eigenhändig töten«, knurrte er.
Er zerrte wieder. Ein weiteres Knacken von Holz. Sie trat durch die Tür.
»Ich habe zu lange in der Dunkelheit gelebt, Jamie«, sagte sie leise und schaute über die Schulter zu ihm. »Ich kann es nicht mehr. Und Roger auch nicht. Und du auch nicht.« Sie zog die Tür hinter sich zu, aber nicht, bevor sie leise sagte: »Ich liebe dich.«
Dann war sie fort.
Jamie ließ den Kopf sinken und erneuerte seinen Angriff auf die Bettpfosten. Unter diesen Umständen würde es eine halbe Stunde dauern.
Eva ging den vertrauten Korridor zum Herrenturm hinunter. Ein weißes Rauschen füllte ihren Kopf wie ein Wind, als sie die Steine unter ihren Füßen zählte. Die Welt, in der sie gelebt hatte, entfernte sich wie die Küste von einem Boot, wenn man auf einer mächtigen, aber unsichtbaren Strömung auf das Meer hinaustrieb. Sie fühlte sich, als hätte sie den Rudern nur einen kleinen Stoß gegeben und sie wären über die Bordwand gerutscht und ins Wasser gefallen. Es konnte jetzt keine Änderung der Richtung mehr geben. Sie war auf ihr Ziel ausgerichtet wie ein Pfeil und würde darauf zufliegen,
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