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Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Titel: Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Pierce
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tiefen Schlaf. Nein, meine Tochter, das da sind Wachträume.«
    Aeriel fror und rieb sich die Arme. »Er schreit, als ob er Angst hätte. Aber wovor hat er Angst?«
    Talb seufzte und nahm seine Fackel in die andere Hand. »Nichts, wovor wir beide uns fürchten müssten. Er ist aber schon fast tot. Und er weigert sich über etwas nachzudenken, woran er nicht denken will.«
    Aeriel trat einen Schritt zurück. »Wie lange wird das dauern? «, fragte sie leise.
    Talb zuckte die Schultern. »So lange, wie es dauert«, entgegnete er, »mal hört es auf, mal kommt es wieder, bis er alle seine Ängste überwunden hat.«
    Die Schreie verstärkten sich, und Aeriel erschauderte. »Kann man nichts tun? Er leidet so.«
    »Nur der Schlaf kann solche Alpträume heilen. Aber er hat keinen Schlaf mehr.«
    »Wenn ich ihm diese schlimmen Träume gebracht habe, muss ich zu ihm gehen«, sagte Aeriel.
    »Das musst du nicht«, sagte der Zwerg, fast schneidend.
    »Vielleicht gibt es etwas …«

    »Es gibt nichts, was du tun könntest, meine Tochter.«
    »Ich könnte ihn trösten.«
    »Er würde dich vorher töten«, sagte Talb. »Er sucht im ganzen Schloss nach dir. Wusstest du das?«
    Aeriel schrak in plötzlicher Angst zurück. Nur anfänglich, als sie hier im Schloss lebte, hatte sie Angst vor dem Engel der Nacht gehabt, jetzt fürchtete sie nur sein Missfallen, aber nie um ihr Leben. Nach und nach hatte sie sogar seine gelegentlichen Drohungen missachtet, weil sein Verhalten ihr keine Angst einflößte. Tatsächlich hatte er sie meistens mit spöttischer Belustigung behandelt oder sie ganz einfach übersehen.
    Damals, als er sie zum ersten Mal in sein Schloss brachte, hatte sie mit dem Tod gerechnet. Sie hatte ihn nicht willkommen geheißen, war jedoch darauf vorbereitet. Doch jetzt wollte sie leben. Die Gespensterfrauen und die Ungeheuer brauchten sie, und auch Talb schätzte ihre Gesellschaft. Dank ihm war die Möglichkeit, den Vampir unschädlich zu machen, in greifbare Nähe gerückt. Ihr Leben schien plötzlich weniger sinnlos, und sie hatte nicht das geringste Verlangen zu sterben.
    »Komm«, sagte der Zwerg. »Er wird gleich hier unten sein. Ich muss dich verstecken.«
    Aeriel stand regungslos da und spürte, wie alle Kraft aus ihr wich. Die Schreie kamen näher. »Wenn er mich ruft, werde ich zu ihm gehen«, sagte sie in schmerzvoller Ahnung.
    »Unsinn«, widersprach der Zwerg. »Deine Macht ist nur wenig geringer als seine.«
    Aeriel schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich ihm nicht gehorchen will, mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss es einfach.
Ich kann ihm nicht widerstehen; er besitzt eine zu große Macht über mich.«
    »Dann werde ich dir die Ohren mit Wachs verstopfen«, sagte Talb bestimmt und nahm ihre Hand. »Nun folge mir!«
    Aeriel setzte sich fast automatisch in Bewegung. »Wohin bringst du mich?«, fragte sie nach ein paar Schritten.
    »In die Schatzkammer«, entgegnete er und zog sie hinter sich her. »Ich hatte zwar gehofft, wir könnten tief ins Innere der Höhlen gehen, doch dazu fehlt uns die Zeit. Hab keine Angst. In der Schatzkammer sind wir sicher. Wir müssen uns nur beeilen .«
    Die beiden stapften platschend durch den Fluss und erklommen das gegenüberliegende Ufer. Da die Schreie des Vampirs immer näher kamen, konnte Aeriel jetzt einige Worte unterscheiden. Sie ergaben keinen Sinn, aber ihre Wirkung war hypnotisch. Sie wollte stehen bleiben, um zu lauschen, und versuchen, ihren Sinn zu ergründen. Doch der Zwerg zog sie zur Elfenbeintür und schob sie fast mit Gewalt durch die niedrige Öffnung.
    Die Tür schloss sich hinter ihnen, und die Worte klangen leiser. Und als die beiden in der Mitte des Raumes ankamen, wurden sie noch leiser. Wie früher brannte ein kleines Feuer aus Treibholz. Der Zwerg führte sie dorthin. Sie spürte benommen, dass die Schreie aufgehört hatten. Sie sank zu Boden und fühlte sich plötzlich sehr erschöpft.
    »Ich gehe jetzt und hole das Wachs«, sagt Talb. »Es wird eine Weile dauern. Sicher wird er schon bald nach dir rufen. Antworte nicht! Hör nicht hin! Halte dir die Ohren zu, wenn’s sein muss. Und bleib in diesem Raum!«

    Der Zwerg ging und verschwand durch die andere Geheimtür.
    Aeriel legte sich hin, den Kopf auf die Arme gebettet. Sie lauschte dem leisen, unregelmäßigen Knistern der brennenden Scheite. Dann hörte sie die Stimme des Engels der Nacht wieder; diesmal klang sie viel näher. Sie wusste, dass er in den Höhlen sein musste. Er rief nach ihr.

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