Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
Überraschungsgeheul, dann sprang der Schakal mit gesenktem Kopf in sichere Entfernung zurück.
Er ist der richtige, dachte Aeriel. Sie fasste neuen Mut und ignorierte ihren schmerzenden Arm. Wenn ich ihn nur im Auge behalten kann …
Sie schlug wieder nach dem Hexenhund. Aber er wich vor ihr zurück und versteckte sich inmitten der schimmernden Leiber seiner Gefährten. Aeriel war es unmöglich, ihn im Auge zu behalten. Die Schakale stimmten ihren Jagdgesang an und lachten. Aeriel blieb stehen. Sie hatte Angst, sich mehr als einen Schritt von der Seite des Löwen zu entfernen, denn sonst könnte ihr eines der Tiere in den Rücken fallen.
Aeriel hörte, wie eine der Schakalinnen plötzlich laut aufjaulte und sah, wie sie, vom Schlag der mächtigen Löwenpranke getroffen, zurücktaumelte. Nur für einen Augenblick waren alle anderen Tiere verschwunden. Und am Fuß des Hanges kam die Getroffene wieder auf die Beine – es war die echte –
und zog schmerzhaft ihren Vorderlauf vor die Brust und schüttelte den Kopf.
So schnell wie sie verschwunden waren, tauchten die Phantome wieder auf, bellten und schnappten, ohne Schaden anzurichten, nach den Ohren des Pendarlon. Er behielt die echte Schakalin im Auge, denn sie konnte mit ihrer Verletzung weder springen noch in der Menge untertauchen. Aeriel sah, wie der große Katzenkörper dicht über dem Sand geschmeidig vorwärtsglitt. Sein goldenes Blut glänzte wie das Licht des Sonnensterns.
Er muss Blut an den Zähnen haben, dachte Aeriel plötzlich. Nur der wirkliche Schakal kann verletzen; nur er konnte mir diese Verletzung zufügen. Ihr verwundeter Arm schmerzte. Also muss er Blut an den Zähnen haben, wiederholte sie in Gedanken. Sie musterte das wogende Chaos aus roten Augen und wirren schwarzen Flecken und versuchte, ein ganz bestimmtes Gebiss auszumachen, sie starrte die Untiere an … Ja, einem der Schakale troff rötlicher Geifer aus dem Maul.
Nun, da sie ihn von den anderen unterscheiden konnte, sah sie auch, dass nur er einen Schatten auf den orangefarbenen Sand warf. Sie packte ihren Stock, stürzte auf ihn zu und schlug ihn dreimal fest auf Kopf und Schulter. Er bellte, knurrte und wich vor ihr zurück. Sie setzte ihm nach, ohne auf die geifernde Geistermeute zu achten. Sie durchschritt die Phantome und zielte wieder auf den wirklichen Schakal.
»Halt!«, knurrte der Hexenhund sie an. Er duckte sich. Kein Gelächter färbte diesmal seine Stimme, und abrupt hörte der Lärm auf. Die Phantome verschwanden. Die Stille zeigte Aeriel, dass auch die Meute um den Pendarlon verschwunden war. »Genug!
«, knurrte der kauernde Schakal vor ihr. »Du hast mich erkannt. Sehr schön. Ich werde dich nicht mehr an der Nase herumführen. Auch ohne meine Phantome kann ich dich töten. Glaubst du wirklich, dieser lächerliche Stock könnte mich daran hindern?«
»Der Pendarlon wird gleich mit deiner Gefährtin fertig sein«, keuchte Aeriel. Trotz der Selbstsicherheit ihres Gegners fühlte sie sich stark und angriffslustig. »Glaubst du vielleicht, du könntest ihn besiegen?«
»Ich sagte ›genug‹!«, knurrte der Schakal. »Ich habe nicht vor, mit ihm zu kämpfen. Nur dich will ich töten und dann von hier verschwinden. Hör auf mit dem Spiel und rette dein Leben. Gib mir den Huf des Sternenpferdes!«
Aeriel starrte ihn überrascht an. Wollten sie nur den Huf und nicht sie? Einen kurzen Moment verspürte sie Genugtuung; denn offenbar hatte sie richtig gehandelt, als sie den Huf nahm und somit Talbs Anweisungen befolgte. Fieberhaft suchte sie nach einer List. »Und … und was geschähe, wenn ich dieses Ding besäße, das du von mir forderst?«, begann sie selbstsicher. Sie war völlig erschöpft. Sie musste sich ausruhen. »Was würdest du damit tun?«
»Es gibt kein Wenn und Aber«, bellte der Schakal. »Der Löwe brachte dich zum Sternenpferd. Das konnten wir erraten. Warum wohl? Doch einzig und allein wegen des Hufes. Ich und meine Gefährten haben diese Dünen ein Dutzend Jahre durchstreift, um ihn zu finden …«
»Aber warum?«, fragte Aeriel, um Zeit zu schinden. Wo blieb der Sonnenlöwe? Aus dem Augenwinkel erblickte sie ihn auf
halber Höhe des Abhangs, schon fast bei der humpelnden fliehenden Schakalin.
»Unsere Herrin will ihn haben«, geiferte der Schakal mit entblößten Fängen. »Stell keine Fragen mehr! Gib ihn mir!« Aeriel schüttelte langsam den Kopf, hielt den Stock fest in der Hand, die Muskeln gespannt, den Blick starr auf den Hexenhund
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