Gefangene des Feuers
dass sie von einem Baum stammte, den Rafe Zitterpappel nannte. Aber es schien, dass die Frauen des Stammes die Rinde Richtung Norden gefunden hatten, als sie auf der Suche nach Essbarem waren. Und es war nur noch ein kleiner Vorrat davon übrig. Sie brühte die Rinde auf, und der Tee, den sie daraus gewann, half den Fiebernden zwar, schien aber nicht so gut zu wirken wie die Weidenrinde. Vielleicht hatte sie den Tee auch zu schwach gemacht. Aber sie war zu müde, um das noch entscheiden zu können.
Jacali schlurfte mit endlos vielen Bechern der Fleischbrühe hin und her und überredete die Kranken, sie zu trinken, auch wenn sie sich schwertaten, weil ihr Hals schmerzte. Der kleine Junge, dessen Freund gestorben war, folgte Rafe nun wie ein Schatten.
Als einige der Krieger am vierten Tag leichte Zeichen der Besserung zeigten und Annie mit großen geheimnisvollen Augen ansahen, erwartete sie schon, dass Rafe sie auf ihr Pferd setzen und mit ihr davonreiten würde.
Stattdessen kam er später am Tag mit dem Baby im Arm zu ihr. Die Kleine schrie ununterbrochen und zappelte unruhig mit Armen und Beinen. Die dunkle Haut glühte vor Fieber. Auf dem runden Bäuchlein hatten sich schwarze Flecken ausgebreitet.
16. KAPITEL
Nein!“, flüsterte Annie. „Oh nein! Ihr ging es doch noch gut heute Morgen.“ Doch sie wusste selbst, wie sinnlos ihr Protest war. Die Krankheit folgte
ihrem eigenen Zeitplan, besonders bei Kindern.
Rafes Miene wirkte grimmig. Nur einer der Indianer mit schwarzen Flecken, die auf eine innere Blutung hindeuteten, hatte überlebt, und das war ein Krieger gewesen, der auch die Stärke und Kraft eines Kämpfenden besaß. Der Mann war jedoch immer noch sehr krank und geschwächt. Rafe wusste genau wie Annie, dass die Chancen des Babys denkbar schlecht waren.
Annie nahm ihm das Kleine ab. Es hörte sofort auf zu schreien, zappelte aber voller Unruhe in ihren Armen, als wollte es versuchen, auf diese Weise das schmerzhafte Fieber abzuschütteln.
Es war gefährlich, einem so kleinen Baby ein Mittel zu geben, doch Annie wusste, dass sie keine Wahl hatte. Vielleicht hatte es ja jetzt sein Gutes, dass der Tee aus der Zitterpappel schwächer war als der Weidenrindentee. Sie tropfte ein wenig davon in den Mund des Babys, dann verbrachte sie die nächste Stunde damit, die Kleine sanft mit kaltem Wasser abzuwaschen. Als das Baby dann endlich eingeschlafen war, zwang Annie sich, es zu seiner Mutter zurückzubringen.
Die junge Frau war wach, die großen Augen voller Angst und Sorge. Sie legte sich auf die Seite und berührte ihre Tochter mit zitternder Hand, ehe sie den fiebernd heißen kleinen Körper eng an sich zog. Annie tätschelte ihre Schulter, doch dann musste sie gehen. Sie wäre sonst in Tränen ausgebrochen.
Es gab noch zu viele kranke Menschen! Sie konnte es sich nicht erlauben, ihrer Erschöpfung nachzugeben. Sie musste sich um die Kranken kümmern.
Rafe hatte bemerkt, dass einige Krieger sich wieder so weit erholt hatten, dass sie sich allein aufsetzen und essen konnten. Jedes Mal, wenn Annie eine dieser Hütten betrat, war er dicht hinter ihr, die Hand an der Pistole. Mit seinen eisklaren Augen verfolgte er jede Bewegung, solange Annie sich dort aufhielt.
Und die Krieger starrten den weißen Mann, der in ihr Lager eingedrungen war, genauso grimmig an.
„Findest du wirklich, dass das notwendig ist?“, fragte Annie, nachdem sie das zweite Wickiup verlassen hatte, in dem sich das Schauspiel wiederholt hatte.
„Entweder so, oder wir verschwinden auf der Stelle“, erwiderte Rafe rundheraus. Sie hätten sowieso schon verschwinden sollen, das wusste er, aber dann hätte er Annie am Sattel festbinden müssen. Anders hätte sie nicht von dem Baby abgelassen. Und ein Teil von ihm wollte auch nicht fort. So wie es aussah, hatte das Würmchen keine große Chance. Und wenn Annie ging, hatte es überhaupt keine mehr.
„Ich glaube nicht, dass sie uns etwas tun wollen. Sie haben doch gesehen, dass wir nur versuchen zu helfen.“
„Aber vielleicht haben wir einige ihrer Regeln verletzt, ohne es zu wissen. Vergiss nicht, Liebes, die Weißen sind ihre am meisten gehassten Feinde. Als Mangas Coloradas zu einem Treffen überredet wurde, bei dem man ihm äußerste Sicherheit versprach, wurde er getötet und enthauptet. Seitdem haben die Apachen ewige Rache geschworen. Zum Teufel, wer könnte es ihnen auch verübeln? Deshalb traue ich ihnen keine Sekunde über den Weg, wenn du in ihrer Nähe bist. Zu
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