Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Jacks Blick. Die Lider schlossen sich wieder. Sein Atem rasselte. „Er … er hat … uns immer … gegeneinander … ausgespielt. Ich … wünschte … wir … wären … Brüder … gewesen.“
Erneut versuchte er die Lider zu heben. Es schien ihn eine fast übermenschliche Anstrengung zu kosten. „Sag Becky Lynn … dass …“ Sein Kopf fiel zur Seite, und sein Blick brach.
Sirenengeheul zerriss die morgendliche Stille und verschluckte das Ende von Carlos Satz. Jack verlor die Beherrschung. Er packte Carlo an den Schultern und schüttelte ihn verzweifelt. Er wollte es nicht wahrhaben, dass es zu Ende war. „Nein, verdammt noch mal! Nein! Du darfst nicht sterben … ich will dich nicht verlieren. Du bist der einzige Bruder, den ich habe, du … darfst … nicht …“
Plötzlich fühlte er sich grob beiseitegezerrt. Als er zusammenzuckte und den Kopf hob, sah er einen Sanitäter neben sich knien, während zwei andere mit einer Bahre vor ihm standen.
„Es ist elf Uhr zweiundvierzig und strahlender Sonnenschein in Kalifornien. Und für euch Strandhäschen da draußen ist es Time to Turn!“
Jack stieß einen Schrei aus, der eine Mischung war aus hilfoser Wut und Schmerz, griff nach dem Radio und schleuderte es weit von sich. Es landete krachend auf dem Steinboden auf der gegenüberliegenden Seite des Pools und zersplitterte in tausend Einzelteile.
Elf Uhr zweiundvierzig. Jack schlug sich die Hände vors Gesicht. Zu spät, zu spät, zu spät … er war zu spät gekommen.
Von draußen hörte er das Zuschlagen einer Wagentür. Dann rief Becky Lynn laut, einen leicht hysterischen Unterton in der Stimme, Carlos Namen. Er durfte es nicht zulassen, dass sie Carlo so sah.
In demselben Moment, in dem sie um das Haus herumkam, schoss er wie ein Pfeil auf sie zu und versuchte, ihr den Blick auf Carlo zu verstellen.
Doch er war nicht schnell genug. Sie hatte Carlo bereits entdeckt und stieß einen so lauten Entsetzensschrei aus, dass die Vögel im Baum über ihr erschreckt aufflatterten.
Jack streckte den Arm aus und zog sie, noch ehe sie wusste, wie ihr geschah, an sich und bettete ihr Gesicht an seine Brust.
Wie von Sinnen setzte sie sich mit Händen und Füßen zur Wehr und schaffte es schließlich, sich zu befreien. Sie rannte auf Carlo zu und warf sich mit einem verzweifelten Aufschluchzen über ihn. Die Sanitäter wechselten einen hilflosen Blick und ließen sie gewähren.
Jack ging zu ihr. „Komm, Baby“, flüsterte er, während er sich neben sie niederkniete und den Versuch unternahm, sie von Carlo wegzuziehen. „Komm, Liebes …bitte.“ Sie hob ihm ihr tränenüberströmtes, blutverschmiertes Gesicht entgegen und starrte ihn blicklos an. Nun trat einer der Sanitäter auf sie zu, bückte sich zu ihr hinunter und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Es ist zu spät“, sagte er leise. „Sie müssen jetzt sehr tapfer sein.“
„Nein!“ kreischte sie wild aufschluchzend, „nein!“ Dann wirbelte sie zu Jack herum, ballte die Hände zu Fäusten und begann, in verzweifelter Raserei auf ihn einzuschlagen. Er fing ihre Fäuste ab und umklammerte mit eisernen Griff ihre Handgelenke.
„Es tut mir Leid, Baby“, flüsterte er mit gebrochener Stimme. „Es tut mir so Leid.“
Wieder schrie sie gequält auf und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. „Sag nie wieder, dass es dir Leid tut! Du bist dafür verantwortlich! Du hast ihn umgebracht!“ In ihren Augen stand blanker Hass.
Als er sich dessen bewusst wurde, ließ er sie los. Seine Arme fielen herab, und er starrte sie an, vor Entsetzen zur Salzsäule erstarrt. Er sah ihre Fäuste von neuem kommen, doch diesmal setzte er sich nicht zur Wehr. Ihre Beschuldigung hatte ihn mehr verletzt, als es ihre Fäuste je hätten können.
Mittlerweile war auch die Polizei eingetroffen. Ein Beamter zerrte Becky Lynn von Jack weg, sie kauerte sich schluchzend auf den Boden und legte ihre Stirn auf den harten Stein.
Den Blick noch immer auf Becky Lynn gerichtet rappelte sich Jack mühsam auf. In seinem Innern tobte ein Schmerz, wie er ihn nicht mehr verspürt hatte, seit sein Vater sein achtjähriges Herz mit Füßen zertrampelt hatte. Zitternd holte er Luft. Wie sehr sehnte er sich danach, Becky Lynn in den Arm zu nehmen und sie zu trösten, ihr ihre Trauer abzunehmen und ihr dafür seine eigene zu geben.
Jack spürte, wie einer der Beamten ihm eine Hand auf den Arm legte, doch er wandte sich nicht zu ihm um. Es gelang ihm einfach nicht, den Blick
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