Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
bis zur Grenze von Saramaa, und danach jene Karte des Landes, die in wenigen Atemzügen fertiggestellt war. Zum einen, weil man offensichtlich nicht viel über dieses Land wusste, und zum anderen, weil es wohl wenige Straßen und noch weniger Städte gab, die es einzuzeichnen lohnte. Fein säuberlich gefaltet landeten beide Karten in ihrer Reiselektüre. So würden sie keinem auffallen, der die Tasche – aus welchem Grund auch immer – durchsuchen mochte.
In dem Moment aber, da Victoria die Tasche verschloss, fiel ihr siedend heiß ein, dass sie die falsche Garderobe ihr Eigen nannte. Die Zofe hatte mit Sicherheit warme Sachen en masse eingepackt für die eisige Insel. Sie aber würde in ein Klima reisen, das nur Hitze und gleißende Sonne kannte. Schnell suchte sie zwei Blusen und zwei leichte Röcke heraus, legte sie flach zusammen undschob sie ganz unten in die Tasche. Mehr konnte sie nicht wagen mitzunehmen.
Die Anspannung wuchs nun mit jeder Minute, die verstrich. Victoria fühlte sich, als habe man sie in einen Kasten eingesperrt, aus dem man langsam die Luft absaugte. Tausend Fragen schossen durch ihren Kopf und mussten ignoriert werden, wollte sie nicht jeglichen Mut verlieren. Und schlussendlich sagte sie sich: Ich habe keine andere Wahl! Damit stellte sie entschlossen die Tasche neben die Tür.
Da an Schlaf nicht zu denken war, nahm sie einen Bogen Briefpapier heraus und begann, einen Brief an Gloria zu schreiben. Nicht nur, weil sie das Gefühl hatte, ihr eine Erklärung schuldig zu sein, sondern auch gewissermaßen als Schutzschirm. Jemand, dem sie absolut vertrauen konnte, musste wissen, wo sie sich aufhielt und was sie vorhatte. Dass Gloria ihre Eltern nicht informieren würde, dessen war Victoria sich sicher.
Aber sie hatte Geld und Einfluss genug, ihr zu helfen, wenn es notwendig werden sollte.
Vielleicht lag es an ihrer Anspannung oder der unterdrückten Müdigkeit, aber Victoria erschrak über sich selbst und ihre Kaltschnäuzigkeit. Andererseits musste sie in dieser Situation an alle Eventualitäten denken. Und die Hilfe von Gloria würde sich unter Umständen noch als notwendig erweisen.
Als sie unterschrieben hatte, faltete sie das Blatt und schob es in einen Umschlag. Sie ging in die Halle zu dem Tablett, dessen Inhalt am Morgen von einem Diener zur Post gebracht würde. Ihre Eltern hatten schon mehrere Umschläge dort deponiert, und sie schob den ihren dazwischen.
Victoria hatte begonnen, ihre Spuren zu verwischen.
Kapitel 9
Victoria Station war ein imposantes Gebäude, das einem Schloss glich und vom Ruhm des Eisenbahnzeitalters kündete. Als einer der größten Bahnhöfe des Empire, drängten sich hier bei Tag und Nacht die Reisenden. Vornehme Damen mit ihrer Dienerschaft neben Kofferträgern, die sich tagein, tagaus zwischen den Zügen abschleppten.
Victoria war allein. Hätte sie sich jetzt normalerweise unendlich verlassen gefühlt, so war es ihr in der augenblicklichen Situation mehr als nur willkommen, dass niemand sie begleitet hatte. Abgesehen vom Chauffeur, der ihr Gepäck an einen jener Kofferträger übergeben hatte.
Was Victoria an Bargeld hatte auftreiben können, befand sich nun in ihrem kleinen Täschchen, und aufgefüllt hatte sie ihre Barschaft, indem sie einen jener Pfandleiher aufgesucht hatte, die ihre kleinen, düsteren Läden in der direkten Umgebung des Bahnhofs hatten. Mit angehaltenem Atem hatte sie dem alten Mann, der mehr einer ägyptischen Mumie denn einem lebenden Menschen ähnelte, eine der mitgeführten Goldketten überreicht und mit zusammengepressten Lippen auf seine Reaktion gewartet. Sie hatte keine Ahnung, wie viel man für solch ein vergleichsweise schlichtes Schmuckstück erwarten konnte.
Als er aber murmelte: „Ich weiß nicht, ob ich so viel Geld da habe…“, schöpfte sie Hoffnung. Natürlich war ihr bewusst, hier zwischen all dem alten Trödel und den angelaufenen Uhren, dass er sie betrügen würde. Aber sie hatte keine Wahl. Der Preis für das Ticket im Orient-Express überstieg jenen für die Fahrkarte nach Schottland bei Weitem.
Der Pfandleiher grummelte, während er unter dem Ladentisch herumkramte. Er bediente sich einer fremden Sprache, die Victoria selbst dann nicht verstanden hätte, wenn der Alte nicht so gemurmelt hätte.
„Hm“, machte er schließlich unzufrieden und begann, einen dicken Stapel Geldscheine vor Victoria auf den Tisch zu zählen, doch nicht, ohne zuvor seinen geschwärzten Daumen mit breiter Zunge
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