Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
lösten viel mehr Entsetzen in Victoria aus, als diese sich hätte träumen lassen. Und zwar nicht nur, weil sie das Ziel der jungen Frau infrage stellte, sondern vielmehr, weil Victoria wusste, dass sie gar keine andere Wahl hatte als weiterzureisen. Sie konnte nicht mehr einfach umkehren und heimfahren. Bei ihren Eltern in den Salon marschieren und sagen: Es tut mir Leid. Ich habe Blödsinn gemacht. Hier bin ich wieder.
Denn im gleichen Moment stand Whitbys Bild vor ihr. Und ihr Herz schien sich bis ins Weltall auszudehnen. Jetzt war nicht nur ganz nebulös eine Kolonie in Gefahr, sondern der Mann, den sie liebte und begehrte wie keinen anderen. Wenn die Lage in Saramaa auch nur annähernd so bedrohlich war, wie Mrs. Ponsonby schilderte, und dies unkorrigiert durch ihren Mann, dann befand sich Whitby in akuter Lebensgefahr. War es aber dann nicht ihre Pflicht als liebende Frau, an seiner Seite zu sein? Wo sonst wäre ihr Platz, wenn nicht bei ihm? Nein. Es gab keine Alternative zu diesem Ziel!
„Unser nächster Halt ist in Mailand, Miss Stockbridge. Wir können Ihnen helfen, einen Zug zu finden, mit dem Sie nach Hause fahren können.“
Mailand! Victoria erstarrte. Sie musste eine Möglichkeit finden, die Reise fortzusetzen, ohne die Ponsonbys zu brüskieren. Sie schienen ehrlich besorgt und vermittelten Victoria so einen Eindruck der Haltung ihrer Landsleute in der Kolonie, von der sie bislang nur aus Erzählungen wusste.
Man saß im gleichen Boot, und darum galt es, einander in jeder Situation zur Seite zu stehen.
„Wenn es Ihnen an Geld mangeln sollte, springen wir selbstverständlich ein“, sagte Ponsonby, als sei dies eine Feststellung, die eigentlich vollkommen unnötig, da selbstverständlich war.
Victoria starrte auf ihren Teller. Sie brachte keinen Bissen mehr hinunter. Da waren plötzlich zwei Menschen, die sich offensichtlich mehr um sie sorgten als ihre eigenen Eltern, und sie belog die beiden.
„Es tut mir Leid. Ich weiß Ihr Angebot und Ihre Warnung wirklich zu schätzen und danke Ihnen von Herzen. Aber ich kann nicht umkehren.“
Plötzlich richtete sich Ponsonby auf. Seine Züge veränderten sich. Seine Miene wurde düster, und Victoria bekam eine Ahnung davon, wie sich seine Untergebenen fühlen mussten, wenn er sie sich zur Brust nahm.
„Töricht. Einfach nur töricht, Miss Stockbridge. Denhar ist kein Spielplatz für junge adlige Damen auf der Suche nach einem heiratsfähigen Offizier aus gutem Haus. Es ist auch kein Abenteuerurlaub. In Denhar wird gestorben. Jeden Tag. Und wenn die Hitze Sie nicht umbringt, tut es ein Aufständischer. Vergeben Sie mir meine offenen Worte, aber sie scheinen mir notwendig. Ich bin Offizier. Ich weiß, was ich dort unten tue und was auf mich zukommt. Sie aber, meine liebe junge Freundin, haben keine Ahnung. Ach was … da gibt es ja gar keine Diskussion. In Mailand setzen wir Sie einfach in den nächsten Zug nach Frankreich. Und wenn Sie wieder in England sind, können Sie sich überlegen, ob Sie nach Indien gehen wollen.“
Entschlossen legte er sein Besteck quer über den Teller und schob diesen leicht von sich. So, die Arme vor sich ausgestreckt, schaute er Victoria an, als erwarte er nichts anderes als Zustimmung. Ein mattes Kopfnicken und ein sich in das Schicksal Fügen.
Allerdings kannte er Victoria schlecht. Der Gedanke an Whitby setzte ungeahnte Kräfte in ihr frei. Sie hatte nicht all das unternommen, um nun – auf beinahe halber Strecke – umzukehren. Sie würde nach Denhar reisen. Mit der Zustimmung der Ponsonbys oder ohne. Aber sie hatte den Offizier einzuschätzen gelernt. Also richtete sie sich ebenso gerade auf wie er und bot ihm die Stirn.
„Mr. Ponsonby. Sir. Ich bin Engländerin! Und eine Engländerin hat sich noch nie einschüchtern lassen. Im Gegenteil! Ich habeentschieden, dass ich nach Denhar reisen werde. Und ich werde dort einen Gatten finden.“
Mrs. Ponsonby – das merkte Victoria sofort – wollte ihr ins Wort fallen. Doch da ihr Mann noch immer bewegungslos den Worten der Mitreisenden lauschte, hielt sie sich zurück.
„Aber ich suche nicht nur einen Mann, der mich ernährt und Kinder mit mir zeugt. Ich suche einen Mann, dem ich eine Stütze sein kann. Ein Mann, der Tag für Tag für unser Empire sein Leben einsetzt. Dieser Mann soll nicht mehr allein kämpfen müssen! Wenn er nach Hause kommt, soll er nicht mehr in eine leere, kalte Stube kommen, sondern in sein Heim. Und dieses Heim, wo er sich stärken und
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