Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
plötzlich eine Frau in ihrem Gesichtsfeld auftauchte. Victoria schenkte ihr keine besondere Aufmerksamkeit, doch auf einmal ergriff diese mit einer schnellen Bewegung Victorias Hand, die auf dem Fenstergriff lag, und zerrte sie an sich. Instinktiv wollte Victoria sich losmachen, doch die Frau war stark und hatte bereits ihren Handteller nach oben gedreht.
„Zukunft … Miss … ich Zukunft sagen …“, sagte sie in einer Mischung aus Aufforderung und Stolz auf ihr Können.
Ponsonby aber sprang auf und herrschte die Frau in dem bunten Kopftuch mit kleinen goldenen Glöckchen grob an. „Nimm deine Finger von der Dame!“
„Ich Zukunft sagen junger Mylady …“
Vielleicht war es der Blick, den die Wahrsagerin ihr zuwarf, oder auch Ponsonbys unbeherrschtes Verhalten, aber Victoria ließ ihre Hand, wo sie war. Ja, sie reckte sich sogar ein wenig, damit die Frau besser sehen konnte.
„Lassen Sie sie nur, Oberst Ponsonby. Ich bin neugierig!“
„Mit solcherlei Dingen spaßt man nicht“, mahnte seine Frau, die ebenfalls aufgestanden war und die Vorgänge interessiert betrachtete.
Die Zigeunerin, denn um eine solche handelte es sich, strich mit sanfter Fingerspitze über die feinen Linien in Victorias Hand. Als lese sie wahrhaftig etwas in ihnen, blickte sie zwischen jenen Linien und Victorias Augen hin und her.
„Ooooh … gute Linien. Langes Leben mit viel Glück für junge Mylady. Ich sehe großen, schönen Mann. Kommen direkt auf junge Mylady zu.“
„Das wird der Schaffner sein“, kommentierte Ponsonby, der offensichtlich ungehalten war, dass man ihn so in die Schranken gewiesen hatte.
„Scht …“, machte seine Frau, und er schwieg.
„Ja … und viele gesunde Kinder. Viel Glück … ganz viel Glück!“, strahlte die Zigeunerin.
Victoria war trotz der positiven Sicht ein wenig enttäuscht, denn still und heimlich hatte sie sich anderes erhofft als nur den üblichen Schabernack solcher Leute. Doch gerade, als sie die Hand zurückziehen und ein paar Münzen aus ihrer Tasche nehmen wollte, verstärkte die Frau energisch ihren Griff. Als habe sie eine Phrase abgedroschen und festgestellt, dass diese Klientin Besseres verdiente, drückte sie nun Victorias leicht verspannte Finger auseinander. Konzentrierte sich mit in Falten gelegter Stirn und studierte intensiv, was sie sah. Scheinbar unzufrieden mit dem Ergebnis, gab sie Victoria zu verstehen, sie wolle auch die andere Hand sehen. Die Zigeunerin betrachtete die andere Hand und wandte sich dann wieder der ersten zu.
„Junge Mylady gehen großes Risiko ein. Ein Schritt zu schnell getan … birgt große Gefahr. Nehmen in Acht vor Mann auf schwarzes Pferd …“
„Schwarzes Pferd … Herr im Himmel!“, unkte Ponsonby halblaut.
Victoria aber schnürte es den Hals zu.
„Offizier … ich sehe Offizier … gefährlicher Mann. Blut kleben an Hände. Aber Offizier haben Angst … Teil seines Herzens furchtsam.“
„Ein furchtsamer Offizier? Welche Frechheit!“, stieß Ponsonby hervor.
„Sein Teil was gehören junger Mylady. Du müssen vorsichtig sein mit Herz … sonst großes Katastrophe. Zerstören viele Leben sonst.“
Ihr Blick haftete auf Victoria, die sich mit angehaltenem Atem gegen die heruntergelassene Scheibe presste. Der Blick aus den schwarzen Augen der Zigeunerin wurde noch intensiver, als sie beinahe zischte: „Du kehren um!“
Im gleichen Moment setzte sich der Zug stampfend in Bewegung. Die Leute traten einen Schritt von den Gleisen zurück, nur die Zigeunerin hielt noch immer Victorias Hand. Ja, mittlerweilemusste sie sogar mitlaufen, den Blick immer noch fest mit dem Victorias verwoben.
„Du kehren um!“, rief sie immer lauter, während der Zug an Fahrt aufnahm, und hielt die Hand bis zum letzten Moment.
Victoria aber beugte sich sogar noch aus dem Fenster und starrte die immer kleiner werdende Frau an, die ihr nachsah, bis der Zug den Bahnhof weit hinter sich gelassen hatte. Es war Mrs. Ponsonby, die sich schließlich fasste, Victoria ein wenig zur Seite schob und das Fenster schloss.
„Jetzt setzen wir uns wieder hin“, sagte sie im Ton einer geduldigen Gouvernante, doch ihre junge Mitreisende ließ sich nicht dazu bewegen. Zwei eiserne Pranken hielten ihr Herz und ihren Geist unerbittlich umklammert.
„Gesindel“, knurrte der Colonel.
„Ich verstehe diese Frau nicht“, sagte seine Gattin und schüttelte den Kopf, während sie in ihrer Tasche nach einer Zigarette kramte, die sie in eine lange Spitze steckte
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