Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
offensichtlichen Würdenträgern, die an seinen Seiten saßen und ihre Gesichter Victoria zuwandten. Sie saugten an langen Röhren, die aus bizarr geschwungenen Flaschen kamen, und bliesen von Zeit zu Zeit kleine Wolken in die Luft. Abwartende Ruhe lag über den Männern, die scheinbar keine Eile kannten. „Ein Gentleman rennt niemals“,daran fühlte Victoria sich augenblicklich erinnert, wenn diese Männer in ihren Kaftanen auch wohl kaum unter die britische Definition von
Gentleman
gefallen wären.
Wie sie es unter Schlägen gelernt hatte, senkte sie nun rasch ihre Blicke und fokussierte die Fäden jenes Teppichs, auf dem sie stand. Nur aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass jener Mann in Weiß, der wohl so etwas wie der Anführer oder auch eine Art Fürst war, sich geschmeidig erhob und auf sie zukam. Er benutzte offensichtlich ein Rasierwasser, das jenen Düften zum Verwechseln ähnelte, mit denen man das Innere des Zelts parfümierte. Es verzauberte sie, als der Duft immer intensiver wurde, je näher er ihr kam.
Die Ruhe, welche er ausstrahlte, übertrug sich auch auf Victoria, und so zuckte sie wie unter körperlichem Schmerz zusammen, als er zornige Worte in jener fremden Sprache zischte, die sie nicht verstand. Wie von einem Blitz getroffen sprangen selbst die ältesten der anwesenden Männer auf und eilten mit schnellen Schritten hinaus, wobei so mancher Kaftanstoff sie im Vorbeieilen berührte, so eilig hatten sie es, seinem Befehl Folge zu leisten.
„Was in Dreiteufelsnamen tust du hier?“
Jetzt blickte Victoria auf. Ihre Knie gaben nach, und ihre Füße hielten sie nicht mehr am Boden. Sie bekam keine Luft mehr, und der Raum wirbelte um sie herum. Ein heftiges Zittern erfasste sie, und ihr Blut verwandelte sich in eine nur noch zäh fließende Masse.
„Wer hat dich geheißen, hier aufzutauchen? Bist du vollkommen verrückt?“ Hatte er zuvor nur gezischt, brüllte er jetzt immer lauter.
Victoria sah in seine Augen. In jene herrlichen Augen, die in all ihren Träumen gewesen waren und die jetzt zornige Blitze auf sie abschossen. Die kräftigen Brauen. Die vollen Lippen unter der geraden Nase. Sie schienen nur noch aus Hass und Wut zu bestehen. Er hatte jenes Tuch heruntergerissen, das bis jetzt sein gesamtes Gesicht, von den Augen abgesehen, verdeckt hatte.
Er schrie sie nieder, gab ihr nicht den Hauch einer Chance zur Erklärung oder gar Gegenrede Hatte Victoria zu Beginn seiner Tirade noch das eine oder andere Mal Luft geholt, um etwas zu sagen, so gab sie bald auf. Nicht zuletzt, weil sie vollkommen überwältigt war von jenem Glücksgefühl, das durch nichts zu trüben war und das mit jedem Atemzug das düstere Erschrecken vertrieb, das sie bis dahin empfunden hatte. Bis zu jenem Moment,da sie erkannt hatte, dass er von den Toten zurückgekehrt war. Whitby!
Erst die plötzlich eintretende Stille ließ sie ihre Gedanken in die Wirklichkeit, in dieses Zelt zurückkehren. Seine Stimme erklang, leise, beinahe zischend, wie die Geräusche einer Schlange.
„Wer hat dich geschickt?“
Es war weniger eine Frage denn eine Anklage. Eine Unterstellung so ungeheuren Ausmaßes, dass es Victoria den Atem raubte. Im nächsten Moment packten eiserne Klauen sie bei den Schultern. „Wer dich geschickt hat, will ich wissen? Der Generalstab? Der Geheimdienst? … WER?“
Sie taumelte. Bebte. Ein heftiges Zittern erfasste sie und machte jedes Wort unmöglich.
„Was wollen sie?“, stieß Whitby hervor, eine mögliche Antwort übergehend. „Haben sie dich geschickt, damit du mich verführen sollst? Bist du eine Mata Hari? Erst mich bezirzen und dann aushorchen? Wollen sie Angriffspläne oder genügt ihnen zu hören, wen ich ficke?“
Das letzte Wort kannte sie nur aus dem Wortschatz von männlichen Dienstboten der untersten Stände, und es schockierte und beschämte sie, es aus seinem Mund zu hören.
Indem er seine Hände von ihren Armen nahm, stieß er sie ein wenig von sich und nahm dann einen unruhigen Marsch durch das weitläufige Zelt auf. Offensichtlich grübelte er, zu welchem Zweck man Victoria geschickt hatte. Wie viel der Feind bereits herausgefunden hatte und möglicherweise nicht zuletzt, wieso sie sich überhaupt hatte instrumentalisieren lassen. Dass er zu einem Entschluss gelangt war, erkannte die nervöse junge Frau daran, dass er plötzlich innehielt und sie anstarrte.
„Gut. Sie haben dich geschickt. Du hast es bis hierher geschafft. Also bleibst du da. Du sollst ihnen
Weitere Kostenlose Bücher