Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
herum sah und praktisch keinen Weg mehr. Da stürzte alles auf sie ein. Ihr Kopf begann zu dröhnen, als habe man begonnen, über ihr eine gewaltige Glocke zu läuten. Der Weg war praktisch verschwunden, und sie machte sich beinahe mit Gewalt klar, dass sie sich völlig verstiegen hatte. Nicht nur, dass sie keine Ahnung mehr hatte, in welche Richtung sie gehen sollte, ihr war auch klar, dass – sollte sie diesen Berg jemals überwinden können – ohne Pferd ein Erreichen der Garnison praktisch unmöglich war.
Wollte sie die Tageshitze meiden, musste sie im Dunkeln laufen. Doch wie sollte sie den Weg finden? Verdreckt und verzweifelt, mit tosenden Kopfschmerzen und von Tränen verschmiertem Gesicht, rutschte sie an einem Felsen herab in die Hocke. Victoria umklammerte ihre Knie und weinte hemmungslos. Wo war nur Ali, der sich hier auskannte wie in seiner Westentasche? Wie hatte sie nur glauben können, dass ihr die Flucht gelingen könnte? Sie beschimpfte sich selbst mit allen Kraftausdrücken, die sie je gehört hatte und derer sie sich erinnerte. Schlug mit der flachen Hand gegen den warmen Stein. Aber es gab keinen Ausweg.
„Gut. Wenn es so sein soll, dann sterbe ich eben hier!“, sagte sie ebenso laut wie trotzig. Mühte sich wieder auf die Füße und sah sich um. „Aber nicht kampflos!“
Ihre Blicke wanderten im Kreis. Plötzlich erkannte sie einen kleinen Pfad, wenig mehr als eine Kerbe im Fels. Dort würde sie langgehen und sehen, wie weit ihre Kraft noch reichte. Sich rechts und links abstützend, tappte sie vorwärts, duckte sich unter überhängendenSteinen und ging so langsam durch den zerklüfteten Berg. Es gab nichts mehr, woran sie sich orientieren konnte.
Hatte Victoria schon tiefste Furcht während des Wegs inmitten des gewaltigen Bergs empfunden, so wich diese Furcht einem regelrechten Schock, als sie sich plötzlich auf einem winzigen Plateau wiederfand. Vor ihren Zehenspitzen erstreckte sich eine goldene Ebene. Kein Zelt war zu erkennen. Nichts als endlose Dünenkämme und Senken, die sich unter dem strahlend blauen Horizont dahinzogen. Wäre nicht der harte Stein in ihrem Rücken gewesen, gegen den sie sich mit flauem Magen presste, die Szenerie wäre ihr wie ein wunderbarer Traum erschienen.
Mit vorsichtigen Seitschritten glitt sie an dem Felsen entlang, die Blicke starr zur Seite gerichtet. Einzelne Brocken, von ihr losgetreten, rollten in den Abgrund. Victoria hörte keinen Aufschlag, was ihr einen Eindruck von der Tiefe gab, die sich unter ihr öffnete. Als sie das Plateau hinter sich gelassen hatte, atmete sie mit geschlossenen Augen langsam durch. Jetzt erst bemerkte sie das heftige Zittern, das sie erfasst hatte. Sie fröstelte, wenn auch ihr Körper zu glühen schien.
„Lieber Gott im Himmel, lass mich überleben! Egal, was ich dafür tun muss … aber lass mich wieder heimkommen!“, flüsterte sie.
Tränen der tiefsten Verlassenheit, der finstersten Verzweiflung flossen stumm über ihre Wangen. Ihre Zunge suchte die ausgetrockneten Lippen zu benetzen, doch es ging nicht. Welche Tortur, die Whitby ihr zufügen mochte, konnte es mit jenem Abgrund in ihrem Herzen aufnehmen, den sie in diesem Moment empfand?
Jedes Beduinenzelt erschien ihr wie ein Paradies. Der Gedanke, nur einen einzigen Schluck Wasser trinken zu dürfen, wie ein Geschenk des Himmels.
„Ich will hier nicht sterben. Nicht hier …“
Doch war dies nicht der beste Ort für den Tod? Konnte sie Gott je näher kommen, als an diesem Felsen, mitten in einem goldenen Meer? Und auf einmal, während dieser Nacht ihrer Seele, ging ein Ruck durch ihren Körper.
„NEIN!“, stieß sie ebenso empört wie entschlossen hervor. Sie würde kämpfen! Weitergehen, bis sie keinen Fuß mehr vor den anderen setzen konnte. Und so stolperte Victoria mehr als sie ging auf jenem schmalen Pfad weiter, der sie ins Nichts zu leiten schien. Mit jedem Schritt verloren sich ihre Gedanken, ihre Gefühle. Jegliche Angst fiel von ihr ab. Eine lebende Tote, so kam sie sich vor.Mechanisch wie eine aufziehbare Puppe kletterte sie über Steine und wand sich um Felsen. Ein merkwürdiges Gefühl des Triumphs stellte sich ein, als sogar der Durst schwand. Ihr Körper schien sich auszudehnen und dann aufzulösen. Eins zu werden mit der Natur, die sie umgab. Sie wollte jubeln. Der Sonne ihre Arme entgegenstrecken. Die Luft flirrte, und vor ihren Augen funkelte die Welt.
Und dann sah sie es: einen grünen Smaragd zu ihren Füßen. Victoria blinzelte
Weitere Kostenlose Bücher