Gefangene Seele
vorüber war, blieb er erschöpft liegen. Fast in demselben Augenblick wurde ihm bewusst, dass sein ganzes Gewicht auf ihr lag.
“Oh Gott … oh Jade … Ich kann mich nicht bewegen. Gib mir noch eine Minute. Habe keine Angst.”
Sie lachte ihm leise ins Ohr, als sie ihn an sich drückte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es so sein würde. Noch nicht einmal, als sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten. Damals hatte sie solche Angst gehabt zu versagen, dass sie sich nicht darauf konzentrieren konnte, worum es beim Sex eigentlich ging.
Aber jetzt wusste sie es. Es ging nicht darum, einem Liebhaber seinen Körper anzuvertrauen, sondern auch, sich selbst zu vertrauen und loszulassen. Sie wusste, dass sie in Luke verliebt war, aber bis zu diesem Moment hatte sie nicht geahnt, wie tief ihre Gefühle für ihn waren. Sie liebte einen Mann, mit dem sie sie selbst sein konnte.
“Angst? Vor dir kann ich keine Angst haben. Das war schön. Das war so schön. Danke, dass du mich liebst. Aber noch wichtiger ist, dass ich dir dafür danke, dass du mich hast so reif werden lassen, dass ich dieses Geschenk annehmen kann.”
“Sehr gern geschehen”, flüsterte er. “Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich dir danken sollte.”
Sie erschauderte, denn sie wusste, dass sie ihm Lust bereitet hatte. Sie legte ihre Arme um seinen Nacken und seufzte – vollkommen vom Glück erfüllt.
Luke hielt sie fest und weigerte sich, sie gehen zu lassen. Es schien in einem anderen Leben gewesen zu sein, als er sie zum ersten Mal auf dem Fußboden des Gemeindehauses gesehen hatte. Vielleicht war seitdem die Zeitspanne eines Lebens vergangen. Sicherlich führte sie jetzt ein ganz anderes Leben. Das Kind, das sie mit sechs Jahren gewesen war, war mit dem Tod von Margaret gestorben, so wie das Herz ihrer Mutter zu schlagen aufgehört hatte. Sie hatte nur die Hülle für eine Seele hinterlassen, die die folgenden Jahre allein überstehen musste. Aber das kleine Mädchen hatte es geschafft durchzukommen, und weil es ihm gelungen war, hatte sie gelernt, eine Frau zu sein.
Luke seufzte. “Ich habe überlegt, dich zu fragen, ob du mich heiraten willst”, murmelte er.
“Ja.”
Sein Herz schlug schneller. Dann grinste er. “Ich sagte, ich wollte dich fragen … ich habe es noch nicht getan.”
“Ich habe dir nur Zeit gespart”, antwortete sie und griff dann nach den Bettdecken, um sie über ihre beiden nackten Körper zu ziehen.
Luke lächelte, als er sah, wie Jades Augenlider flatterten und sich ihr Mund entspannte. Plötzlich erinnerte er sich daran, dass er sie etwas fragen wollte.
“Jade?”
“Hmm?”
“Vorhin, was war das, was du über Regen und Engelstränen sagtest?”
“Mmm-hmm.”
“Also, glaubst du, dass Engel weinen können? Der Himmel soll doch ein fröhlicher Ort sein.”
Sie seufzte und richtete sich dann auf einen Ellenbogen auf, damit sie ihn ansehen konnte.
“Sieh mal … ich habe nicht davon gesprochen, dass Engel wirklich weinen können. Es war nur eine Metapher. Ich glaube einfach, dass es meine künstlerische Seite ist, die alles als Drama sieht. Wenn es regnet, dann sehe ich den Regen so, als sei er Tränen von Engeln.”
“Wenn das so ist, warum weinen sie dann?”
“Sie weinen für all die verlorenen Kinder, die sich selbst nicht beweinen.”
“Ich habe um dich geweint”, gab Luke zurück.
Sie berührte sein Gesicht und dann seine Brust, hinter der sein Herz in einem gleichmäßigen Rhythmus schlug.
“Ich weiß, Liebling. Ich habe es gehört, und es hat mir geholfen.”
EPILOG
S am Cochrane hatte fast sein ganzes Leben gebraucht, um sich das Vermögen zu erarbeiten, das er nun sein Eigen nannte. Seine Tochter, Jade Cochrane Kelly, hatte nur fünf Jahre gebraucht, um dasselbe zu erreichen. Ihre Kunst war gefragt, ihre Signatur der Bilder, ihr Fingerabdruck, konnte nicht nachgemacht werden, und all das hatte nach der Geburt ihrer Tochter Amy Ann begonnen.
Luke und Jade hatten noch vor Weihnachten geheiratet, das sie zum ersten Mal nach all den Jahren zu Hause feierte. Sam hatte sie eingeladen, einfach dort wohnen zu bleiben, und sie hatten sein Angebot angenommen. Wie Sam immer betonte, war das Haus riesig, und eines Tages würde es Jade sowieso erben.
Sam gab zu, dass seine Einladung auch eigennützig war und dass er es den beiden nicht übel nehmen würde, wenn sie ablehnten. Aber Luke hatte den flehenden Blick von Sam bemerkt, und er hatte begriffen, wie schwer es Sam
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