Gefechte der Leidenschaft
dahin.
Erst als der Übungsplatz außer Sicht war, fiel ihr ein, dass sie sich genau hätte merken sollen, wer von den Männern dort unter den Pecannussbäumen dabei gewesen war. Von denen hatte ihr zumindest keiner folgen können. Monsieur da Silva, Celinas Verlobter, war dort gewesen, da war sie sich sicher, und ebenso Nicholas Pasquale. Auf die anderen hatte sie nicht geachtet. Um ehrlich zu sein, hatte sie in ihrer Verlegenheit kaum einen genauer angesehen.
»Na, das war aber aufregend«, sagte Maurelle vergnügt.
»Vielleicht ein wenig zu sehr«, entgegnete Lisette.
»Ja, stimmt. Aber auch sehr anregend, muss ich sagen. Ich möchte wissen, ob uns für den restlichen Aufenthalt hier noch etwas ähnlich Interessantes einfällt.«
Fünfzehntes Kapitel
Die Proben für das geplante Theaterstück nahmen den ganzen Nachmittag in Anspruch. Während sich die Damen mit Begeisterung und beachtlichem Talent in die Arbeit stürzten, waren die Herren nicht sehr eifrig bei der Sache. Sie erklärten sich erst nach viel gutem Zureden bereit, überhaupt Rollen zu übernehmen. Caid war keineswegs entzückt, dass man ihm den Part des feurigen Liebhabers der — von Lisette gespielten — jugendlichen Naiven zugedacht hatte. Er vermutete stark, dass hier Maurelle als Intendantin wieder einmal ihrem Sinn für Ironie freien Lauf gelassen hatte. Zwar hütete er sich, vor Lisette und den übrigen Damen seinen Unmut offen zu zeigen, hatte aber diesbezüglich gegenüber den anderen Fechtmeistern keinerlei Hemmungen.
»Sei doch nicht so ein Sauertopf«, sagte Blackford, der das Glück hatte, nicht mitspielen zu müssen, und seine blauen Augen funkelten vor Vergnügen. »Es ist ein klassisches Stück mit witzigen und recht intelligenten Dialogen, das einem viele Gelegenheiten bietet, den Damen zu imponieren. Du musst nur aus dir herausgehen, dann wird es dir schon Spaß machen.«
»Glaube ich kaum.« Fast hätte Caid hinzugefügt, der Engländer könne ja seine Rolle übernehmen, doch er hielt sich gerade noch zurück. Die Rolle mit Lisette als Partnerin würde Blackford womöglich allzu viel Spaß machen.
»Du könntest den jungen Francis ja deine Rolle übernehmen lassen, wenn du so sehr dagegen bist. Ich bin sicher, er wäre erfreut.«
»Wahrscheinlich«, antwortete Caid mit düsterem Blick. »Ihn stört es anscheinend nicht, sich zum Narren zu machen.«
»Das willst du also auch nicht? Dann gibt es wohl keinen Ausweg für dich. Soll ich dir helfen, deinen Text zu lernen? Meine Stimme klingt zwar kaum nach einer jungen Maid, aber ich könnte es zumindest versuchen.«
»Nur zu, macht euch nur über mich lustig«, knurrte Caid und war! den anderen unter gesenkten Lidern einen drohenden Blick zu. »Das nächste Mal werde ich dafür sorgen, dass Maurelle euch auch Rollen gibt.«
»Ich habe schon eine, mein Freund«, entgegnete Blackford unbeeindruckt. »Ich muss die mühsame Arbeit des Souffleurs übernehmen.«
Sie saßen auf der Galerie, die Füße auf das Geländer gelegt, ein Glas Claret in der Hand. Es war die Zeit der >blauen Stunde< -lbeure bleu — die sich in diesem Fall auf die wenigen Minuten beschränkte, die zwischen Sonnenuntergang und dem Angriff der Moskitos lagen, zwischen Siesta und der Zeit des abendlichen Zeitvertreibs. Die meisten von Maurelies Gästen waren in ihren Zimmern und kleideten sich für die Unterhaltungen um, die der Abend bringen mochte. Heute sollte eine Probe stattfinden und danach würden sie ein spätes Abendessen einnehmen. Zu Mittag hatte es ein üppiges Mahl mit frischem Gemüse, Geflügel, Schweine- und Rindfleischgerichten gegeben - all den Speisen, die eine große, ertragreiche Plantage hergab und die in ihrer Fülle keine Wünsche offen ließen.
Blackford lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Finger hinter dem Kopf. »Da gibt es noch etwas, was ich dich fragen wollte, O’Neill. Wie stehst du eigentlich zu der hübschen Madame Moisant? Du weißt ja, dass ich ein bisschen später dazugestoßen bin und des-halb die Situation und die Rolle, die du dabei spielst, nicht genau kenne.«
»Ich spiele überhaupt keine Rolle. Davon kann zum jetzigen Zeitpunkt gar keine Rede sein.«
Blackford schaute ihn nachdenklich an. »Nun gut, aber diejenigen, die sich jetzt bei ihr beliebt machen, stehen ganz vorn in der Reihe, wenn die Trauer erst einmal vorbei ist. Also umschwirren sie die Dame wie Fliegen den Honigtopf und du stehst daneben und schlägst nach allen, die ihr zu
Weitere Kostenlose Bücher