Gefechte der Leidenschaft
nahe kommen. Da könnte man fast meinen, dass du sie für dich allein haben möchtest.«
»So ein Blödsinn,« erwiderte Caid in schroffem Ton. »Ich wache nur vorübergehend über das Wohlergehen der Dame.«
»Du beschützt sie vor den Nachstellungen durch ihren Schwiegervater, so viel habe ich mitbekommen. Aber bist du sicher, dass sie dir wirklich nichts bedeutet?«
»Um meine Gefühle geht es dabei nicht.«
Blackford warf ihm aus den Augenwinkeln einen abschätzenden Blick zu. »Ich glaube, da irrst du dich.«
Caid erwiderte den Blick des Engländers, sagte aber nichts.
Da schürzte Blackford die Lippen und fuhr fort: »Wenn du doch nicht unparteiisch bleiben kannst, alter Junge, wie willst du dann dafür sorgen, dass sie die richtige Wahl trifft — oder überhaupt eine Wahl?«
»Kann es sein, dass du auch dein Glück versuchen willst?«
»Das wäre schon verlockend, aber ich stehe dir lieber auf der Fechtbahn als auf dem Duellplatz gegenüber.«
»Ich will dich nicht davon abhalten«, sagte Caid aufgebracht.
»Nein?« Blackford schwieg für einen Moment und fuhr dann fort: »Vermutlich nicht, aber ich bin als Kandidat nicht besser geeignet als du.« »Du bist zumindest aus gutem Hause.«
»Das kann mir gestohlen bleiben, obwohl mein älterer Bruder und vor allem mein Vater das wohl etwas anders sehen.«
»Ein englischer Adliger, der bescheiden ist — ich wusste nicht, dass es so etwas gibt«, bemerkte Caid verwundert.
»Eher realistisch als bescheiden. Man kann sich kaum eine niedrigere Stellung als die eines jüngeren Sohnes denken.«
Caid glaubte, für einen Sekundenbruchteil Schmerz im Auge des Engländers aufblitzen zu sehen. »Ich dachte immer, jüngere Söhne seien für das Militär bestimmt. Wie bist du diesem Schicksal entgangen?«
»Ich war ein kränkliches Kind und völlig undiszipliniert. So würden es manche ausdrücken. Ich würde eher sagen, dass ich noch nie gern Befehlen gehorcht habe.«
»Besonders, wenn sie von einem älteren Bruder kamen?«, fragte Caid aufs Geratewohl.
»Du sagst es. Aber ich glaube, wir wollten nicht über meine Fehler reden. Welche Absichten hast du denn nun genau gegenüber der Dame?«
»Nur ehrliche und anständige. Und du?« Caid konnte die Antwort kaum abwarten.
»Oh, ich habe überhaupt keine Absichten. Ich habe nur überlegt, welcher Bewerber der Richtige wäre.«
»Gar keiner«, erwiderte Caid knapp.
»Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete der Engländer mit selbstzufriedenem Lächeln.
In der zunehmenden Dämmerung bedachte Caid ihn für diese Anzüglichkeit mit einem entrüsteten Blick, sagte jedoch nichts, da er nicht noch mehr über sich verraten wollte als schon geschehen.
Die Probe für das Stück verlief im Großen und Ganzen wie erwartet. Die Mitwirkenden kämpften sich durch ihre Rollentexte, die sie von Zetteln ablasen. Rio als Sir Peter
Teazle und Celina als Lady Teazle legten ihre Rollen hoch dramatisch an und sanken einander am Schluss so innig in die Arme, wie es das Stück verlangte. Neville Duchaine spielte den aalglatten Glücksritter, der sich bei Lady Teazle einschmeichelt, um an ihr reiches Mündel Maria heranzukommen, und damit die Eifersucht des älteren Ehemannes der Lady erregt. Er war so gut in seiner Rolle, als sei sie für ihn geschrieben worden. Und La Roche als Sir Oliver Surface, Wohltäter und lange verschollener reicher Onkel von Marias ehrenwertem Freier Charles, wirkte erstaunlich vertrottelt und gebrechlich für ein so kräftiges Mannsbild.
Blackford hatte sich lässig auf das Sofa geworfen und streckte die Beine von sich. Er verfolgte die Bewegungen der Schauspieler und warf nur hin und wieder eine Bemerkung oder einen Ratschlag ein, da noch niemand einen Souffleur benötigte. Erstaunlicherweise machte er seine Sache ganz gut.
Während die Theatergruppe solcherart im Morgenzimmer im hinteren Teil des Hauses beschäftigt war, vergnügten sich die übrigen Gäste im großen Salon. Caid, den man auf die Suche nach Requisiten geschickt hatte, fand, dass sie es sich sehr gemütlich gemacht hatten. Agatha stichelte an etwas herum, das einen Reifrock hatte und anscheinend ein Kostüm für Lisette abgeben sollte. Francis Dorelle saß brütend in einer Ecke. Er war verstimmt, weil man ihm keine Rolle gegeben hatte, und verfasste ein neues Gedicht, um seine verletzten Gefühle zu besänftigen. Gustave Bechet saß neben seiner Mutter auf einem Sofa und hielt eine Schüssel mit Pecannüssen auf dem Schoß. Mit
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