Gefechte der Leidenschaft
doch von diesem Mann wusste — außer Gerüchten. Lisettes Handflächen wurden feucht und sie wischte sie verstohlen an der Decke ab.
»Es ist unmöglich«, sagte Caid O’Neill über die Schulter. »Das müssen Sie doch einsehen.«
»Das sehe ich überhaupt nicht ein. Sie haben mich in diese Lage gebracht, Sie sind es mir schuldig, mich da wieder herauszuholen.«
»Ihnen schuldig?«, fragte er mit trügerisch sanfter Stimme und drehte sich wieder zu ihr um. »Das müssen Sie mir nun wirklich erklären.«
Die sehr männliche und nicht ungefährliche Kraft, die von ihm ausging, berührte Lisette. Ihr Herz schlug jetzt zum Zerspringen. »Ich meinte nur, wo Sie mir doch den Mann genommen haben ...«
»Genommen ist in diesem Zusammenhang ein etwas merkwürdiger Ausdruck.«
»Wäre es Ihnen lieber, ich hätte >ermordet< gesagt?« Die Augen des Fechters verengten sich und sie fuhr hastig fort: »Nein, bitte. Ich weiß ja, dass es mit dem Duell seine Richtigkeit hatte. Außerdem hätten auch Sie sterben können. Dennoch bin ich durch Eugenes Tod der Gnade meines Schwiegervaters ausgeliefert und dafür sind Sie verantwortlich.«
»Nun gut, das will ich zugeben. Und was weiter?«
Sie wandte den Blick wieder ab. »Ich traue mich kaum es auszusprechen, es klingt so ...«
»So was? Albern?«
»Verrückt. Es klingt verrückt und keiner wird es mir glauben.«
»Probieren Sie es an mir aus«, schlug er vor.
Lisette biss sich auf die Unterlippe und starrte geradeaus. An der Wand hing in Augenhöhe ein Kruzifix aus Elfenbein mit einer sehr realistisch dargestellten Christusfigur. Ihr Blick glitt davon fort und streifte eine Frisierkommode mit Stoffbehang, einen Wandschirm aus Bambusgeflecht und einen großen Mallardschrank mit geschnitzten Türfeldern. Nichts davon half ihr, weitere Ausflüchte zu ersinnen. »Ich glaube, das heißt, ich bin mir fast sicher, dass mein Schwiegervater mich in den Wahnsinn treiben will. Oder vielmehr will er die Leute glauben machen, dass mein Geisteszustand immer schlechter wird und ich daher nicht mehr in der Lage bin, mich um meine Geldangelegenheiten zu kümmern.«
Als Caid nicht antwortete, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und schaute ihm ins Gesicht. Er sah sie mit gerunzelter Stirn an.
»Ich habe es Ihnen ja gesagt, es ist kaum zu glauben«, sagte sie mit stockender Stimme.
»Wie kommen Sie auf diese Anschuldigungen?« »Er spricht mit mir wie mit einer Geisteskranken und zwingt mich immer wieder, irgendein Gebräu zu trinken, in das er wahrscheinlich Alkohol und Beruhigungsmittel gemischt hat. Schon öfter, wenn er Gäste hatte, wurde ich in meinem Zimmer eingesperrt, damit ich mich nicht im Salon zeigen konnte. Später erzählten mir die Dienstboten, er habe mich bei den Gästen damit entschuldigt, dass ich durch eine Nervenschwäche indisponiert sei. Was ich nicht war, das kann ich Ihnen versichern. Ich bin nicht nervös und war es auch nie.«
»Dieser Vorfall heute Abend — oder vielmehr gestern Abend, da es ja schon fast Morgen ist... Sie lagen also nicht auf dem Grab, weil Sie die Absicht hatten, ihrem Mann in den Tod zu folgen?«
»Nein!« Sie schauderte bei der bloßen Vorstellung.
»Wie sind Sie dann auf den Friedhot gekommen?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich hätte nicht einmal gewusst, dass Sie mich dort gefunden haben, wenn ich nicht gehört hätte, wie Madame Herriot es Dr. Labatut erzählte.«
»Sie haben auch kein Laudanum getrunken?«
»Aber nein!«
»Sind Sie da sicher?«
Sie starrte ihn ungläubig an. »Selbstverständlich bin ich sicher! Ich will ganz bestimmt nicht sterben.«
»Was haben Sie zum Abendessen getrunken? Wein? Kaffee?«
»Natürlich. Das tut doch jeder, oder?«
»Hatte etwas davon einen eigenartigen Geschmack?«
»Nicht, dass ich wüsste, aber für mich schmeckt mittlerweile alles nach den Mittelchen, die man mir seit ein paar Wochen einflößt.«
»Ja«, murmelte Caid nachdenklich, »so könnte es passiert sein.«
»Sie glauben mir also?« Lisette wagte die Frage kaum zu stellen.
Er antwortete nicht, sondern starrte sie nur mit verwirrender Eindringlichkeit an und ließ dann seinen Blick von ihrem Gesicht zu ihren Schultern und über die Wölbung ihrer Brüste gleiten. Als sie an sich hinunterblickte, bemerkte sie, dass sich das geborgte Nachthemd dicht an ihren Körper angeschmiegt hatte. Unter dem Stoff zeichneten sich überdeutlich ihre weiblichen Rundungen ab — bis hin zu den kleinen vorspringenden Brustwarzen. Einen
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