Gefechte der Leidenschaft
seiner Kleidung wisperten von jähem Tod.
Lisettes Herz tat einen Sprung. Caid O’Neill stand ihr in der Not bei, wollte über sie wachen und sie vor Unheil bewahren, wie es seit dem Tod ihrer Mutter niemand mehr getan hatte ... So hatte sie vielleicht doch den Beschützer gefunden, der ihr die Freiheit brachte. Sie war ganz überwältigt von Überraschung und Dankbarkeit.
»Sie!« In Moisants Gesicht spiegelten sich Verblüffung und Ungläubigkeit.
»Sie sagen es«, erwiderte Caid und trat ans Bett.
Moisant ließ Lisette los. Er fuhr herum, riss seinen Ebenholzstock unter dem Arm hervor und schwang ihn wie einen Knüppel gegen den Mann, der seinen Sohn getötet hatte. »Was tun Sie hier? Nein, sagen Sie nichts, ich hätte mir denken können, wer hier seine Hand im Spiel hat.«
»Monsieur Moisant!«, rief die Hausherrin und richtete sich voller Entrüstung auf, »Monsieur O’Neill ist nur hier, weil er es war, der Ihre Schwiegertochter gefunden hat.«
»Wie passend.«
»Eher ein Zufall«, entgegnete Caid, »der aber durchaus sein Gutes hat.«
»Sie halten mich wohl für einen Narren.« Moisant fuchtelte mit seinem Stock vor Caids Gesicht herum. »Lisettes verrückten Einfall habe ich Ihnen zu verdanken, denn Sie würden alles tun, um sich an meiner Familie zu rächen.«
»Da sind Sie zufällig im Irrtum, obwohl ich froh bin, der Dame einen Dienst erweisen zu können.«
»Darauf möchte ich wetten. Und ich wette, ich weiß auch, was für ein Dienst das sein soll.«
»Sie vergessen sich, Monsieur«, wies Caid ihn scharf zurecht.
»Was wollen Sie tun? Mich fordern, damit Sie mich ebenfalls abschlachten können?« Moisant stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus. »Daran werden Sie sich die Finger verbrennen. Alle werden wissen, dass es nur ein billiger Racheakt war.«
»Ich habe keinen Streit mit Ihnen, Monsieur«, sagte Caid leise.
»Aber ich mit Ihnen!« Mit diesen Worten machte Moi-sant einen Satz auf Caid zu, den Stock zum Schlag erhoben.
Caid wich dem Streich mit einem Schritt zur Seite aus, packte dann blitzschnell den Stock und hielt ihn fest. Moisant stieß ein unwilliges Grunzen aus und schüttelte seinen Arm heftig auf und ab. Mit einem durchdringenden Knirschen zerbrach der Stock — und Caid hielt das leere Rohr, während der glänzende Stahl einer Degenklinge jäh in Moisants Hand aufblitzte.
»Aufpassen!«
Kaum hatte Lisette die Warnung ausgestoßen, merkte sie, das es überflüssig war. Caid hatte das Rohr herumgewirbelt, hielt es nun am dickeren Ende gepackt und erwartete in geduckter Fechthaltung die Attacke.
»Messieurs!«, schrie Maurelle Herriot, »das können Sie doch nicht machen, nicht in meinem Haus!«
Als Antwort kam nur Moisants knurrendes Lachen, dann ging er zum Angriff über.
Es gab ein scharfes Klacken und Scharren, als Caid den Angriff der kurzen, blinkenden Klinge parierte und dann sofort wieder zurückwich, beweglich wie ein Banner, das sich im steifen Wind entrollt. Moisant machte einen Ausfallschritt und stieß dabei wie wild mit dem Degen nach ihm.
Maurelle hüpfte hin und her, um den kämpfenden Männern nicht in die Quere zu kommen, und huschte schließlich hinter das Bett, wo sie nach ihrem Butler Solon schrie, nach den Gendarmen oder irgendjemandem, der diesem ungleichen Kampf Einhalt gebieten sollte. Lisette saß starr aufgerichtet im Bett und verfolgte den Kampf mit angehaltenem Atem.
Sie erkannte, dass das kleine Schlafzimmer Caid nur wenig Bewegungsfreiheit bot, aber er besaß die schnellen Reflexe und die geschmeidige Behändigkeit des Profis, der jeden Tag von Neuem dem tödlichen Stahl ausweichen muss. Moisant gelang es nicht ihn zu treffen, trotz der peitschenden, pfeifenden Hiebe, die seinen Degen im Licht der Morgensonne aufblitzen ließen. Sein Gesicht lief fleckig-dunkelrot an und sein Atem ging schnell und gepresst. Hass und Blutdurst glitzerten in seinen Augen, während er immer wieder auf den Iren einstürmte, der sich scheinbar mühelos jeder Berührung entzog.
Dann blieb Caid unvermittelt stehen. Vom Krachen splitternden Holzes begleitet, parierte er einen besonders gefährlichen Stoß und wirbelte das zerbrochene Rohr darauf so schnell und kraftvoll herum, dass das Auge ihm nicht folgen konnte. Er durchbrach Moisants Deckung und zwang dessen rechte Hand nach oben, bis die beiden Männer Ellbogen an Ellbogen, Nase an Nase standen. Im Nu entrang der Fechtmeister Moisant die Waffe, sodass sie klirrend zu Boden fiel. Eine blitzschnelle
Weitere Kostenlose Bücher