Gefechte der Leidenschaft
um ihnen die Hauben und Handschuhe abzunehmen und ihnen ein erfrischendes Getränk zu reichen. Er berichtete, dass die Einkäufe von der Putzmacherin und dem Textilgeschäft geliefert worden seien. Lisette dankte ihm und übergab ihm den Hund, damit er ihn in Seifenlauge badete. Felix schien nicht allzu erfreut, doch die kleine Promenadenmischung hielt alles für ein großartiges Spiel, tollte mit weit aufgerissenem Maul und leuchtenden Augen über den Hof und forderte den Butler auf ihn zu fangen.
Lisette sah von der oberen Galerie aus zu und lachte über den drolligen Machtkampf, doch schließlich bekam sie Mitleid mit ihrem neuen Butler, ging hinunter und rief den Hund zu sich. Er kam angerannt und bellte vor Freude darüber, dass sie ihn beachtete. Als sie ihn auf den Arm nahm, leckte er ihr die Hände. Es fiel ihr schwer, ihn Felix und damit seinem Schicksal zu überlassen und sie kam sich wie eine Verräterin vor, als sie schnell wieder die Treppe hinaufstieg.
ln den folgenden zwei Tagen waren sie und Agatha fleißig damit beschäftigt, eines der Kleider, die Maurelle ihr gegeben hatte, für die Abendgesellschaft bei den Valliers herzurichten, da keine Zeit blieb, ein neues schneidern zu lassen. Dieses Abendkleid aus schwarzer Seide hatte ein knapp sitzendes Mieder mit tief angesetzten, engen Ärmeln. Der weite, angekrauste Rock teilte sich vorn in Form eines umgekehrten V. Ein Chemisette und ein Unterrock aus feinem Baumwollstoff bildeten einen demi-de-collete -Ausschnitt und ergossen sich wie ein weißer Wasserfall aus Spitzenrüschen von der Taille bis zum Boden. Dadurch wirkte das Gewand weniger streng, war jedoch noch immer ehrbar genug für eine Witwe. Das umgeänderte Kleid war vielleicht nicht der letzte Schrei, doch würde sie dann weder ihrer Gastgeberin noch sich selbst Schande machen.
Tante Magda, die ältere Frau, die sich um die Dienstbotenkinder kümmerte, ließ durch Felix den Vorschlag unterbreiten, am Nachmittag vor der Soiree eine Frisierdame ins Haus kommen zu lassen. Sie kannte eine, die regelmäßig ihre abwesende Herrin, Madame Freret, bedient hatte, und war überzeugt, dass die neue Hausherrin nach einer Behandlung durch Marie Laveau ravissante - ganz entzückend — aussehen würde. Die Friseurin konnte auch einen Trank mitbringen, durch dessen Wirkung jeder Mann, der ihn an kommenden Abend zu sich nahm, ganz hingerissen von Madame Moisant sein würde.
Lisette hatte ganz und gar nichts dagegen, dass die Männer sie hinreißend finden würden und zur Abwechslung nicht nur >ganz annehmbar<<, wie es ihr verstorbener Mann immer ausgedrückt hatte. Aber natürlich sandte sie den Stallburschen nicht deshalb nach der Frisierdame.
Marie Laveau war jung und hübsch, mit braun schimmernder Haut und üppigen schwarzen Locken, die ihr in duftigen Wellen auf die Schultern fielen. Sie bewunderte die Fülle, die Länge und die warm glühende Farbe von Lisette Haar, während sie es in der Mitte scheitelte, kunstvoll flocht und die losen Enden der Zöpfe zu einem Lockenkrönchen aufsteckte.
»Du bist sehr begabt«, sagte Lisette lächelnd und beobachtete im Spiegel die flinken Bewegungen der grazilen Hände.
»Wie Sie meinen, Madame.«
»Ich bin froh, dass du so kurzfristig kommen konntest.«
Marie Laveau nickte ohne ein Zeichen von Eitelkeit. »Das ist sehr ungewöhnlich für einen Abend an Mardi Gras und war auch nur möglich, weil eine meiner Damen krank geworden ist. Diese Dinge liegen in Gottes Hand.«
»Ich habe gehört, du hast noch ein anderes Talent.«
»Tatsächlich, Madame?«
»Eines, das mit Gebeten, Zaubersprüchen und Beschwörungen zu tun hat.«
»Brauchen Sie denn ein bestimmtes Gebet?«
Als sich ihre Augen im Spiegel trafen, lächelte Lisette sie ein wenig kläglich an. »Eigentlich nicht. Ich muss gestehen, ich bin nur neugierig.«
»Ist auch nicht schlimm«, kam die gleichmütige Antwort.
»Und wenn ich wirklich wollte, dass sich jemand ... für mich interessiert?«
»Vielleicht ein Mann?«
»Vielleicht.« Doch natürlich war es ihr nicht ernst da-mit. Wieso auch, wenn ein neuer Ehemann doch das Letzte war, was sie sich wünschte. Sie schwatzte nur so dahin, zum Zeitvertreib oder um nicht in unbehaglichem Schweigen dazusitzen, redete sich Lisette ein. Trotzdem faszinierte sie die Vorstellung, ihrem Leben auf diese Art eine neue Wendung zu geben.
»Haben Sie schon mal was von Voodoo gehört?«, fragte Marie.
»Wer hat das nicht?« Wie Lisette sehr wohl wusste, war
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