Gefechte der Leidenschaft
sehr angetan.«
Bei dieser Vorstellung zog sie die Stirn ein wenig kraus, was Caid mit Freuden sah. Dann schüttelte sie seufzend den Kopf. »Warum muss alles immer so kompliziert sein?«
»Ist es doch gar nicht. Haben Sie sich schon nach einem geeigneteren Kandidaten umgeschaut?«
»Als Ehemann, meinen Sie? Dafür ist es noch viel zu früh.«
»Aber nicht doch«, beharrte er. »Wie sollen wir den Schlachtplan entwerfen, wenn Sie kein Ziel haben?«
»Das ist das Letzte, was mich beschäftigt.«
»Soll ich dann einen für Sie aussuchen? Was sagen Sie zum Beispiel zu Monsieur Soubit? Er ist nur ein paar Jahre älter und besitzt ein schönes Stück Land in Algiers am anderen Flussufer.«
»Er schielt und heißt mit Vornamen Zulime.« Lisette schüttelte sich theatralisch. »Beides könnte ich vor dem Altar nicht ertragen.«
»Monsieur Thierry? «
»Er hat schon zwei Frauen begraben. Anscheinend bringt er seinen Bräuten Unglück.«
»Latour?«, fragte Caid beinahe resigniert.
»Er schnupft Tabak.«
»Fürwahr eine abscheuliche Gewohnheit, aber er hat einen kräftigen Körperbau.«
»Das hat ein Ochse auch. Und wenn ich es recht bedenke, erinnert er mich genau daran.«
»Dann eben Duchaine. An dem können Sie kaum etwas auszusetzen haben.« Caid deutete mit einem Kopfnicken auf einen hocheleganten jungen Mann, der gerade mit der jungen Frau eines tatterigen alten Herrn schäkerte. Er sah auf eine kultivierte Art gut aus, verfügte über ausgezeichnete Manieren und war ein Cousin des Comte du Picardy, eines Adligen, der zu Beginn der s aison des visites nach Paris zurückgefahren war. Es wurde gemunkelt, Neville Duchaine habe sich mit seinem exaltierten Cousin wegen einer Schauspielerin am St. Charles-Theater überworfen. Falls er ein Mitgiftjäger war, dann zumindest einer mit guten Beziehungen.
»Hmm, ja«, sagte Lisette mit abschätzendem Blick auf den Kandidaten.
Es war völlig unsinnig, doch sofort fasste Caid eine heftige Abneigung gegen den Franzosen. »Nein, vergessen Sie ihn. Wahrscheinlich wird er in ein paar Tagen nach Hause segeln, oder sobald er das Geld für die Überfahrt aufbringen kann. Bis dahin wird er sicher nur flirten wollen.«
»Vielleicht kann ich ihn umstimmen.«
»Das ist unwahrscheinlich. Der Lebemann steht ihm doch geradezu ins Gesicht geschrieben.«
»Ich sehe nichts«, antwortete sie leichthin. »Doch wenn Sie sicher sind, muss ich mich woanders umschauen. Warum, glauben Sie wohl, sind diejenigen, die zur Auswahl stehen, nicht im mindesten attraktiv? Sie könnten doch wenigstens ein bisschen so wie ihr Freund La Roche sein.«
»Nicholas?« Caid war bestürzt, ohne zu wissen warum.
»Umwerfend attraktiv, sehr stark, ein klein wenig gefährlich, mit einem entzückenden Akzent und einem Blick — ach, wie eine Liebkosung.«
»Ebenso verboten wie ich und aus demselben Grund.« Seine Stimme klang verdrossen.
»Was für eine dumme Vorschrift! Wer die bloß erfunden hat? Ja, und warum dürfen Mademoiselle Vallier und Madame Herriot solche Männer in ihren heiligen Hallen empfangen und ich nicht? «
»Nicholas und ich sind mit dem Verlobten von Mademoiselle Celina befreundet. Außerdem ist dies hier eine private Soiree und kein öffentlicher Ball oder etwas Ähnliches. Und die genannten Damen müssen sich auch nicht absolut untadelig verhalten, Sie zurzeit aber schon.«
»Über jeden Zweifel erhaben, ich verstehe schon. Die Frage ist nur, Zweifel woran. Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen.«
Der bittere Unterton ihrer Worte tat Caid weh. Sie hatte Recht. Er war an allem Schuld, denn er hatte sie in diese peinliche Lage gebracht, indem er ihren Mann tötete. Die Erkenntnis hob nicht gerade seine Stimmung.
Der Tanz war zu Ende. Caid gab Lisette ihren Fächer wieder und brachte sie zurück zu ihrer Gefährtin. Kurz darauf hörten sie den Klang von Kuhglocken, mit dem sich die Parade ankündigte. Sie war als Teil der Abendunterhaltung gedacht, obwohl schon den ganzen Nachmittag lang Kostümierte auf den Straßen unterwegs waren. Sofort sammelten sich alle Gäste auf dem Balkon und stellten sich entlang des Geländers auf, um einen Blick auf den Zug zu erhaschen. Caid stand ein wenig weiter hinten an der Tür, da er die meisten anderen überragte.
Der Lärm schwoll an, als der Zug in Sicht kam. Es war ein fantastischer Mummenschanz und die verkleideten Mitwirkenden erschienen seltsam unwirklich in dem flackernden Licht der wenigen Fackeln, deren Träger als Nubier
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