Gefechte der Leidenschaft
seltsamen Vorahnung erfüllt: »Trotzdem fragt man sich doch, wer wohl der andere Duellant gewesen sein könnte.«
»Offensichtlich jemand mit außergewöhnlichem Talent, denn Monsieur Lamotile war als recht guter Fechter bekannt.«
»Woher kennen Sie die Einzelheiten?«, erkundigte sich Agatha.
Maurelle zuckte die Achseln. »Neuigkeiten verbreiten sich schnell. Ein Kammerdiener erzählt es dem nächsten. Das bekommt eine Zofe mit, die es auf einem Ball, wohin sie ihre Herrin begleitet, einer anderen Zofe berichtet. Diese wiederum serviert die Neuigkeit ihrer Herrin, während sie ihr das Haar bürstet. Und so geht es weiter.«
»Ich verstehe. Aber sie sagten, ein begabter Degenkämpfer ... Könnte es nicht ein Fechtmeister gewesen sein?«
»Das ist durchaus möglich.« Maurelle zog ihre schmalen Brauen hoch. »Aber nicht jeder maitre d’armes hat so ein großes Gewissen wie Caid. Es war wohl eher jemand, der die Frau zwar kannte, aber nicht das Recht hatte, ihren
Mann zu fordern. Vielleicht hat er Monsieur Lamotile ja auch überrascht und will daher nicht zu der Tat stehen.«
»Was sagt dieser Lamotile zu der ganzen Sache?«
»Gar nichts. Ich glaube, er ist nicht mehr in der Stadt. Er ist auf seine Plantage hinausgefahren und hat seiner Frau das Stadthaus überlassen.«
»Das ist keine Dauerlösung«, bemerkte Lisette mit einem kurzen Kopfschütteln. »Solche Männer können vor Zorn ganz außer sich geraten. Was ist, wenn er seiner Frau die Schuld an seinen Schmerzen und an der Blamage gibt? Wird ihr barmherziger Samariter dann weiter auf sie aufpassen?«
»Sie finden also, der Angreifer hätte ganze Arbeit leisten sollen?« Mit einer hochgezogenen Braue wartete Maurelle die Antwort ab.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber gemeint, chere. Man könnte fast denken, das Schicksal Ihres Mannes sei Ihnen gar nicht so unlieb.«
Was sollte sie darauf erwidern, fragte sich Lisette. Es abzustreiten wäre eine Lüge, es zuzugeben ein Fauxpas, der bald seine Runde durch alle Salons von New Orleans machen würde.
Bevor ihr eine Antwort einfiel, sagte Agatha: »Ich bin sicher, jede Frau hat sich schon einmal gewünscht, die Fesseln der Ehe abzuwerfen. Es liegt in der Natur des Menschen, sich gegen jede Art von Beschränkung aufzulehnen.«
»Das ging mir auch so«, bestätigte Maurelle mit einem schiefen Lächeln. »Aber, wissen Sie, wir müssen gut aufpassen, wie wir es anstellen. Für eine Frau liegt nur ein schmaler Grad zwischen Freiheit und Untergang.«
»Wollen Sie damit andeuten ...«, begann Lisette etwas verwirrt.
»Ich will damit sagen, dass es sich lohnen kann, den Untergang zu riskieren, wenn nur der Grund dafür wichtig genug ist. Doch wenn man dann sein Ziel erreicht hat, erweist es sich oft als das genaue Gegenteil von dem, was man eigentlich wollte.«
Hinter der trägen Art dieser Frau verbarg sich eine gehörige Portion Gerissenheit, dachte Lisette. »Ich werde versuchen, daran zu denken, wenn ich jemals in die Lage komme.«
Maurelle senkte die Augen, nippte an ihrem eau sucree und sagte nichts.
Während sie schweigend da saßen, hörten sie auf einmal das Bimmeln des Glöckchens an der Fußgängerpforte.
Zehntes Kapitel
»Monsieur Pasquale, Madame.«
Nachdem er den Gast solchermaßen angekündigt hatte, trat Felix beiseite, um den Weg freizugeben. Lisette erhob sich und reichte Caids Freund zur Begrüßung die Hand. Er beugte sich darüber und streifte mit den Lippen ihre Fingerknöchel, dann richtete er sich mit einem Lächeln auf, das auch das kälteste Herz zum Schmelzen gebracht hätte. Agatha rückte sich errötend in ihrem Sessel zurecht, als er sie begrüßte. Auch Maurelle stellte ihr Glas ab und schenkte dem Besucher ein strahlendes Lächeln.
»Wie gut es sich trifft, dass Sie gerade kommen«, sagte Lisette, bot La Roche den bequemeren Sessel an, in dem sie bisher gesessen hatte, und ließ sich selbst auf der äußersten Kante eines Stuhls nieder. »Sie sind genau der Mann, den wir brauchen.«
»Es ist mir stets ein Vergnügen, schönen Damen zu Diensten zu sein«, antwortete er, wobei jedoch ein leicht alarmierter Ausdruck auf seine Züge trat. Er schlug die Schöße seines dunkelgrünen Gehrocks zur Seite und setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung.
»Das war natürlich nicht persönlich gemeint.«
»Wie schade.«
Diese bedauernde Bemerkung war, wie vieles, was der Italiener sagte, gewohnheitsmäßige Schmeichelei. Er flirtete, weil es von ihm erwartet wurde. Lisette
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