Gefechte der Leidenschaft
ein paar Schritte von der Szene zurücktraten. »Ich habe Eugene gesagt, dass es ein Fehler sei, sie nicht auf der Stelle in Besitz zu nehmen, doch er lachte nur. Er fände sie nicht anziehend, sagte er. Ihre mädchenhafte Scheu stieß ihn ab. Er schwor, er würde sie zu guter Letzt doch noch freiwillig ins Bett kriegen. Und in der Zwischenzeit konnte er ihr damit drohen und so Geld aus ihr herauspressen.«
Agatha richtete sich auf. »Wenn das stimmt, Monsieur, dann scheint mir die Schuld bei Ihrem Sohn zu liegen.«
»Kommen Sie mir nicht mit so etwas! Mein Sohn hatte die gleichen männlichen Bedürfnisse wie sein Vater. Er hat Kinder gezeugt ...«
»Das hat er in der Tat«, bestätigte Lisette und verzog leicht den Mund. »Und deshalb musste Caid O’Neills Schwester sterben, so unweigerlich, als habe er ihr einen Dolch ins Herz gestoßen. Eine Zeit lang trug sie sein Kind, das Ihr Enkelkind und Erbe hätte sein können, wenn Sie nur mehr Verantwortung oder zumindest ein wenig Mitgefühl gezeigt hätten.«
»Pah! Was sollte ich mit solch einem Bastard, wo Eu-gene doch mit dir verheiratet war? Aber du brachtest ja nicht fertig, was eine irische Bauernschlampe mit Leichtigkeit schaffte.«
»Sie werden nie wissen, was ich alles fertig bringe.«
Aus Moisants zusammengekniffenen Augen schossen giftige Blicke. Er schüttelte den erhobenen Stock gegen sie und zischte leise: »Wir werden sehen, meine feine Schwiegertochter, wir werden sehen. Ich habe noch andere Möglichkeiten, zu meinem Recht zu kommen. Du wirst in mein Haus zurückkehren, so oder so, und wirst mir das Vermögen und den Erben verschaffen, die mir zustehen. So soll es sein und so wird es geschehen, das schwöre ich!«
War diese Drohung wirklich so ernst gemeint, wie sie klang?
Lisette drehte sich auf dem Absatz um und ging mit Agatha davon. Moisant machte keine Anstalten, sie aufzuhalten, vielleicht wegen Figaros scharfer Zähne oder weil er sein Mütchen gekühlt hatte und den Umstehenden nicht noch länger ein Schauspiel bieten wollte.
»Der Mann ist völlig verrückt«, sagte Agatha entschieden, als sie an der nächsten Ecke ihren Schritt verlangsamten.
Lisette lächelte ihr matt zu. »Jetzt siehst du, warum ich mich an Monsieur O'Neill wenden musste.«
»Wir müssen noch mehr tun.«
»Da bin ich völlig deiner Meinung.«
»Ja, aber ich weiß noch nicht, was. Du kannst ja schlecht diesen Fechtmeister immer Tag und Nacht um dich haben.«
Lisette schwieg, doch ihre Gedanken rasten. Dann sagte sie: »Es gibt vielleicht einen Weg.«
»Was meinst du damit?«
»Ich bin noch nicht sicher.«
Agatha runzelte die Stirn. »Meine Liebe —« »Wenn es klappt, wirst du es früh genug sehen«, unterbrach Lisette sie, »und wenn nicht, bleibt mir noch ein Fünkchen Stolz.«
»Um Gottes willen, ich wage mir gar nicht auszumalen, was du damit sagen willst.«
Ich auch nicht, dachte Lisette. Ich auch nicht.
Elftes Kapitel
Caid beobachtete von fern die Auseinandersetzung zwischen Lisette und Moisant und kochte innerlich vor Wut. Mit berechnender Bosheit hatte der alte Mann genau den richtigen Zeitpunkt abgepasst, denn, wie er genau wusste, konnte Caid den Exerzierplatz jetzt nicht verlassen. Ganz zweifellos wollte er damit beweisen, dass Lisette trotz allem verwundbar war. Dass ihm das gelungen war, ärgerte Caid mehr als Moisants Unverschämtheit, Lisette in aller Öffentlichkeit anzusprechen.
Caid überlegte so krampfhaft, was zwischen den beiden wohl gesprochen wurde, dass er nicht aufpasste und den Befehl »links um< überhörte. Daraufhin rempelte ihn sein Nebenmann an. Caid stieß einen leisen Fluch aus und sein Wunsch, den Exerzierplatz zu verlassen, wurde übermächtig. Nur durch äußerste Konzentration, in langen Jahren des Fechtens geübt, gelang es ihm, den Rest der Übung mehr schlecht als recht durchzustehen.
»Hast du gesehen?«, erkundigte sich Nicholas, sobald sie fertig waren.
Caid war erhitzt und müde und brauchte dringend ein Bad und frische Wäsche, bevor er jemandem — und ganz besonders einer Dame — unter die Augen treten konnte. »Ja«, antwortete er, ohne seinen Freund direkt anzusehen, als sie zur Passage zurückgingen.
»Was nun?« Nicholas fuhr sich mit den Fingern durch die dunklen Locken, dass die Schweißtropfen nur so flogen.
»Ein diskreter Besuch natürlich.«
»Natürlich. Wie nett von dem Herrn, dir einen Anlass zu geben.«
»Zumindest werde ich versuchen, die Dame nicht zu kompromittieren.«
»Wie meinst
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