Gefechte der Liebe: Roman (German Edition)
warmes taubenblaues Samtkleid anzog. Statt für einen schweren Mantel entschied sie sich für einen dunkelblauen Umhang mit weißem Pelzbesatz und eine passende Mütze. Zumindest konnte sie den Umhang von den Schultern nehmen, wenn es ihr im Palast zu warm wurde. Sie schaffte es sogar, ihr langes schwarzes Haar zu einer relativ kunstvollen Frisur aufzutürmen. Nicht so akkurat, wie es Mary gelungen wäre, aber unter der Mütze fiel dies kaum auf.
»Alana?«
Als sie Poppie die Tür öffnete, sagte er: »Vergiss das Armband nicht!« Er schwieg und betrachtete sie. »Du bist wunderschön – wie immer. Dein Vater wird unglaublich stolz sein, eine solche Tochter zu haben.«
»Ich wäre trotzdem lieber deine Tochter.«
Er drückte sie so fest, dass sie schon befürchtete, er dachte, es wäre das letzte Mal. »Das wäre mir auch am liebsten, Prinzessin. Aber zweifle nie daran, dass du im Herzen immer meine Tochter bleibst! Und jetzt komm!« Er hielt sie ein Stück von sich weg. »Hol das Armband! Du kannst es erst einmal in deine Handtasche stecken. Und vielleicht solltest du noch die Perlenbrosche tragen, die ich dir letztes Jahr geschenkt habe. Sie passt perfekt zu deinem Kleid.«
Sie nickte und ging zu ihren Koffern. Ihre Handtasche war schon ziemlich schwer. Darin befand sich das Geld, das Poppie ihr gegeben hatte, und ihre kleinste Pistole, aber das zierliche Armband war federleicht. Sie holte das kleine Schmuckästchen heraus, doch dann schnappte sie nach Luft: Das Schloss war verbogen, es war gewaltsam aufgebrochen worden.
Sie wandte sich um. »Ich – ich bin bestohlen worden!«
Poppie trat an ihre Seite. »Bestohlen? Wann?«
»Es muss gestern gewesen sein. Ich habe jeden Morgen nach meinem Schmuckkästchen gesehen, bevor meine Koffer in die Kutsche geladen wurden. Der Inhalt ist schließlich sehr wertvoll. Sieh du nach!«, bat sie angsterfüllt, unfähig, das Kästchen selbst zu öffnen.
Er tat wie geheißen. Als sie sah, dass er die Stirn runzelte, riss sie ihm das Kästchen aus der Hand. Es war leer, bis auf Henrys Schnitzereien. Der Soldat, der gestern die Koffer durchsucht hatte! Er hatte all ihren Schmuck gestohlen. Immerhin war er zu dumm gewesen, um den Schnitzereien irgendeinen Wert beizumessen, sonst hätte er sie wohl auch noch mitgenommen.
Poppie hatte denselben Gedanken. »Dieser Mann hat sich zu lange an der Kutsche zu schaffen gemacht. Ich hätte es gleich merken müssen! Ich hätte dich auffordern müssen, nach deinen Sachen zu schauen, bevor die Soldaten zu weit weg waren. Dieser Anführer schien mir seine Männer im Griff gehabt zu haben, auch wenn er sich leicht täuschen ließ. Er hätte sicher kurzen Prozess gemacht, damit du deinen Schmuck zurückbekommst.«
»Oder wir sind diejenigen, die getäuscht wurden, und sie waren alle nur Räuber.«
Poppie lachte kurz auf. »Hervorragend, Alana! Dieser Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen. Nicht sehr wahrscheinlich, aber durchaus möglich. Hoffen wir es nicht, denn dein Vater kann leicht herausfinden, welche seiner Männer an dem Tag in den Bergen waren, um nach dem Lager zu suchen, und du bekommst deinen Schmuck zurück. Eine Räuberbande hingegen lässt sich weniger leicht aufspüren. Und wenn ich so darüber nachdenke … wahrscheinlich wären wir schon längst tot, wenn sie alle Räuber gewesen wären. Dort oben auf dem Pass lässt sich ein Verbrechen leicht vertuschen, so steil, wie die Abhänge dort sind. Doch in jedem Fall werden sie nicht wissen, was sie an dem Armband haben.«
Alana war wütend über den Verlust nicht nur des Armbands, sondern jedes einzelnen Schmuckstücks, das Poppie ihr im Laufe der Jahre geschenkt hatte. »Einfach aus purer
Dummheit?«
»Nein, der Mann könnte durchaus sehr scharfsinnig sein, aber das hilft nichts, wenn er, wie die meisten Lubinier, nicht lesen kann. Deshalb wird ihm die Gravur nichts sagen, wenn er sie überhaupt bemerkt. Und er wird den Schmuck wohl kaum sofort verkaufen. Er will bestimmt erst einmal sichergehen, dass nichts auf ihn hinweist, wenn unsere ›Lady‹ den Diebstahl bemerkt.«
»Natürlich gibt es Hinweise! Wir wissen ganz genau, wer der Schuldige ist.«
»Ja«, pflichtete Poppie bei, »aber er wird davon ausgehen, dass sein Wort mehr Gewicht hat als das unsere, weil wir uns als Dienstboten ausgegeben haben, und unbeaufsichtigte Dienstboten kommen manchmal in Versuchung … na ja, du weißt schon, was ich meine.«
Sie schnaubte, steckte das fast leere Kästchen in ihren
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