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Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Gefesselt in Seide: Roman (German Edition)

Titel: Gefesselt in Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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Mann?«
    »Everett meinte, es sei ein Privatdetektiv gewesen oder sowas, was Genaues hat ihm der Mann allerdings nicht gesagt. Everett hat ihm jedenfalls erklärt, er kenne niemanden namens Maureen English. Daraufhin hat ihm der Mann die Frau beschrieben, die er sucht, und gesagt, sie sei mit einem kleinen Kind unterwegs. Worauf Everett sagte, so jemand sei ihm auch nicht bekannt.«
    Ich schloß die Augen.
    »Der Mann ist gegangen und nicht wiedergekommen«, fuhr Julia fort. »Everett meint, daß er in einen anderen Ort gefahren ist. Er hat ihm geraten, es in Machias zu versuchen, aber der Mann sagte, da sei er schon am Nachmittag gewesen. Er suche in allen Ortschaften hier an der Küste nach der Frau. Er hätte einen Tip bekommen, daß sie sich in dieser Gegend aufhält.«
    Ich machte die Augen wieder auf und versuchte, ruhig zu atmen. Auf mehr Milch bestand jetzt keine Hoffnung mehr, und Caroline fing an, quengelig zu werden.
    »Ich muß ihr eine Flasche machen«, sagte ich und stand auf.
    Julia folgte mir in die Küche.
    »Ich denke, Sie sind hier sicher«, sagte sie. »Everett meint, der Mann hat ihm geglaubt und ist weitergefahren.«
    Ich nickte. Ich wollte ihr nur zu gern glauben.
    »Weiß Everett, ob dieser Mann noch mit anderen Leuten im Dorf gesprochen hat?« fragte ich.
    Julia schüttelte den Kopf. »Nein, aber er glaubt nicht. Es ist nur logisch, daß ein Fremder sein Glück zuerst im Laden versucht. Das ist ja der einzige Ort im Dorf, der halbwegs lebendig aussieht.«
    Normalerweise hätte ich darüber gelächelt.
    »Kommen Sie, ich nehme sie, während Sie die Flasche machen«, sagte Julia.
    Ich legte ihr Caroline in die Arme und machte etwas Milch warm. Meine Bluse klebte mir am Rücken, erst jetzt merkte ich, daß ich stark geschwitzt hatte.
    »Sie sollten zur Polizei gehen«, sagte Julia. »Ich meine jetzt nicht zu Everett. Ich meine, zur richtigen Polizei, in Machias. Wenn Sie so große Angst haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht«, entgegnete ich. »Für mich ist es besser, wenn er keine Ahnung hat, wo ich bin. Wenn ich zur Polizei ginge, müßten sie vielleicht meinen Mann benachrichtigen und ihm mitteilen, wo ich bin. Ich weiß nicht, wie so was läuft, aber ich kann kein Risiko eingehen.«
    Ich machte die Flasche fertig und nahm ihr Caroline wieder ab. Wir gingen ins Wohnzimmer zurück. Zuerst wollte Caroline die Flasche nicht nehmen, dann aber gab sie sich mit ihr zufrieden. Julia setzte sich mir gegenüber wie zuvor. Sie hatte immer noch ihren Mantel an.
    »Möchten Sie eine Tasse Tee?« fragte ich.
    »Nein, danke«, antwortete sie. »Ich kann nicht bleiben.«
    Dennoch machte sie keine Anstalten zu gehen. Sie blieb, während ich Caroline die Flasche gab. Vielleicht, dachte ich, um sich, bevor sie ging, zu vergewissern, daß es mir gut ging.
    »Jack besucht Sie also?« fragte sie.
    Ich hielt meinen Blick starr auf Caroline gerichtet. Die Bedeutung von Julias Frage war unmißverständlich. Sie hatte nicht gesagt, so, mein Vetter hat Ihnen also geholfen? Oder, Sie haben Jack also kennengelernt. Sie hatte gesagt, Jack besucht Sie also?
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte. Vielleicht wollte sie nur auf den Busch klopfen.
    »Ja, er hat mir an dem Morgen geholfen.«
    Sie nickte bedächtig.
    Danach war es lange still.
    »Ich würde Jack ein bißchen Glück gönnen«, sagte sie schließlich.
    Eine ungewöhnliche Bemerkung, wenn sie tatsächlich von nichts wußte. Aber noch während sie sprach, wurde mir bewußt, daß unsere Beziehung sich verlagert hatte, daß Lügen hier nicht mehr am Platz waren. Es war eine verlockende Erkenntnis. Aber vielleicht empfand ich es nur so, weil ich nicht lügen wollte, weil ich jemandem die Wahrheit sagen wollte.
    »Ich glaube, das hat er bekommen«, antwortete ich vorsichtig und sah dabei von ihr weg zum Fenster hinaus.
    Sie wechselte das Thema. »Sie sehen besser aus«, sagte sie. »Viel besser.«
    Ich nickte und versuchte zu lächeln. »Na, das ist wenigstens etwas Gutes.«
    Jetzt stand sie doch auf.
    »Ich muß wirklich gehen«, sagte sie, plötzlich ganz geschäftig. »Ich will noch nach Machias. Kann ich Ihnen irgend etwas besorgen? Brauchen Sie vielleicht was für die Kleine?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, danke«, sagte ich. »Wir haben alles, was wir brauchen.« Ich stand ebenfalls auf. »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind.«
    Sie setzte ihre Mütze auf, zog ihre Handschuhe über und ging zur Tür. Ich dachte, sie würde

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