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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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Damals waren wir zwar nicht nackt. Wir lagen einfach nur in unseren Pyjamas auf Malm , dem schönsten Ausstellungsstück der Schlafzimmerabteilung, als wir von der morgendlichen Putzkolonne zu deren und unserer größten Überraschung entdeckt wurden. Aber diese Aktion hatte uns Hausverbot und beinahe eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch eingebracht. Natürlich weiß ich das noch! Immerhin sind wir damals ja fast verhaftet worden.
    Mit Maja bei Ikea einkaufen zu gehen, ist immer ein Erlebnis. Doch diese Aktion nach Feierabend werde ich wirklich nie vergessen. Wir haben damals kiloweise Zimtschnecken gefuttert. Die sind sensationell köstlich. Ganz besonders, wenn man sie direkt, auf einer gemütlichen Couch vor Ort, verspeist. Und wenn dabei noch Dirty Dancing läuft, dann ist das Glück perfekt. Bei Ikea sind die Wohnzimmer so eingerichtet, als würde jemand darin leben. Deswegen sind die Fernseher ja auch echt. Und darum sind wir damals auch auf die Idee gekommen, wir könnten dort übernachten.
     
    »Komm, hier lang, Puppe. Da vorne muss irgendwo unser Fluchtfenster sein.« Maja zieht mich weiter in den zugigen Gang hinein.
    Nackt und zitternd durch dunkle Kelleranlagen zu schleichen, hat etwas sehr Unheimliches. Besonders wenn auf einmal in dem Technikraum die krachende Heizung wieder anspringt und deine Begleiterin vor lauter Schreck fast auf dich draufspringt.
    »Mensch, hast du sie noch alle? Ich wäre fast schon wieder gestorben!«
    »Ich auch, hör dir das mal an. Klingt so, als würde der Teufel hier höchstpersönlich Feuer für die Hölle schüren.«
    »Ein kleines Feuer wäre jetzt nicht schlecht. Ich erfriere gleich. Komm jetzt, schnell.«
    Zum Glück hat Maja einen guten Orientierungssinn und wir haben schnell das Fenster mit dem angelehnten Rahmen gefunden. Sieht lustig aus, wie Maja im Halbdunkel vor mir durch die Öffnung ins Freie klettert. Wäre ich ein Kerl, hätte ich ihr jetzt bestimmt anerkennend auf den nackten Hintern gehauen. Ich muss schon wieder kichern. Mann, so was Doofes kann auch nur uns passieren.
    Endlich stehen wir wieder auf der Wiese. Nur noch hundert Meter bis zum Hotelzimmerfenster. Es regnet. Und es ist schweinekalt. Was soll’s. Das Leben ist mitunter ganz schön verrückt, besonders mit Maja. Wir rennen los. Und dann passiert alles auf einmal. »Die Damen haben ihre Bademäntel vergessen«, schallt eine tiefe Stimme zu uns herüber. In dem Moment verliere ich das Gleichgewicht, schlittere über das nasse Gras, direkt auf Maja zu. Dann sehe ich noch, wie sie die Arme ausbreitet und mich auffangen will. Plötzlich tanzen lustig Sterne vor meinen Augen im Kreis. Und das, obwohl der Himmel mehr als bewölkt ist. Ist das zu fassen? Wie es aussieht, bin ich auf dem einzigen Hundehaufen, der sich weit und breit auf der gepflegten Hotelwiese befindet, ausgerutscht. Und anstatt von meiner Freundin fürsorglich abgefedert zu werden, hat sie mir ihren Ellbogen voll in das linke Auge gerammt.
    Als ich wieder zu mir komme, sehe ich in ein mir völlig unbekanntes Gesicht. Dann höre ich Maja. »Oh, Süße, das tut mir so leid. Alles wieder gut?«
    Benommen schaue ich zu ihr auf, da mischt sich der Fremde ein. »Hier, nehmen Sie erst einmal Ihren Bademantel. Warum kommen bloß immer wieder Frauen auf die Idee, nachts im Pool baden zu gehen? Ist wohl so’ne Art Mutprobe, oder? Geht es Ihnen gut?«
    Ob es mir gutgeht? Ich liege nackt auf einer regennassen, eiskalten Wiese. Ich fühle mich wie ein Käfer, der hilflos auf dem Rücken liegt und nicht weiß, wie er wieder auf die Beine kommen soll. Über mir steht ein Mann, der mit ausgestrecktem Arm einen weißen Bademantel über meiner Nase baumeln lässt. Er ist gut und gerne siebzig Jahre alt und sieht aus, als wäre er gerade frisch aus einem gruseligen Edgar-Wallace-Film entsprungen. Sein Gesicht ist irgendwie schief und die grauen Haare verklebt. Fragend gucke ich Maja an. Endlich streckt sie ihre Hand aus und hilft mir hoch.
    »Puppe, darf ich vorstellen? Das ist Hans, der Hausmeister dieses wunderbaren Etablissements. Er wollte uns nicht erschrecken.«
    Hans lächelt nett und sieht gar kein bisschen schadenfroh aus. »Auf einem Hundehaufen auszurutschen bringt übrigens Glück. Das war bestimmt der Hund vom Direktor. Der darf manchmal auf die Wiese.«
    Ich schlüpfe schnell in meinen Bademantel. Der Hintern tut mir weh. Und mein Auge auch. Hans begleitet uns noch bis zu unserem Fenster und hilft uns mit verschwörerischer Miene ins

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