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Gefuehlsecht

Gefuehlsecht

Titel: Gefuehlsecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Russo
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verliebt ist. Das Gespräch muss dann ziemlich hitzig geworden sein, weil Victor behauptete, er hätte seine Tochter Nadja nur vor ihr verschwiegen, weil Maja direkt am Anfang ihrer Beziehung erwähnt hätte, sie wolle keine Kinder und überhaupt könne sie nichts mit ihnen anfangen. Maja wiederum hat das aber nur gesagt, weil sie irgendwie mitbekommen hatte, dass Victor am Telefon über irgendwelche »Gören« geschimpft hat. Dass es seine eigene war, konnte sie ja nicht ahnen.
    Als Maja dann schließlich nach langem Hin und Her zu Victor nach Hause gefahren ist und Nadja auch kennengelernt hat, ist ihr übergroßes Herz komplett übergelaufen. Offensichtlich konnten sich die beiden von Anfang an gut leiden. Und wahrscheinlich hätte sie in diesem Moment Victor alles verziehen. Auch dass er ihr nichts von dem Tod seiner Frau erzählt hat. Die ist allerdings gestorben, als sie schon längere Zeit getrennt waren. Natürlich hat er dann Nadja sofort zu sich genommen. Die Frau, die Maja mal am Telefon hatte, war das Kindermädchen, das ab und an nach der Kleinen guckt, weil Victor nicht will, dass sie im Restaurant aufwächst.
    Wie auch immer. Hätte Victor Maja von Anfang an die Wahrheit gesagt, dann hätte ich jetzt mein Handy noch. Und vielleicht wüsste ich sogar, ob die Betten, die Bruno baut, auch wirklich was taugen. Es gibt nämlich nichts Schlimmeres als quietschende, instabile Betten. Ich hätte Brunos Nummer eben doch ganz altmodisch auf ein Blatt Papier schreiben sollen. So wie Professor Ben Kreischmann das getan hat. Der Zettel mit seiner Nummer ist fein säuberlich gefaltet in meiner geheimen Kiste gelandet.
    Na, immerhin habe ich alle anderen wichtigen Rufnummern irgendwann mal brav auf einen Bogen Papier gekritzelt. Dazu hat mich Jürgen mal überredet. Weil ich mein Handy ständig verlege. Und irgendwann könnte es ja auch mal passieren, dass es verschwunden bleibt, meinte Jürgen. Heute bin ich ihm dankbar dafür, dass er mich damals so sehr damit genervt hat, vor allem weil erschwerend hinzukommt, dass ich mir Zahlen überhaupt nicht merken kann.
    Die einzige Handynummer, die ich auswendig kann, ist die von Maja, und das auch nur, weil ich mir in einer langweiligen Minute eine Eselsbrücke aus dem Sportbereich dazu hab einfallen lassen: Die Nummer lautet 11 271 021. 11 Fußballer auf jeder Seite teilen sich 2 Spielhälften, da schießt einer einen 7-Meter als Ausgleich für ein Foul der anderen Mannschaft. Der Böse wird vom Platz genommen, da sind es nur noch 10 Spieler, also zusammen 21 Spieler auf dem Feld. Natürlich weiß ich, dass Fußballer keinen Siebener, sondern einen Elfer schießen. Was nicht passt, wird manchmal eben passend gemacht.
     
    Apropos passend, wenn es so weitergeht, werde ich bald arge Probleme mit meiner Kleidung haben. Nichts wird mehr passen. Ich war gerade auf der Waage. Ganze zweieinhalb Kilo habe ich zugenommen. Und das innerhalb von eineinhalb Wochen! Bisher musste ich mir glücklicherweise noch nie Gedanken über mein Gewicht machen. Nehme ich in diesem Tempo weiter zu, werde ich gute zehn Kilo drauf haben, bis Jürgen zurückkommt.
    Ich suche im Schrank nach meinem schicken schwarzen Kleidchen für festliche Anlässe und streife es mir über. Es hat zum Glück einen guten Anteil Stretch in der Wolle und dehnt sich vorteilhaft.
    Heute ist Montag und wir haben große Familienfeier. Bei uns werden die Feste immer so gefeiert, wie sie fallen. Mein Vater wird runde sechzig Jahre alt.



21
    Im Teiche schwimmt’ne Leiche, der Arsch war bemoost. Prost!
     
    Familienfeiern laufen bei uns immer in der gleichen Art und Weise ab. Um die siebzig Gäste werden geladen – engste Familienmitglieder, Tanten, Onkel, Oma Grete, Nachbarn, Kegelclub und Freunde – und treffen sich in der Kleingartenanlage zum Krügersberg, wo meine Eltern ihren Schrebergarten haben. Es werden haufenweise Salate, Frikadellen und heiße Würstchen verspeist. Um Mitternacht schmeißt mein Vater den Grill an, und das bei jedem Wetter und bei jeder Jahreszeit. Dann gibt es schwarz gegrillten Bauch und Mettwürstchen. Dazu werden literweise Altbier getrunken und das eine oder andere Schnäpschen gekippt.
    An der Auswahl der Trinksprüche kann man normalerweise problemlos in solchen Runden den Promillegehalt sowie die fortgeschrittene Zeit erkennen, auch wenn man keine Uhr dabeihat:
    19 Uhr: »Der Kopf tut weh, die Füße stinken. Höchste Zeit, ein Bier zu trinken!«
    20 Uhr: »Nich’ lang schnacken, Kopp

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