Gefürchtet
Panoramafenstern und Blick auf die Berge. Aber die Einrichtung war typisch Sinsa: eine Mischung aus Voodoo-Altar und Paddington-Bär. Ker zen, Weihrauch, Thaiseide und hau fenweise Stofftiere. An der Wand über ihrem Bett hing das abgezogene Fell ei ner Elmo-Plüschfigur.
Auf eben diesem Bett lag bäuchlings PJ mit einem halbmetergroßen Tigger im Arm.
Aus zwei geöffneten Koffern auf dem Boden quoll Männerkleidung. Ich prüfte die Namensanhänger: Shaun Kutner.
PJ rollte sich auf der Seite zusammen. »Sie hat das alles für ihn getan.«
»Du hast mein volles Mitgefühl.«
Ich schaute mich um. Glücklicherweise hatte die Haushälterin den Abfalleimer in der Ecke noch nicht geleert. Ich stöberte darin herum.
»Das gehört dir nicht«, mäkelte PJ.
»Und hast du etwa um Erlaubnis gebeten, dir deine geheimen Vorräte holen zu dürfen?« Ich zückte eine Tüte, die ein halbes Dutzend winziger brauner Samen enthielt. »Suchst du vielleicht das hier?«
»Das gehört wahrscheinlich Shaun. Er nimmt pflanzliche Medikamente, weil er doch so viel schwitzt.« PJ umklammerte Tigger fester. »Was will sie bloß mit diesem glitschigen Mistkerl? Irgendwann wird sie schon merken, was sie an mir hat.«
Ich wühlte ein wenig herum. Voilà. Da waren sie ja, die Gepäckanhänger der Fluglinie. Sie bestätigten, dass Shaun am Mittwoch vor Brittanys Tod von Barbados zurückgeflogen war. Ich wühlte weiter.
»Was suchst du denn?«, wollte PJ wissen.
Ich spähte in den Papierkorb und griff zu. »Das hier.«
Ein zerknittertes Flugticket und eine ebenso mitgenommene Bordkarte für einen einfachen Flug von Los Angeles nach Santa Barbara. Ein Zwan zig-Minuten-Trip am Morgen nach dem Mord. Ich stand auf und stopfte beides in mei ne Handtasche.
»Gehen wir.«
PJ rollte sich auf den Rücken. »Sinsa wird stinksauer sein, wenn sie rausfindet, dass ich sie verraten habe.«
»Pech.«
»Und Shaun auch.«
»Mit Shaun wird sich die Polizei befassen, keine Sorge.«
»Und wenn er es mir heim zahlen will?«
»Besorg dir eine einstweilige Verfügung.« Ich setzte ein Knie auf das Bett und zog ihn am Arm hoch. »Du hast lang genug den Anwalt gespielt, da weißt du doch bestimmt, wie das geht.«
Ein paar Mi nuten später setzte Sinsa den Blinker des Geländewagens und bremste an dem Stoppschild vor der Abzweigung, die zu Green Dragons führte. Der kreuzende Verkehr
hatte Vorfahrt. Ein Pick-up flitzte vorbei, dann ein Jaguar. Und ein weißer Explorer.
Mist!
Sie starrte dem Wagen nach, als er in der Ferne verschwand. Auf dem Bei fahrersitz hatte definitiv PJ gesessen. Kein gutes Zeichen.
Zu Hause steuerte sie sofort auf ihr Apartment zu. Am besten hielt sie sich bedeckt, bis sie wusste, was lief. Zuerst mal würde sie PJ anrufen und herausfinden, wieso er sich mit der Delaney herumtrieb, statt Devi Goldman zu bezirzen. Falls er die Sache vermasselt hatte …
Sie trottete die Treppe zu ihrem Apartment hoch und schloss auf.
Ricky saß auf einem Stuhl mitten im Zimmer und wartete auf sie.
»Daddy.«
»Schätzchen. Setz dich. Ich muss mit dir reden.«
30. Kapitel
Ich setzte PJ an sei ner Wohnung ab. Er zögerte, bevor er ausstieg, als wollte er noch etwas sagen, brachte aber nur ein Seufzen zustande.
Mir war klar, dass er sich jederzeit auf sein Motorrad schwingen und die Stadt verlassen konnte, aber ich vermutete, dass er sich eher in sein Schneckenhaus zurückziehen und in einem Sumpf von Drogen und Alkohol versinken würde.
»Was schaust du mich so an?«, fragte er.
»Du bist ein Volltrottel. Aber wir haben dich trotzdem lieb, das weißt du.«
Trotz seiner jämmerlichen Miene lächelte er gequält. »Im Grunde schon.«
Er öffnete die Tür, rührte sich jedoch nicht.
»Wenn du es Jesse erzählst, sag ihm, es tut mir leid. Ich hätte mich nicht als er ausgeben sollen. Und ich hab es auch nicht so gemeint, dass er immer Glück hat. Ich weiß …« Er ließ die Hände in seinen Schoß sinken. »Ich weiß, was er durchgemacht hat.«
»Ich richte es ihm aus.«
»Findest du, ich sollte mich bei Devi entschuldigen?«
»Das musst du selbst wissen, aber richtig wäre es.«
»Sie ist ein nettes Mädchen.«
Offenbar suchte er eine mitfühlende Seele, bei der er sich ausheulen konnte. Ich nahm seine Hand.
»Gib mir die Pillen aus deiner Hosentasche.«
Er wollte gleich wieder bockig werden.
»Nur für heute«, sagte ich. »Tu mir den Gefallen. Bleib heute nüchtern. Knall dir nicht die Birne voll.«
»Bleibst du denn
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