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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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lieb, auch wenn sie sich streiten. Brüder sind eben so.«
    »Was willst du mir sagen, Patsy?«
    Ihre Wangen hatten sich scharlachrot verfärbt. Sie versuchte, mich an zuschauen, aber ihre Augen wanderten immer wieder zur Seite.
    »Ich dachte, es ist nichts dabei.« Sie schielte geradezu vor Konzentration. »Sie war so besorgt. Patrick hat zwar gesagt, ich darf es niemandem erzählen, aber Sinsa hat doch gefragt. Ich dachte, es ist nichts dabei.«
    Mein Mund war wie ausgedörrt. »Und?«
    Ihre Augen glänzten feucht. »Und dann ist sie so plötzlich weg. Und ich hab mir Sorgen gemacht, weil ich dachte, ich hätte den Mund halten sollen.«
    »Kommt ihr runter?«, rief Jesse unten im Gang.
    Sie zuckte zusammen. »Nein. Er darf mich so nicht sehen.«
    »Wir bleiben hier«, rief ich zurück.
    Er stieß einen Fluch aus, und kurz darauf hörte ich Schritte auf der Treppe. Als ich mich umdrehte, hatte Jesse bereits angefangen, sich nach oben zu hangeln. Einen Arm hatte er über Keiths Schulter gelegt, mit der anderen Hand zog er sich am Treppengeländer hoch. Er biss sich vor Anstrengung auf die Unterlippe und kochte offenkundig vor Wut. Dann begegnete er meinem Blick und entdeckte die über und über behängten Schlafzimmerwände. Er wirkte völlig verblüfft.
    Endlich hatten sie das obere Ende der Treppe erreicht. Keith schien erschöpft, aber in merkwürdig guter Stimmung - bis Jesse ihn bat, den Rollstuhl zu holen.
    Keiths Hochstimmung verflog schlagartig. Jesse konnte zwar stehen, ohne Beinorthesen und Krücken jedoch unmöglich
gehen. Er hielt sich an ei nem Tisch im Gang fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.«
    »Mom!«
    Patsys Kopf wackelte unkontrolliert, und sie blin zelte verwirrt. »Jess?« Ihre Hand fuhr zur Brust.
    »Was soll das hier?«, fragte er.
    Sie strich sich das Haar glatt und sprang auf. »Ich …«
    Dann geriet sie ins Wanken, torkelte zum Bett und setzte sich wieder. Unterdessen hatte Keith den Rollstuhl nach oben gebracht. Jesse nahm ihn und rollte damit in sein altes Zimmer.
    Ich begegnete seinem Blick. »Sinsa war hier und hat PJ gesucht.«
    Patsy wandte den Kopf ab, damit Jesse ihr Gesicht nicht sah. »Als sie weg war, habe ich ihn angeru fen, damit er Bescheid weiß«, fuhr sie mit dünner Stimme fort. »Er hat sich furchtbar aufgeregt.« Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Und während wir noch geredet haben, sind bei ihm Leute reingekommen. Es war furchtbar laut, und sie haben gekämpft.«
    Jesse legte ihr die Hand auf den Arm.
    Sie reagierte nicht auf seine Berührung und starrte zu Boden. »Die haben ihn verprügelt, das hab ich genau gehört.« Sie hob den Kopf und blickte mich an. »Und dann haben sie über dich geredet. Sie haben gesagt, diese Evan soll bloß aufpassen.«
    Für einen Moment wurde ihr Blick vorwurfsvoll, und ich fühlte mich hundeelend. Doch dann brach sie zusammen.
    »Wie hätte ich es denn wissen sollen?« Ihre Schultern zuckten, und sie fing an zu weinen.
    Jesse schaute mich an und sah mich doch nicht. Ich spürte,
wie sein Verstand auf Hochtouren arbeitete. Er war blass geworden.
    Patsy packte seine Arme. »Du musst ihm helfen.«
    Er reagierte nicht.
    »Jess.« Sie schüttelte ihn. »Patrick braucht dich. Er ist nicht so stark wie du.«
    Als mein Handy klingelte, war ich nicht überrascht. Der tödlichen Kälte in Jesses Augen entnahm ich, dass es ihm genauso ging. Es meldete sich eine Stimme, von der ich gehofft hatte, dass sie für immer aus meinem Leben verschwunden war.
    »Wir sind noch nicht fertig miteinander.«
    Ich schloss die Augen. »Hallo, Toby.«

36. Kapitel
    »Das Geld. Du hast nicht bezahlt, das gibt einen Säumniszuschlag«, erklärte Price.
    »Wie viel?«
    »Kapital plus Zinsen, entgangener Verdienst in der letzten Woche zuzüglich Strafzuschlag für meine Unannehmlichkeiten. Runden wir auf fünfzigtausend auf.«
    »Ich will mit PJ sprechen«, sagte ich.
    »Unterbrich mich nicht. Wenn du den jungen Mann lebend wiedersehen willst, bringst du mir das Geld noch heute Abend in bar.«
    Ich hatte nicht die Absicht, ihm auch nur einen Cent in den Rachen zu werfen. Schon, weil ich das Geld nicht hatte. Trotzdem musste ich mir eine glaubwürdige Antwort einfallen lassen.
    »Sagen wir vierzig. Aber ich will mit ihm sprechen.«
    Price atmete in den Hörer. »Ich weiß, dass du fünfzig hast.«
    Wie ich befürchtet hatte: Sinsa hatte ihm er zählt, ich hätte das Geld. Sie ließ einfach nichts aus. Jetzt dachte Price, mir stünden Mittel zur Verfügung,

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