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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Wut. Und vor Angst. Warum hatte ich nichts gesagt?
    Weil der Verdacht noch völlig unausgegoren war.
    Warum hatte ich nicht darauf bestanden, dass sie die Polizei riefen?
    Weil ich damit eine Maschinerie in Gang gesetzt hätte, die Menschen ihre Freiheit nahm. Und weil es eine Insidersache war. Ich war zwar im Haus der Jimsons gewesen, aber es gab jemanden, der praktisch ständig dort herumhing.
    PJ Blackburn.
    PJ war Ricky Jimsons Mädchen für alles. Ich warf ei nen erneuten Blick auf die kopierten Schecks und wurde den furchtbaren Verdacht nicht los, dass PJ der Dieb war. Sein
Leben war völlig aus dem Ruder gelaufen. Und nun hatte es mich mit erwischt.
    Ich fuhr nach Isla Vista und probierte es noch einmal bei seinem Apartment. Niemand zu Hause. Ich hinterließ einen Zettel mit einer Nachricht.
    Dann fuhr ich durch die Innenstadt zur Universität, die am anderen Ende von Santa Barbara lag. Am Ostrand des Campus parkte ich den Wagen auf der Steilküste über dem Strand. Das Vorgebirge bot einen großartigen Blick auf die Küste, das Goleta-Tal und die wolkenverhangenen Berge. Ich sperrte meine Tasche ins Handschuhfach und fütterte die Parkuhr mit Kleingeld. In mein Sweatshirt gekuschelt, ging ich zu dem Zaun am Rand des Steilhangs.
    PJ hatte schon immer Probleme gehabt. Aber zwei derartige Katastrophen innerhalb von zwölf Stunden? Das konnte kein Zufall sein. Obendrein hatte ich das unangenehme Gefühl, dass PJs Probleme mit denen von Ricky zu tun hatten.
    Ricky Jimson war ein Bauernjunge aus Missouri und hatte sich seinen Starruhm hart erkämpft. Er sang voller Leidenschaft, mit wehender goldener Mähne und körperlichem Einsatz. Häufig landete er bei seinen Bühnenshows mit dem Mikrofonstativ in der Hand auf dem Rücken. Fast alle seine Songs befassten sich mit dem Tod.
    Oberflächlich betrachtet, drehten sich sei ne Lieder um Frauen und Sex, aber tatsächlich handelten sie von Trauer, Leere, Vernichtung. Denn Ricky Jimson, der sich erfolgreich eine Karriere aufgebaut hatte und für einen Musiker ein reifes Alter erreicht hatte, war davon überzeugt, dass ihn der Tod verfolgte. Oder zu mindest die Menschen um ihn herum.
    Seine Eltern waren ums Leben gekommen, als sie versuchten,
in Kansas mit einem alten Cadillac vor einem Tornado zu fliehen. Eine Freundin erstickte in seinem Hotelzimmer an Kautabak. Der Jimsonweed-Tourbus verunglückte, als der Fahrer versuchte, auf verschneiter Straße einer Kuh auszuweichen. Und dann war da das Konzert im Arrowhead-Stadion in Kansas City, wo Jimsonweed vor fünfzigtausend Fans auftrat, während sich am Himmel ein Gewitter zusammenbraute. Als Baz Herrera vortrat, um sein Gitarrensolo zu spielen, wurde er vom Blitz getroffen.
    Danach ging Ricky zwei Jahre lang nicht mehr vor die Tür. Wenn man der Boulevardpresse glauben wollte, kam er ein Jahr lang nicht aus dem Bademantel, sofern er ihn nicht zufällig verlor, wenn er sich aus der Hausbar eine neue Flasche Cuervo h olte.
    Karen hatte alles verändert. Karen Herrera war die Witwe von Baz. Sie kippte Ricky einen Eimer Eiswasser über den Kopf, verkaufte sein Haus in den Hügeln von Hollywood, packte seine Sachen und zog mit ihm und ihrer Tochter nach Montecito. Sie heirateten, und sie fing an, sich um die Lizenzgebühren für die von Ricky geschriebenen Lieder zu kümmern. Ihre Firma nannte sie Datura Incorporated, nach Datura stramonium. Das war der lateinische Name für den Gemeinen Stechapfel oder Jimson Weed, die halluzinogene Pflanze, der die Band ihren Namen verdankte.
    Aber fünfundzwanzig Jahre in der Musikbranche und Rickys Hang zur Selbstzerstörung hatten ihren Tribut gefordert. Mittlerweile war er mehr oder we niger nüchtern und mehr oder weniger klar im Kopf. Aber ohne hel fende Hand lief nichts.
    Und hier kam PJ Blackburn ins Spiel.
    Da Ricky ein Mädchen für alles brauchte, hatte Karen die
Kanzlei um eine Empfehlung gebeten. Daraufhin hatte Jesse ihr PJ genannt, der seinen neuen Job absolut cool fand. Seit ein paar Jahren mixte er also Milchshakes für Ricky, holte ihm Zigaretten und den Rolling Stone vom Kiosk und spielte mit ihm im Garten Fußball. Er wurde Teil von Rickys Erneuerung und Neuerfindung.
    Ricky hatte nämlich keine Lust, sich in die Zahl der Rocklegenden im Ruhestand einzureihen, wie es sie in Santa Barbara zuhauf gab. Trotzdem spielte er bei den üblichen Aktivitäten mit. Er besuchte die örtlichen Clubs und saß im Preisgericht des alljährlich im Oak Park stattfindenden

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